Miss Meermaid steht zur Wahl
daß Sie das
finden, Leutnant«, sagte ich höflich. »Komisch, wie seltsam doch die Wahrheit
klingt...«
»Von einer Kleinigkeit
abgesehen«, unterbrach er mich grob. »Wie erklären Sie denn die Aussage, die
ich von dem Portier am Portal und dem Mann an der Rezeption bekam?«
»Das weiß ich nicht«, murmelte
ich. »Ich kenne sie noch nicht.«
»Sie sahen beide, wie Sie
gestern abend kurz nach neun in Ihr Hotel getragen wurden, und Sie waren
sternhagelvoll.«
»Ich?«
»Sie wollen beide unter Eid
aussagen, daß Sie es waren.« Er lächelte hämisch.
»Sie könnten sich geirrt
haben«, erwiderte ich vorsichtig. »Ein Betrunkener, der in das Hotel und durchs
Foyer geführt wird... Sie können ihn doch höchstens nur flüchtig wahrgenommen
haben.«
»Der Portier am Empfang sah Sie
genau. Ihre beiden Freunde schleppten Sie direkt vor die Portierloge, und der
eine gab ihm fünf Dollar, als er Ihren Zimmerschlüssel verlangte. Heraus mit
der Sprache, Boyd! Warum haben Sie sie ermordet?«
»Ich war es nicht«, entgegnete
ich knapp.
Reid hob die Schultern. »Wie
Sie wollen. Dann kommen Sie eben mit aufs Revier.«
Es wurde scharf und herrisch an
die Tür geklopft. Reid sah sich gereizt um. »Zum Teufel, wer ist das?«
»Ich werde nachsehen«, sagte
ich.
»Nein, nein, das mache ich
selbst«, erklärte er schroff.
Er öffnete die Tür, und eine
Frau fegte an ihm vorbei ins Zimmer und musterte mich mit kaltem, abschätzendem
Blick.
»Sind Sie Mr. Boyd?« fragte sie
kurz. »Danny Boyd?«
»Gewiß«, gestand ich
überrascht.
Wenn sie den neuen Typ der
Chefin verkörperte, wollte ich mich als erstes am nächsten Morgen bei ihrer
Firma um eine Stellung bewerben. Ich wollte sogar von der Pieke an die Laufbahn
zum Generaldirektor anfangen, mit einer Zehntel-Sekretärin, einem halben
Schreibtisch und keinem Teppich auf dem Boden.
Sie war groß, hatte
platinblondes Haar und trug ein weißes Jersey-Kostüm, einfach und elegant
geschnitten, das die festen, anmutigen Kurven darunter weder verhüllen konnte
noch wollte. Ihre Augen waren von einem leuchtenden Blau, ihre Nase gerade, und
das Gesicht wurde von dem energischen Kinn beherrscht. Ihr Mund war zu einer
festen Linie geschlossen, doch wenn sich ihre Lippen öffneten, mußten sie von
einer sinnlichen Fülle sein, obwohl ihr Gesichtsausdruck im Augenblick jede
Sinnlichkeit weit von sich wies. Sie war eine teuflisch gut aussehende Frau;
sie war eine Versuchung.
Reid betrachtete sie ein paar
Sekunden ausdruckslos, ehe er in verletztem Ton fragte: »Und wer sind Sie?«
»Das geht Sie doch wohl nichts
an?« erwiderte sie kühl. »Ich kam, um Mr. Boyd zu sprechen.«
»Ich bin Polizeibeamter, und
unter diesen Umständen geht es mich sehr wohl etwas an.«
»Polizeibeamter?« Sofort taute
sie auf und schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Oh, entschuldigen Sie, ich hätte
es eigentlich wissen müssen. Sie strahlen soviel Autorität aus. Sicher sind Sie
Leutnant.«
»Ich hatte gerade die Absicht,
Boyd zum Verhör mit aufs Revier zu nehmen«, sagte Reid mit etwas milderer
Stimme, »als Sie hereinkamen.«
»Dann kam ich ja gerade noch
rechtzeitig.« Die Platinblonde seufzte erleichtert auf. »Sehen Sie, es ist
alles meine Schuld.«
»Ihre Schuld?« krächzte Reid.
»Daß ich ihn zum Verhör mitnehme?«
»Ganz richtig.« Sie nickte, und
plötzlich hatte sie ihre kühle Härte zurückgewonnen. »Mein Name ist Richmond,
Helen Richmond, und ich engagierte Mr. Boyd in New York. Er sollte zu der
Schönheitskonkurrenz hierher fliegen, und ich bestand darauf, daß er seine
wahre Identität gegenüber jedermann geheimhielte . In
Wirklichkeit ist er nämlich Privatdetektiv.«
»Sie engagierten ihn?« Reids
Augen quollen vor. »Warum?«
»Ich bin die Chefin der
Meermaid Badeanzug Corporation. Deshalb«, erklärte sie gelassen. »Ich wollte
sichergehen, daß bei dem Wettbewerb nicht geschoben wurde, Leutnant. Darum
engagierte ich Mr. Boyd.«
Reid sah mich nachdenklich an.
»Ist das wahr?«
»Gewiß, Leutnant.« Ich fischte
meine Lizenz aus meiner Brieftasche und reichte sie ihm. Er las sie so
bedächtig, als ob er nach ein paar sachlichen Begründungen suchte, wie jemand
überhaupt dazu kam, mir eine derartige Lizenz zu erteilen.
Mit ernster Stimme fuhr Helen
Richmond fort: »Sobald ich von dem Mord hörte, setzte ich mich in New York in
das erste Flugzeug hierher. Daß so schreckliche Sachen passieren müssen, und
daß es auch noch ein Mädchen sein muß, das an unserem
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