Miss Meermaid steht zur Wahl
Wettbewerb teilnimmt!
Myers, mein Betriebsleiter hier, sagte mir, was er wußte, und ich erkannte
sofort, daß Mr. Boyd aus Loyalität gegenüber seinem Klienten Schwierigkeiten
bekommen konnte. Deshalb war es meine Pflicht, den Sachverhalt so schnell wie
möglich zu klären. Verstehen Sie meine Situation, Leutnant?«
»Nun...« begann Reid mit
einigem Zögern. Er reichte mir meine Lizenz zurück. »Sie brauchen nicht jetzt
gleich mit mir zum Revier zu kommen, Boyd. Aber ich verlange von Ihnen, daß Sie
die Stadt nicht verlassen.«
»Danke«, sagte ich abwartend.
»Aber Sie können mich zum
Fahrstuhl begleiten.« Reid sah Helen Richmond an. »Ich werde ihn nicht lange
aufhalten. Nur ein paar geringfügige Punkte, die ich gern geklärt hätte.«
»Selbstverständlich, Leutnant.«
Sie lächelte ihn strahlend an. »Lassen Sie sich solange Zeit, wie Sie
brauchen.«
Wir gingen aus dem Zimmer und
durch den Korridor zu den Fahrstühlen. Reid grinste widerstrebend. »Ich
wünschte mir einen Chef, der auch so aussieht.«
»Mir wird jetzt erst klar, was
ich für ein Glück habe«, pflichtete ich ihm bei.
»Dafür sollten Sie dankbar sein«,
sagte er. »Und jetzt sagen Sie mir, was gestern abend wirklich passiert ist.«
Ich erzählte ihm also die
Wahrheit, wie ich niedergeschlagen worden war, als ich in Alisha Hopes Zimmer
kam, und daß ich nicht wüßte, was mit mir geschah, bis ich drei Stunden später
mit einem von Alkohol durchtränkten Anzug in meinem eigenen Hotelzimmer wieder
zu mir kam.
»Das klingt so dumm, daß es
fast wahr sein könnte«, sagte er, als ich fertig war. »Verschweigen Sie mir
auch ganz bestimmt nichts?«
»Sie wissen alles, was ich
weiß«, versicherte ich ihm.
»Das werde ich noch
feststellen«, versprach er kalt und betrat dann den Fahrstuhl.
Mit einem breiten Grinsen auf
dem Gesicht ging ich in mein Zimmer zurück und verbeugte mich tief vor Miss
Richmond.
»Im letzten Augenblick«, sagte
ich in ergebenem Ton.
Von ihrem Gesicht strahlte mir
als Antwort kein Lächeln, sondern nur eisige Kälte entgegen. Sie saß aufrecht
in einem der Sessel, mit übergeschlagenen Beinen, und ihre Finger klopften
einen Wirbel auf ihrem Knie.
»Ich habe Sie engagiert, mich
vor Schwierigkeiten zu bewahren«, erwiderte sie eisig, »und nicht, damit ich
Sie vor Schwierigkeiten bewahre.«
»Immer mit der Ruhe«,
entgegnete ich. »Niemand hat gesagt, daß Sie durch einen Mord in
Schwierigkeiten kommen können. Ihre Anweisungen besagten mir, ich sollte darauf
achten, daß bei der Preisvergabe nicht geschoben wird. Haben Sie das
vergessen?«
»Bei dem beachtlichen Honorar,
das ich Ihnen bezahle, Mr. Boyd, erwarte ich Resultate, aber keine
Entschuldigungen.« Sie stand auf und ging mit flinken Schritten zur Tür. »Ich
erwarte von Ihnen, daß Sie mich nicht noch einmal enttäuschen. Ich werde heute abend an dem Halbfinale im Star-Theater teilnehmen, Mr.
Boyd. Treffen Sie mich dort um halb sieben. Pünktlich!«
Sie ging aus dem Zimmer, und
die Tür fiel hinter ihr hart ins Schloß.
5
Nach seiner Uniform hielt ich
ihn für den Diktator einer kleineren südamerikanischen Republik. Doch als ich
näher kam, schätzte ich ihn als den Portier des Star-Theaters ein, und damit
hatte ich recht. Er hörte mir aufmerksam zu, während ich ihm erklärte, wer ich
sei und was ich wünschte.
Trotz seiner Operettenuniform
hatte dieser Bursche etwas an sich. Er war ein Riese von einem Mann, mit einer
großen Hakennase, gekrümmt wie ein Türkensäbel, und ein düsteres Leuchten stand
in seinen hellblauen Augen. »Sicher, Jungchen«, sagte er mit dröhnender Stimme,
»Sie werden erwartet. Die schöne Helen harret Ihrer. Gehen Sie durch jenen
Gang, zur dritten Tür rechter Hand. Die eine mit der Aufschrift >Manager<
in lackiertem Blattgold auf der Füllung.«
»Ist dieses Geschwätz bei den
Portiers in Miami allgemein üblich, oder sind Sie was Besonderes?« fragte ich.
»Erraten, Jungchen«, sagte er
voller Zuneigung. »Ein zeitweiser Rückschlag — Fortuna runzelt die Stirn, statt
zu lächeln — ist der Grund, weshalb Sie mich in diesem lächerlichen Aufzug
sehen. Von Rechts wegen sollte ich, statt hier auf dem Bürgersteig
herumzustehen, drinnen über jene Bretter schreiten, die die Welt bedeuten.«
»Ein Schauspieler«, sagte ich
und bewies mir damit meine Intelligenz.
»Der größten einer, mit dem
Fluch einer elenden Schwäche beladen, ein geringfügiger Makel an der
großartigen Erscheinung«,
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