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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Chefarztvisite. Es soll wohl festgestellt werden, ob die neuen PJler nun auf eigene Patienten losgelassen werden können. Isas fröhliche Aufzählung gemütlichkeitsgeeigneter DVDs bleibt mitten im Wort stecken. Ich kann ihr Entsetzen nachfühlen. Nach der letzten Pleite muss ihr diesmal ein perfekter Auftritt gelingen. Mich erstaunt Isas Langmut und Freundlichkeit – sie geht nicht aufJenny los, die schon seit gestern Bescheid weiß und uns um die Hälfte der Lernzeit gebracht hat! Doch Jammern hilft nichts, wir sollten wohl froh sein, dass wir überhaupt noch von der drohenden Überprüfung gehört haben. Auf dem Heimweg lassen wir uns eine Pizza einpacken (doch, Isa ist extrem nervös; sie hetzt den Pizzabäcker, als wäre er ein Krankenwagenfahrer auf Marihuana) und essen genusslos am Schreibtisch. Statt des ersehnten Entspannungsabends verbringen wir die halbe Nacht vor den Lehrbüchern. Oh Mann, ich brauche echt mal wieder Privatleben. Doch als ich mich seufzend bei Isa beschwere, sieht sie mich mit großen Augen an: »Das IST unser Privatleben!«

M anche Tage sind voller Magie. Unser heutiger fing mit einer guten Nachricht an: Dr. Dr. Kreuz ist noch in einer Besprechung und hat erst nach dem Mittagessen für uns Zeit. All die auf acht Uhr gepolten, geschniegelten und Fachvokabeln murmelnden PJler wirken erlöst, als sei die Visite um Tage statt um Stunden verschoben. An diesem Vormittag haben die meisten von uns ihre Lehrbücher im Kanülenwagen liegen.
    Als das Mittagessen heranrückt, ist Isa noch gelassen. »Ich kann es«, beteuert sie. »Ich kann jedes Krankenbild herbeten, als hätte ich es entdeckt. Wenn ich die Nerven behalte, kann nichts passieren.«
    Ich lächle ihr zu und drücke ihr die Daumen – und wünschte mir gleichzeitig, ich könnte das auch von MIR sagen.
    Offenbar weiß Ruben über die drohende Chefarztbegegnung Bescheid; als Isa am Tresen steht, schiebt er ihr einen Schokokuss über die Theke. »Gut gegen Nervosität.« (Ruben hat scheinbar für jedes Seelenweh ein essbares Gegenmittel parat.) Der Liebschaften-Detektiv in mir rätselt sofort, ob Ruben Isas geheimer Freund ist. Aber NIEMAND könnte weniger zu unserem Mäuschen passen. Oder ist es gerade das? Mir bleibt keine Zeit zum Grübeln, schon passiert das nächste magische Ereignis des Tages: Jenny bezähmt Klara. Dies scheint wirklich ein Zauberkunststück. Jenny überlistet die böse Hexe des Ostflügels und keiner durchschaut den Trick. Es fängt damit an, dass Jenny heute ganz entspannt beim Mittagessen sitzt. Klara geht dreimal an unseremTisch vorbei und mustert sie durchdringend. Jenny isst gleichmütig weiter. Beim dritten Mal fragt Klara scheinheilig, ob Jenny schon im Labor gewesen sei. Jenny schüttelt den Kopf.
    Klaras Stimme bekommt einen kratzigen Unterton: »Und wann gedenken Sie die Auswertungen abzuholen?«
    Jenny lächelt. »Nach dem Essen.«
    Klara wird blass vor Wut. »Punkt eins müssen sie auf meinem Tisch liegen«, faucht sie.
    Jenny schaufelt eine Gabel Spaghetti in sich hinein und erwidert mit vollem Mund: »Werden sie.«
    Klaras Blick wandert zur Uhr über dem Eingang. Es ist zehn vor eins. Wie will Jenny das schaffen? Die Laborjungs trödeln angeblich immer! Und das Labor ist im anderen Trakt. Im Keller! Jenny isst seelenruhig auf und tupft sich übertrieben sorgfältig den Mund mit einer Serviette. Dann verlässt sie im Schlenderschritt die Cafeteria. Klara schnaubt und sieht wieder zur Uhr. Ich auch. Fünf vor eins. Klara schreitet hinaus auf den Flur wie in die Schlacht. Isa und ich folgen ihr. Jenny kann den Weg ins Labor niemals schaffen und pünktlich wieder hier sein. Klara stelzt zu ihrem Tresen. Eine Minute vor eins. Jenny ist nicht zu sehen. Wohin ist sie verschwunden?
    Jennys Grinsen ist triumphal, als sie mit den Berichten an Klaras Tresen tritt. Sie schaut auf ihre Digitaluhr und wartet. 30 Sekunden steht sie still mit den Berichten vor dem Tresen, während Klara sie anstarrt und aussieht, als ob sie gleich platzt. Punkt 13:00 Uhr legt Jenny die Berichte auf den Tisch, dreht sich um und geht. Wir genießen Klaras Gesicht nur eine Sekunde, dann hasten wir Jenny nach, die hinter der Flurecke auf uns wartet.
    Â»Na, wie war ich?!«
    Wir beteuern, dass sie einen großartigen Erfolg gelandet hat. Zauberei! Jenny lässt sich ihr Geheimnis

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