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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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holen? Vanessa, bringst du mir bitte meinen Mantel aus dem Wagen.« Während sie sich entfernten, flüsterte Ryan Vanessa ins Ohr: »Oscar-Clip«, und Vanessa kicherte. Eine Minute später waren sie zurück. »Trinken Sie einen Schluck Kaffee«, sagte Ryan. »Das wird Ihnen gut tun.« Er reichte Marilyn einen mit heißem Kaffee gefüllten Pappbecher.
    John ging zu Susan hinüber, die ihr Kind kopfüber an den Knöcheln festhielt. Ein kalter Luftzug wehte vorbei, und er knöpfte seine Jacke zu.
    Susan blickte zu ihm auf, lächelte und sagte: »Scheint, als wären seit unserem kleinen Spaziergang hundert Jahre vergangen, was?« 
    »Tausend.«
    Randy und Dreama, die fünften Räder am Wagen, sagten ihm kurz guten Tag und gingen dann mit den beiden Hunden weg. »Wie hast du das gemacht? Meine Mutter gefunden, meine ich. Ich bin schon seit Tagen hier in Wyoming, und ich wäre fast durchgedreht. Ich hab seit ungefähr achtundvierzig Stunden nicht mehr geschlafen. Woher wusstest du überhaupt, dass ich sie gesucht habe?«
    »Das wusste ich nicht. Ich habe dich gesucht.« Er setzte sich neben Susan. »Ich hatte ein bisschen Glück, und ich hab mich auf mein Gefühl verlassen. Und das Polizeilabor aus Hawaii Five-0 hat sich tüchtig ins Zeug gelegt.«
    Er zeigte auf Ryan und Vanessa. »Mit denen darfst du's dir auf keinen Fall verderben. Sie sind so schlau, dass sogar ihre Scheiße ein Gehirn hat.«
    Susan stellte Eugene junior wieder auf die Füße und umarmte ihn, während sie John anlächelte. »Wenn Mom in der Nähe ist, wird es nie langweilig, so viel steht fest. He, weißt du was? Ich kenn deine Privatnummer.« 
    »Im Ernst?« Sie sagte sie auf.
    »Na, du bist mir vielleicht eine Sphinx.« John wandte sich dem Kind zu, das in einigem Abstand zu seiner Linken mit Kieselsteinen spielte. »Wie alt ist ...?«
    »Eugene.«
    »Eugene?«
    »Er ist letzte Woche zwei geworden.« 
    »Wirst du mit deiner Mutter reden?«
    »Das muss ich wohl.« Susan packte ihn am Arm. »Wenn du mich willst, solltest du dir das besser ansehen.« Die beiden gingen hinüber zu Marilyn, die das traurige Aussehen eines ölverschmierten Meeresvogels hatte. Susan wollte sprechen, machte einen Fehlstart und verstummte. Dann stellte sich heraus, dass sie tatsächlich nichts zu sagen hatte. Marilyn flüsterte: »Tut mir Leid, das mit den Schönheitswettbewerben.«
    Susan gab ein unartikuliertes Geräusch von sich, als sie Luft und Anspannung aus ihren Lungen stieß. Sie sagte: »Mom, pass auf. Wenn ich dich jemals auch nur andeuten höre, mein Kind müsse zum Frisör oder ins Fitnessstudio, um muskulöse Schultern zu kriegen, oder auch bloss, er solle mal Clearasil benutzen, dann werde ich dich nicht mehr zu Weihnachten einladen, ist das klar?« Marilyn seufzte.
    Susan und John gingen hinüber zum Minivan und setzten sich daneben, Eugene auf Susans Schoß. Susan sagte: »Ich habe deine Nummer von einem Freund von der Director's Guild. Ich wollte dich gerade anrufen, als dieser Trubel wegen meiner Mutter losbrach.« Sie gähnte wohlig. John hob ein Stück Pappe auf und spielte mit Eugene Versteck. »Ich bin eine ganz schlechte Schauspielerin«, sagte Susan. John schnaubte. »O Gott, wie kommst du denn jetzt darauf?« Susan lächelte. »Na ja, ich will nur nicht, dass du dir in den Kopf setzt, mich vor mir selbst retten zu können, indem du mir eine Rolle in einem deiner Filme gibst. Ich bin eine beschissene Schauspielerin. Wirklich.« 
    »Du kannst Unterricht nehmen und ...«
    »Hör auf. Ich will keine Schauspielerin sein. Das hab ich nie gewollt. Es ist einfach passiert. Ich will, dass mein Leben sich ändert, aber nicht in diese Richtung.«
    »Du willst dich also immer noch verändern?« John versuchte diese Frage ganz beiläufig zu stellen. »Ja, schon. Du nicht?«
    »Wie wär's, wenn ich aufhöre, sobald du aufhörst?«
    »Glaubst du, du kannst das?«
    John dachte nach. Der Wind, der von den Rockies auf die Plains herunterfegte, schien stärker zu werden. »Schau uns an«, sagte John, »zwei Clowns, die in einem Fass die Niagara-Fälle runtergefahren sind.«
    Susan schlug die Hände vors Gesicht und sagte: »O Gott, meine Mutter ist zurück in meinem Leben.«
    Ivan hatte sein Telefonat beendet und ging zu ihnen hinüber. Er erreichte John und Susan genau in dem Moment, als ihre Hände sich berührten. »Mega Force ist in Nagasaki der absolute Renner, John-O.« 
    »Ivan, das ist Susan. Susan, Ivan.«
    John und Susan hielten spielerisch Händchen.

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