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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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unser Glück zurechthämmern. Aber welche Wahl haben wir denn wirklich im Leben? Wenn es hart auf hart kommt, ist der Weg doch schon vorgezeichnet. Bei Liebe und Sex rauschen genetische Programme durch unser
Blut, gegen die wir machtlos sind. Und so hatte ich Lien am Ende alle Trümpfe in die Hand gedrückt: Vom Nimm-diralle-Zeit-die-du-brauchst-Ass bis zum Ruf-mich-an-wanndu-willst-Joker. Ob sie diese wohl in meinem Sinne spielen würde?

22.
    Le Thanh Ton. Die Bewohner dieser Straße nennen ihre Gegend selber Das Ghetto . Zu Zeiten, in denen man bei einem abendlichen Streifzug durch die üblichen Bars die Hälfte aller in Saigon lebenden Ausländer kennenlernen konnte, wohnten diese fast ausschließlich in dem kleinen Gassengewirr, das am westlichen Ende der baumbestandenen Allee lag. Wer aus der schmalen Einfahrt, die den Zugang zu dieser Enklave bildete, heraustrat, erblickte auf der anderen Straßenseite einen modernen Wohnkomplex, in dessen exorbitant teuren Serviced Apartments vor allem Geschäftsleute aus Korea und Japan wohnten.
    Rund um diese hochlukrative Klientel pflanzten die Vietnamesen einen wahren Garten der Dienstleistungen: Bars und Restaurants, Friseure und Wäscheservices, Internetcafés und Spezialitätenshops. Alles dreimal so teuer wie im übrigen Saigon, aber immer noch so billig, dass die Kunden kaum darauf achteten, wie viele Nullen die Zahl auf ihrem Wechselgeld hatte.
    Am Tag nach unserer Rückkehr aus Phan Thiet suchte ich hier Ablenkung und Zerstreuung. Lien hatte sich natürlich noch nicht gemeldet. Vielleicht schon morgen … Die Betonung hatte sie wohl auf den Satzanfang gelegt! Alles Lüge und Heuchelei! Alles Egoismus und Rücksichtslosigkeit! In Gram versunken stapfte ich über den Asphalt, bis mir plötzlich zwei
Gestalten den Weg versperrten. Ich musste nur in die oberste Schublade meines Gedächtnisses greifen, um zu klären, woher ich die beiden kannte: Erst am Morgen hatten die gleichen Visagen verdächtig vor meinem Haus herumgelungert. Ich wollte schon meine Freunde von der Polizeistation alarmieren, aber da waren sie schon verschwunden.
    Nun standen sie also wieder vor mir. Schlecht sitzende Anzüge, Sonnenbrillen am Abend, mehr als ein Gran Gel zu viel im Haar. Offensichtlich zwei Schergen, die selber in der Hierarchie ganz unten standen und diesen Mangel an Popularität durch übertriebene Coolness wettzumachen versuchten. Ich bin jedenfalls schon herzlicher in Empfang genommen worden.
    »Kommen Sie mit! Jemand will Sie sprechen«, schnarrte der eine. Seltsame Stimme. Wie eine Rassel.
    »Los, mitkommen!«, echote der andere.
    »Soso. Und wer hat so ein großes Interesse daran, mich zu sprechen?« Natürlich hatte ich bei diesem Aufzug bereits eine Vermutung, wem ich vorgeführt werden sollte. Dass nicht gerade Lien mir zwei Häscher auf den Hals schicken würde, war zumindest klar.
    Die Rassel lupfte betont langsam die Sonnenbrille und steckte sie ins Haar, dabei blickte er mich durchdringend an. Man merkte, dass er diese Geste oft geübt hatte.
    »Machen Sie jetzt keine Schwierigkeiten. Sonst werden wir ungemütlich.«
    »Genau. Wir werden verdammt ungemütlich!«
    Wenigstens behielt der Papagei seine Sonnenbrille auf.
    Egal wie lächerlich der Aufzug des Duos war - es blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu fügen. Also trottete ich, von beiden in die Zange genommen, wenige Meter die
Straße hinunter, bis wir vor einem hell erleuchteten Eingang stehen blieben. Das dazugehörige Haus war mir schon früher aufgefallen. Wie auch nicht? Es war ein kleiner Palast, der sich mitten an der belebten Straße erhob. Im Vorhof standen akkurat getrimmte Pflanzen, durch deren Äste sich dezente Lichterketten ringelten. Das doppelstöckige Gebäude wurde von Scheinwerfern beleuchtet und erstrahlte blütenrein. Nichts deutete darauf hin, was sich hinter dem Eingang verbarg. Insgesamt gab es nur drei Dinge, die sich vom Cremeweiß des ganzen Ensembles abhoben: ein goldener Türspion, der wie ein Knopf in der massiven Pforte steckte, ein goldener Klingelknopf und neben diesem ein goldenes Schild, auf dem einige japanische Schriftzeichen eingraviert waren.
    Was dort wohl stand? Vermutlich Zutritt für Vietnamesen (außer Bedienstete und Edelnutten) und Europäer (außer sie sind gegen ihren Willen hier) verboten.
    Meine Begleiter klingelten. Kurz darauf öffnete sich die Tür und gab den Blick auf einen Clubraum frei. Gedämpftes Licht, eine Bar, schwere Ledersessel. Linker Hand ein

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