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Miss Winbolt ist schockiert

Miss Winbolt ist schockiert

Titel: Miss Winbolt ist schockiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Andrew
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Augenblicke lang habe ich das auch geglaubt. Aber ich bin schneller gerannt als jemals zuvor in meinem Leben und erreichte die Eiche in der Nähe der Hecke gerade noch rechtzeitig, bevor der Stier mich einholen konnte.“
    Rosa ergriff vorsichtig Emilys verbundene Hände. „Dabei hast du dir sicher all die Verletzungen zugefügt. Und was geschah dann?“
    „Ich fühlte mich hilflos und wartete eine Weile, ob jemand mich retten würde.“
    Für Emily war es ungewohnt zu lügen, besonders wenn Rosa sie mit ihren großen blauen Augen ansah, die so viel Zuneigung ausstrahlten. Sie holte tief Luft und fuhr fort: „Doch es kam niemand … und deshalb wollte ich hinunterspringen.“
    „Emily! Das wäre viel zu riskant gewesen!“
    „Ja, natürlich. Aber der Ast brach, und ich bin den Abhang hinuntergestürzt. Er ist steiler, als ich gedacht hatte.“
    „Du hättest tot sein können! Ich werde ein Wörtchen mit Philip reden, wenn er wieder da ist. Ich habe ihn aufgefordert, nach dir zu schauen, als die Kutsche ohne dich heimkehrte. Aber er hat versichert, dir könne auf dem Weg nichts passieren. Er hätte besser direkt nach dir sehen sollen.“
    Emily lächelte milde. Wie dankbar sie ihrem Bruder war, dass er der Aufforderung nicht nachgekommen war. Was wäre gewesen, wenn er sie in dieser Mulde entdeckt hätte, in inniger Umarmung mit einem Fremden. Es war zu schrecklich, um es sich auszumalen.
    „Aber wo war Will?“
    „Wer?“
    Rosa blickte sie erstaunt an. „Will Darby.“
    Emily, die an einen ganz anderen Will gedacht hatte, bemühte sich, möglichst ungezwungen zu klingen. „Will Darby, ja natürlich …“
    „Er muss ungefähr zu dieser Zeit auf dem Heimweg gewesen sein. Hast du ihn denn nicht gesehen?“
    „N…nein“, entgegnete Emily, wobei sie vermied, ihrer Schwägerin in die Augen zu sehen. Sie spürte, dass sie rot wurde.
    „Sicher bist du müde“, sorgte sich Rosa. „Du solltest jetzt schlafen.“ Sie gab Emily einen Kuss und sagte sanft: „Wenn du erst einmal eine Nacht geschlafen hast, sieht die Welt schon ganz anders aus. Wir sehen uns morgen früh.“
    Emily lag noch eine Zeit lang wach, nachdem Rosa gegangen war. Sie war noch immer verwirrt von den Vorkommnissen des Nachmittags. Will, der Fremde, hatte sie eine Zauberin genannt, aber gemessen an seiner Wirkung auf sie musste er wohl eher der Zauberer sein. Ihr wurde heiß und kalt, als sie sich ihr ungezügeltes Verlangen und ihr schamloses Verhalten in Erinnerung rief. Doch in den Schlaf sinkend dachte sie mit Wonne an die schützenden Arme des Fremden, an seinen muskulösen Körper, seine strahlenden Augen und seine Küsse …
    Nach einer Nacht voller süßer Träume stand Emily am nächsten Morgen zeitig auf, entschlossen, die Begegnung mit dem Fremden zu vergessen. Sie zeigte Rosa am Frühstückstisch die von den Verbänden befreiten Hände. Philip war offensichtlich eine gekürzte Version der Stiergeschichte zu Ohren gekommen.
    „Ich verstehe nicht, wie du über dieses Feld laufen konntest“, sagte er stirnrunzelnd.
    „Mir ist klar, dass es leichtsinnig war, und ich mehr Glück als Verstand gehabt habe.“
    „Vielleicht sollte ich mit Pritchard reden.“
    Sie sprachen eine Weile über andere Dinge, bis Philip sie beiläufig fragte: „Hast du auf deinem Rückweg einen Fremden gesehen? Die Stallknechte haben von einem Unbekannten berichtet, der hier gestern herumgelaufen ist. Er soll vormittags angekommen sein, hat sein Pferd im Dorfgasthof zurückgelassen und ist hier herumspaziert. Seltsam, nicht wahr? Hast du ihn irgendwo gesehen, Emmy?“
    Emilys Wangen begannen zu glühen, und sie errötete noch mehr, als sie Rosas Blicke spürte. „Nein, ich glaube nicht“, erwiderte sie so ruhig wie möglich. „Ist er denn wieder zum Gasthof zurückgekehrt?“
    „Ja, aber erst sehr spät. Er hat behauptet, er habe sich verlaufen, berichtete Will Darby. Aber er muss am Bach entlanggegangen sein, während du auf dem Baum saßest.“
    „Ist er noch im Gasthof?“
    „Keine Ahnung! Warum fragst du? Es gibt keinen Grund zur Sorge. Alle haben gesagt, der Fremde habe wie ein Gentleman ausgesehen. Ich glaube kaum, dass er gefährlich ist.“
    Das ist Ansichtssache! Emily lächelte versonnen, bis sie Rosas Blicke bemerkte.
    Der Fremde wurde nicht mehr erwähnt, und Emily hoffte, das Thema wäre aus der Welt. Doch nach dem Frühstück sagte Rosa: „Heute ist ein wunderbarer Tag. Fühlst du dich gut genug, um mit mir durch den Garten zu

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