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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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Ein Typ, über den in der kleinen ausländischen Gemeinde Saigons viele Geschichten kursierten. Gastronomie, Handel, Software, Textilien - dieser Ebi hatte überall seine Hände im
Spiel. Noch bekannter als für seinen geschäftlichen Erfolg war er jedoch für die höchst zweifelhaften Methoden, mit denen er diesen erreichte. Er galt als skrupelloser Egoist, dem jedes Mittel recht war, um seine Interessen durchzusetzen. Und als jemand, dem kein Exzess fremd war.
    Von Lien erfuhr ich außerdem, dass Ebi von mir und unserem gemeinsamen Ausflug nach Phan Thiet wusste, obwohl er seit Wochen in Bangkok und Hongkong unterwegs war. Offensichtlich hatte er jemanden, der während seiner Abwesenheit auf seine Freundin aufpasste.
    »Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du diesen Scheißkerl liebst!«
    Ich konnte mich kaum beherrschen, Lien nicht anzuschreien.
    »Doch. Nein. Ich weiß auch nicht.«
    »Aber du weißt doch selber, dass er ein Arschloch ist. Wie kannst du mit dem zusammen sein wollen?«
    »Es ist … Schon als kleines Kind … Er hat all das, was ich mir immer vorgestellt habe.«
    »Lien! Hör mir zu! Sei ehrlich: Liebst du ihn?«
    Auf einmal wurde Lien laut. Wut mischte sich in ihre Stimme.
    »Nein, verdammt noch mal! Ich liebe ihn nicht! Aber manchmal sind die Dinge nicht so einfach, wie du es dir vorstellst.«
    »Ach was! Ich glaube, es ist sogar noch viel einfacher. Du musst mir nur endlich mal eine Frage beantworten - dann wird hoffentlich vieles klarer.« Ich musste kurz durchatmen, um genug Courage zu sammeln. Schließlich sprach ich es aus: »Sag mir: Liebst du mich?«
    Die Frage schien Lien nicht zu überraschen. Konfusion
und Verwirrung fielen von ihr ab, ihr Blick bekam eine unerwartete Klarheit. Zum ersten Mal an diesem Tag sah sie mir geradeheraus in die Augen. Innerlich zerplatzte ich vor Anspannung, auch wenn es sicher nicht länger als eine Sekunde dauerte, bis Lien mit ausdrucksloser Stimme sagte:
    »Er hat mich gestern am Telefon gefragt, ob ich ihn heirate.«

21.
    Während der vierstündigen Busfahrt zurück nach Saigon hockten wir schweigend nebeneinander. Es wäre falsch, die Stimmung zwischen uns als feindselig zu beschreiben, wir verhielten uns eher wie Fremde, die sich außer einem gelegentlichen »Kann ich mal durch?« oder »Stört es dich, wenn ich das Fenster öffne?« nichts zu sagen hatten.
    Gemeinsam fuhren wir über dieselben Straßen, durchquerten dieselben Dörfer mit denselben Propaganda-Transparenten wie zwei Tage zuvor. Die Bilder waren identisch, doch meine Empfindungen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Es war wie eine Filmszene, die mit einer anderen, traurigen Musik unterlegt wurde und so eine völlig neue Bedeutung gewann.
    Man sah es mir nicht an, aber meine Radarkapazitäten waren bis zum Anschlag auf die Frau neben mir ausgerichtet. Zitterte nicht ihre linke Augenbraue? Hatte sie gerade unregelmäßig geatmet? Jetzt pulte sie schon wieder an ihrem Fingernagel herum. Ein Griff zum Handy. Keine neue SMS. Aber es hatte ja auch gar kein Signal gegeben.
    Auch wenn Lien es sich nicht anmerken lassen wollte: Ich spürte, wie es in ihr rumorte, wie sie unschlüssig Gedanken wälzte, während ich vor allem damit beschäftigt war, sie zu beobachten und mich selbst dumpf zu bemitleiden.

    Erst als wir die Vororte von Saigon durchfuhren, fragte ich mich, wie wir uns wohl gleich verabschieden würden.
    Zwanzig Minuten später bekam ich die Antwort:
    »Na dann …«
    »Tja …«
    Lien stand mit hängenden Schultern vor mir. In ihren Augen lagen Innigkeit und Trauer zugleich.
    »Ich wünsche dir viel Spaß bei deiner Hochzeit.«
    Keine Reaktion.
    »Also dann, ich werde mir ein Motorradtaxi nehmen.«
    »Nick!«
    Dieser Ton! Es war klar, dass jetzt etwas kam, was mich nur noch tiefer in die Bredouille bringen würde.
    »Nick, ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Das ist alles so neu und überraschend. Aber das heißt ja nicht gleich, dass ich ihn heiraten werde.«
    Stark bleiben. Jetzt nur stark bleiben!
    »Und?«
    »Ich muss eine Weile für mich sein. Ich muss in Ruhe nachdenken. Dann möchte ich mich mit dir treffen und alles bereden. Vielleicht schon morgen. Ich melde mich bei dir. O.K.?«
     
    Hätte ich nicht an dieser Stelle einfach den Stecker ziehen sollen? Das Kapitel für immer beenden? Sicher wäre vieles einfacher geworden - doch hatte ich überhaupt eine Chance?
    Überall wird der freie Geist beschworen. Die Schmiedekunst, mit der wir selber

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