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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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sagte: »Wichser«, und sie überquerten den Sunset Boulevard. Der Nachmittag neigte sich dem Abend zu, und der Verkehr quälte sich missvergnügt durch verstopfte Straßen. Sie erreichten ein Wohnviertel. Susan fühlte sich müde, und ihr war schwindelig. Sie sagte: »Ich muss mich hinsetzen«, und sie ließen sich auf dem Kantstein vor einem Wedgwood-blauen Haus im französischen Landhausstil nieder. Eine Asiatin beobachtete sie misstrauisch aus dem ersten Stock. »Das ist die Sonne«, sagte Susan. »Sie ist nicht mehr so wie früher. Oder ich vertrage sie nicht mehr so gut.« Sie legte sich auf das Bermudagras.
    John, der plötzlich fürchtete, der Einzige zu sein, der aus dem Nähkästchen plauderte, sagte: »Erzählen Sie mir von dem Absturz. Dem Absturz in Seneca. Ich wette, Sie sprechen nie darüber, oder?«
    »Zumindest nicht in allen Einzelheiten.« 
    »Erzählen Sie's mir.« Susan setzte sich auf, und John legte den Arm um sie. Den Blick starr aufs Pflaster gerichtet wie Prinz William hinter dem Sarg seiner Mutter, erzählte sie ihre Geschichte. Sie hätte noch die ganze Nacht mit ihm reden können, doch zwei Dinge kamen dazwischen: Die Rasensprenger erwachten plötzlich hektisch spritzend zum Leben, und ein Streifenwagen der Polizei von Beverly Hills tauchte geräuschlos aus dem Nichts auf. Zwei grimmig dreinschauende Beamte stiegen aus, die Hände an den Waffen, die an ihren Hüften hingen. Susan, inzwischen völlig durchgeweicht, begann aufzustehen, aber ihre müden Knie gaben nach. John zog sie hoch und sagte: »Du meine Güte, wir legen hier bloß mal eine kleine Pause ein, und schon kreuzt ein ganzes Einsatzkommando auf. Wer zahlt euch Gorillas denn euer Gehalt? Ich!« 
    »Wir sind kein Einsatzkommando, Mr. Johnson. Ganz ruhig«, sagte einer der Beamten. »Ma'am« - er musterte sie eingehender - »Mrs. Thraice? Können wir Ihnen helfen? Sie mitnehmen ? Sie waren toll in Dynamite Bay.« Dynamite Bay war ein Low-Budget-Actionfilm, der jetzt in großer Auflage auf Video herausgekommen war und gar nicht schlecht lief. Adam hatte ihn zu Susans Schauspiel-Comeback deklariert. Sie schlug einen geschäftsmäßigen Ton an. »Hallo, Jungs. Ja, ihr könnt mich gerne mitnehmen.« Sie wandte sich zu John um und lächelte bedauernd. »Ich liebe lange Spaziergänge, aber ansonsten bin ich eigentlich nicht für das Leben unter freiem Himmel geschaffen. Ein andermal vielleicht.« Sie stieg hinten in den Wagen ein, und einer der Polizisten schlug die Tür zu. Sie ließ das Fenster herunter. »Zum Beechwood Canyon, Jungs.« Sie schaute John an. »Also - ich weiß nicht mal meine eigene Telefonnummer. Rufen Sie Adam Norwitz an.« Als der Wagen sich in Bewegung setzte, rollte sie einen vom Rasensprenger durchnässten Seidenschal zusammen und reichte ihn John. »Was nach dem Absturz passierte, ist eine viel bessere Geschichte. Ich hätte Ihnen lieber die erzählen sollen. Rufen Sie mich an.« Und dann war sie fort, und John stand da und presste die Seide an sein Herz, während der Sprenger seine Füße berieselte, als seien es Samenkörner.
     

Kapitel Zwei
     
     
    Zwei Tage vor ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag stieg Susan in New York in ein Flugzeug. Sie hatte für die Rolle einer schrulligen Nachbarin in einem Sitcom-Pilotfilm vorgesprochen. Nicht die Hauptrolle - die schrullige Nachbarin. Nächste Station wären Mutterrollen. Das Casting war nicht gerade gut gelaufen. Der Prince-Charles-Spaniel des Produzenten hatte Durchfall, weshalb die Hotelleitung ständig anrief und an die Tür klopfte, während Susan tapfer versuchte, das Beste aus biederen Frivolitäten aus der Feder von USC-Absolventen zu machen, die mit TV-Serien wie Charles in Charge groß geworden waren und die nächsten vier Jahre von Gauloises und Fellini-Devotionalien gelebt hatten.
    Ernüchtert trat sie den Rückzug an und nahm den Flug 802 von New York nach Los Angeles. Auf ihrem Platz in der Touristenklasse erreichten sie Wellen sensationslüsternen Mitleids, verströmt von anderen Passagieren, die ihre Sensoren auf den Geruch gescheiterter Promis ausgerichtet hatten. Susan war dankbar für die Ablenkung durch die üblichen Startbahnrituale - die Sicherheitshinweise, das leichte, erwartungsvolle Kribbeln, kurz bevor die Maschine beschleunigt und abhebt. Reihen von Bildschirmen, auf denen lautstark für Disney World, den Chevy Lumina und zuckrige Parfüms geworben wurde, klappten aus der Decke. Eine alte Cheers-Vol ge begann.
    Die

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