Miss Seeton riskiert alles
konnte. Wenn sich dann später alles beruhigt hatte, das Mädchen entführen. Das würde Kenharding lehren zu spuren und für alle anderen Anschauungsunterricht sein. Wenn er beide Kinder in seiner Gewalt hatte, würden die Eltern nach seiner Pfeife tanzen. Auch beim Geschäftsführer des Goldfisch gab es Anzeichen von Widerspenstigkeit, eine weitere Angelegenheit, um die er sich kümmern mußte. Und alle Probleme gingen auf das Konto dieser Miss Seeton. Wenn sie einmal beseitigt war, würde alles wieder normal werden. Wie, zum Teufel, hatte sie sich überhaupt an Finger herangemacht? Wenigstens das war prompt erledigt worden. Jetzt handelte es sich nur noch darum, sie umzulegen – und die Pfeilschleuder zurückzubekommen.
»… auf den Plätzen jetzt«, verkündete die Stimme aus dem Lautsprecher, »alle, mit Ausnahme von Argovin… nein, Argovin ist dabei. Sie sind gestartet!«
Eine Glocke läutete. Thatcher hob sein Fernrohr, um sich auf das Rennen zu konzentrieren.
»… nein. Argovin ist dabei. Sie sind gestartet!«
Eine Glocke läutete. Miss Seeton beugte sich erwartungsvoll vor und sah nach links geradewegs in das Gesicht des Mannes, der ihr freundlicherweise einen Tip angeboten hatte. Er – tatsächlich jedermann, bemerkte sie jetzt – sah in die andere Richtung. Sie sah ebenfalls nach rechts. Nichts.
»… Fancy’s Folly entwickelt jetzt die größte Geschwindigkeit, ihm folgt Garter Night. Hinter ihnen sehe ich in einer Gruppe Ferndak, Empire ‘s Tally und hinter Empire’s Tally… hinter Empire’s Tally Argovin! Im Hintergrund Grss Seed und Oompahpah!«
Miss Seeton konnte jetzt in der Ferne Punkte erkennen, die sich bewegten.
Die Punkte vergrößerten sich, das Gemurmel der Menge schwoll zu einem Brüllen an, während die Pferde – ja, endlich konnte sie sie sehen – auf sie zugestampft kamen.
Jetzt wußte sie auch, warum sie diese seltsamen Sättel hatten. Sie waren nur Dekoration, weil es so Brauch war. Sie wurden überhaupt nicht benutzt, denn die Reiter standen gebückt in den Steigbügeln, mit dem Kopf am Hals des Pferdes und das Hinterteil hoch in der Luft. Einige von ihnen waren ganz nahe – genau auf der anderen Seite der Barriere. Aber ihr Jockei – gelb, kirschrot und silber – war nicht dabei. O ja, da war das Pferd, auf der anderen Seite und ziemlich weit zurück, das dumme Tier! Um sie herum schrien alle und feuerten den Favoriten an. Angesteckt von der allgemeinen Aufregung schrie auch Miss Seeton.
»Du dort drüben«, rief sie, »komm schon, beeil dich – oh! Mach voran!«
Ohne sich etwas dabei zu denken, schwang sie ihren Schirm, um Oompahpahs Aufmerksamkeit zu erregen. Der Wind packte ihn, stülpte ihn nach außen und entriß ihn ihr. Er landete auf der Rennbahn vor Fancy’s Folly. Der Favorit wich aus, stieß gegen Garter Night und wäre beinahe gestürzt. Garter Night stolperte, holte dann wieder auf, während hinter den beiden ersten Pferden fluchende Jockeis kämpften, um ihre Pferde vorbeizuzerren.
Die verbindliche Stimme des Ansagers wurde schneller. »Fancy’s Folly ist gestürzt – nein, er hat sich gefangen, aber Garter Night …« Seine Worte überschlugen sich und gingen in dem aus Wut und Erregung gemischten Gebrüll der Menge unter.
Auf der gegenüberliegenden Seite setzte Oompahpah ungestört seinen trägen Lauf fort. Sei es nun auf Bitten Miss Seetons und angespornt von den zoologischen Namen, mit denen sie und Lord Kenharding ihn belegten, sei es, weil er glaubte, seine Trägheit übertrieben zu haben, plötzlich jagte der braune Wallach zur Überraschung seines Jockeis, seines Eigentümers und seines Trainers wie ein Pfeil los und gewann das Rennen um eine halbe Länge.
»Besser, wir sorgen dafür, daß sie verschwindet, ehe sie gelyncht wird.«
Thrudd Banner nahm Miss Seetons einen Arm, Mel Forby den anderen, und die beiden Reporter trieben ihr verwirrtes Opfer zurück auf die Tribüne zu.
»Aber.-.«
»Kein aber. Kommen Sie!«
Miss Seeton blieb stehen. »Bitte, Mr. Banner! Muß ich nicht diese Karte … «, sie öffnete ihre Handtasche, »Mr. Rex geben – er ist Buchmacher…«
Thrudd sah auf die Karte, die sie in der Hand hielt. »Nein, Sie brauchen das niemandem zu geben. Das Rennen ist kaputt wegen eines«, er grinste, »sagen wir, unglücklichen Zufalls. Irgendein gelähmter Esel, der als Pferd verkleidet war, hat es gewonnen. Noch nicht einmal sein Eigentümer hatte auf ihn gesetzt.«
»Aber ich! Oder vielmehr, ich habe es für
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