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Miss Meermaid steht zur Wahl

Miss Meermaid steht zur Wahl

Titel: Miss Meermaid steht zur Wahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die Platte hob, hielt sie
eine Waffe, die auf mich gerichtet war. Dabei zitterte sein Handgelenk so
nervös, daß er die Lehnsessel, die Tür, die orangefarbene Jalousie vor dem
Fenster und eine unschuldige Flasche Pernod bedrohte. Schließlich gewann er
seine Selbstbeherrschung wieder.
    »Wenn Sie hierher zurückkommen,
Boyd«, stammelte er mühsam, »dann bringe ich Sie um.«
    Gelassen ging ich auf ihn zu.
    »Solange Sie diese Waffe auf
mich gerichtet halten, fühle ich mich sicher, Claud.«
    Unwillkürlich machte er einen
Schritt zurück und stieß gegen das Regal hinter der Bar. Eine Flasche Tio Pepe auf dem obersten Fach kam plötzlich ins Schwanken,
hing eine herzbrechende Sekunde in der Luft und fiel dann zu Boden. Bei dem
Aufschlag zersprang sie mit dem scharfen Knall einer Magnum. Duval machte einen
Satz wie eine Ballerina, seine Augen verdrehten sich vor Schrecken, die
Schwerkraft gewann die Oberhand, und er sank bewußtlos hinter der Bar zusammen.
    Die sinnlose Vergeudung des
guten trockenen, spanischen Sherrys erschütterte mich derart, daß es drei
Gläser Chivas Regal benötigte, mein seelisches
Gleichgewicht wieder herzustellen. Ehe ich ging, stellte ich die unverkorkte
Flasche dicht bei Duvals Nase auf den Boden und fand, daß er von Glück reden
konnte. Die meisten Menschen kamen bestenfalls in den Genuß künstlicher Atmung,
wenn sie sich in seinem Zustand befanden. Er dagegen kam in den Genuß von etwas
wirklich Gutem.
     
    Auf dem Rückweg zu meinem Hotel
aß ich unterwegs zu Mittag. Infolgedessen war es gegen drei Uhr nachmittags,
als ich in mein Zimmer trat. Was ich im Augenblick benötigte, war eine Dosis
Ruhe, mit geschlossenen Augen flach auf dem Rücken liegend eingenommen. Doch
sobald ich die Tür öffnete, erkannte ich, daß mir dieses Glück nicht beschieden
sein sollte. Leutnant Reid wartete auf mich. Der Ausdruck seines Gesichts glich
dem einer Kobra, die nach drei Stunden intensivster Leidenschaft feststellt,
daß sie um die Flöte eines Schlangenbeschwörers geworben hat.
     
    Der Chivas Regal und das Mittagessen hatten die lodernde Flamme in mir zwar gedämpft, aber
sie flackerte immer noch.
    »Wenn Sie sich mit mir in das
Zimmer teilen wollen«, knurrte ich, »soll’s mir recht sein, solange Sie die
halbe Miete zahlen.«
    »Sie haben ein schlechtes
Gedächtnis, Boyd«, entgegnete er kalt. »Vielleicht sollten Sie das in Ordnung
bringen lassen, bevor Sie in wirklich ernste Schwierigkeiten geraten.«
    Ich stieß die Tür hinter mir
zu, ließ mich in den nächsten Sessel fallen und zündete mir eine Zigarette an.
    »Das habe ich gerne«, sagte
ich. »Die unverständliche Begrüßung, die mich unsicher macht, und bei der ich
infolge eines Schuldkomplexes Magengeschwüre bekomme. Aber sei’s drum, ich
werde mein Gedächtnis auffrischen lassen.«
    »Sie haben gestern abend
vergessen, mir etwas zu sagen.«
    »Das ist doch Weibergeschwätz,
Leutnant.« Ich grinste ihn an. »Wenn man genau hinsieht, ist nichts dran.«
    »Schnoddrige Redensarten helfen
Ihnen nicht sehr weit, Boyd«, antwortete er kalt. »Sie vergaßen, mir von der
Verabredung zu berichten, die Sie gestern abend mit Alisha Hope hatten, die
Verabredung, die Sie als Preisrichter bei dem Wettbewerb trafen. Erinnern Sie
sich?«
    »Ach so, das meinen Sie«,
erwiderte ich gequält.
    »Ja, das«, wiederholte er.
»Kein Wunder, daß Sie so begierig darauf waren, ich sollte den Arzt kommen
lassen und die Todeszeit feststellen lassen. Ich habe etwas Neues für Sie. Die
Todeszeit liegt zwischen halb acht und halb neun Uhr abends. Um welche Zeit
waren Sie doch noch verabredet?«
    »Was für ein Zufall! Jetzt
fällt es mir auch auf«, antwortete ich. »Da kann ich wahrhaftig von Glück
reden, daß ich die Verabredung nicht eingehalten habe.«
    »Was taten Sie denn statt
dessen?« fragte Reid sanft.
    »Ich war hier in meinem
Zimmer«, log ich frech mit einem leicht verlegenen Ausdruck im Gesicht. »Es war
ein anstrengender Tag gewesen mit der Preisrichterei und all dem Zeug, und als
ich gegen halb sechs in mein Hotel zurückkam, trank ich an der Bar ein, zwei
Drinks und dachte dann, ich sollte mich eine Weile hinlegen, ehe ich wieder
ausging. Und dann habe ich völlig verschlafen. Es war elf Uhr durch, als ich
aufwachte. Ich rief bei Alisha an, bekam aber keine Antwort. Darum dachte ich,
ich sollte wenigstens zu ihr gehen, um mich zu entschuldigen. Verstehen Sie?«
    Reid grunzte. »Das klingt ja
ungemein glaubwürdig.«
    »Freut mich,

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