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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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wo das Mädchen …«
    »Warum bist du kein Amerikaner?«
    »Lass ihn doch!«, schaltete sich Tung ein. Doch die Frage stand weiter im Raum. Ich versuchte, ihre Quelle zu lokalisieren und sah in die Runde. Mein Blick blieb an Liens Onkel hängen, der mich trotz glasiger Augen erwartungsvoll ansah. Das Rotspektrum auf seinem Gesicht war ein beeindruckendes Beispiel für die Tatsache, dass Asiaten aufgrund eines fehlenden Enzyms Alkohol schlechter abbauen und darum teintmäßig gerne mal ins Purpurne wechseln.
    Noch einmal formten seine Lippen: »Warum bist du kein Amerikaner?« Er prostete mir zu und hob lächelnd seinen Becher - dennoch war klar, dass er ernsthaft eine Antwort hören wollte.
    »Äh, weil meine Eltern Deutsche sind«, versuchte ich das Offensichtliche zu erklären.
    »Pah, Deutschland«, spuckte er aus. »Amerika ist viel besser. Wenn Lien schon einen Ausländer heiratet (hier schauderte mir bereits, denn so weit waren meine Planungen zu diesem Zeitpunkt wahrlich nicht gediehen) , dann muss es ein Amerikaner sein!«, gab er brüsk von sich.
    Erst jetzt bemerkte ich, dass ihm drei lange Haare aus einer Warze am Hals sprossen. Widerlich.
    Beschwichtigungsversuch, Teil 1: »Aber das ist doch das Gleiche. Der Lebensstandard in Deutschland ist genau so hoch wie in Amerika.«
    »Niemals«, blieb er starrköpfig. »Millionen Vietnamesen leben in Amerika. Und alle haben ein Auto, ein Haus und viel Geld.«
    Beschwichtigungsversuch, Teil 2: »Es gibt überall welche,
die erfolgreich sind, und welche, die weniger erfolgreich sind. Auch in Amerika gibt es arme Leute, die nicht mal eine Krankenversich…«
    »Dummes Zeug!«, schallte es von links. Herr Quyen, Liens ältester Cousin, betrat den Ring. »In Amerika sind alle reich. Die haben alle ein Auto, ein Haus und viel Geld.«
    Beschwichtigungsversuch, Teil 3: »Aber in Deutschland geht es uns doch nicht schlechter.«
    »Du lügst«, ereiferte sich nun wieder das Onkelchen. »Alle Vietnamesen, die in Deutschland waren, erzählen, dass sie auf engstem Raum zusammen leben und in einer Fabrik schuften mussten. Und für das bisschen Lohn, den sie bekamen, gab es nicht mal was zu kaufen.«
    Mir dünkte, dass der Lauf der Geschichte mir einen ungleichen Kampf der Meinungen bescherte.
    Auf der einen Seite: Millionen von Vietnamesen, die nach Amerika geflüchtet sind. Ihre Motivation: Bloß nicht das Gesicht verlieren - und deshalb unter keinen Umständen eingestehen, dass auch das Leben im vermeintlichen Paradies manchmal schwierig ist. Ihr Kampfstil: Immer in die Vollen gehen - und beim alljährlichen Besuch in der Heimat die beim McJob mühsam verdienten Kröten mit großer Geste raushauen.
    Auf der anderen Seite: Hunderttausende von DDR-Gastarbeitern, die wieder nach Vietnam abgeschoben wurden. Ihre Motivation: Bloß nicht das Gesicht verlieren - und deshalb unter keinen Umständen eingestehen, dass die Rückkehr in die Heimat nicht ganz freiwillig war. Ihr Kampfstil: Schlechtes Reden über ihre Zeit im Ausland.
    Ein ungleicher Kampf. Und ich stand auf der falschen Seite. Glücklicherweise konnte ich der Situation entfleuchen, weil
Lien - der es nun auch etwas mulmig wurde - zum Aufbruch mahnte.
    War meine Lage deshalb aussichtslos? Zunächst befürchtete ich das Schlimmste. Doch kurz bevor ich ging, prostete mir der Onkel noch einmal zu und riss eine Zote.
    Vielleicht hatte ich trotz allem seine Stimme.

27.
    War es ein knappes Ergebnis? Oder ein deutliches? Ich weiß es nicht. Doch am Ende hatte der Familienrat entschieden, dass
    a. meine Absichten als ernsthaft eingestuft werden konnten,
    b. ich in Hinblick auf den Verzehr von Fischsauce, dem Trinken von Reisschnaps und dem Umgang mit der Sprache schon ein halber Vietnamese war,
    c. Deutschland zwar schlechter als Amerika, aber immer noch besser als Vietnam war,
    d. weshalb Lien und ich uns
    e. weiter treffen durften, was aber
    f. keinesfalls hieß, dass sie die Erlaubnis hatte, bei mir zu übernachten.
    Aus Deutschland kennt man solche Diskussionen von 15-jährigen Mädchen. Bei Lien ging es immerhin um eine Frau, die fast doppelt so alt war, ihr eigenes Geld verdiente und mit diesem noch die halbe Familie ernährte. Aber so ist das eben, wenn man den Pflock seines Lebensmittelpunktes 10.000 Kilometer vom eigenen Kulturkreis entfernt einschlägt. Also war ich’s erst einmal zufrieden und schlug im Buch Wie Sie mit Gleichmut jedes Ziel erreichen ein neues Kapitel auf.

    Und ebenjener Gleichmut wurde nur zwei

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