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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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hatte dem Jungen zwar erklärt, dass Baumel tot war, aber durch das Erscheinen von Stromberg wurde Mathae unwillkürlich an all die widerlichen und abstoßenden Geschehnisse mit dem dicken, schwitzenden und laut keuchenden Mann erinnert. Schließlich war es Uwe, der den Jungen immer seinem Peiniger zugeführt hatte. Mathaes Augen blickten sich suchend im Raum um, aber er hatte keine Hilfe zu erwarten.
    "Guten Tag Frau Heb. Ihr Mann schickt mich, ich soll Mathae abholen. Der Doktor hat noch was mit ihm zu besprechen", erklärte Stromberg der Frau seines Chefs.
    "Och, schade! Mathae und ich haben es uns gerade mit einem Eis gemütlich gemacht. Nicht wahr Mathae?" Frau Heb erwartete nicht wirklich eine Antwort und Uwe Stromberg schaute sie an und zuckte, als wolle er um Verzeihung bitten mit den Schultern. "Aber das Eis darf der Junge wohl noch aufessen."
    "Ich denke schon", antwortete Uwe und hörte sich dabei doch ungeduldig an.
    Es war 15 Uhr 20. Mathae hatte von der einen auf die andere Sekunde keine Lust mehr auf sein Eis. Er nahm noch zwei Löffel und biss halbherzig in den Biskuit, den Frau Heb zum Eis gereicht hatte. Ihr blieb nicht verborgen, dass Mathae mit einem Mal der Appetit auf die Leckerei vergangen war, und sagte: "Was ist los, möchtest du denn dein Eis plötzlich nicht mehr?" Der Junge antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf und schob den Becher ein Stück weit von sich.
    Uwe Stromberg stand derweil immer noch im Türrahmen und beobachtete die Szene.
    "Also gut, dann entlasse ich dich und gebe dich in die Obhut von Uwe", sagte Martina Heb mehr zu Uwe gewandt, als zu dem Jungen und schüttelte dabei leicht den Kopf. Uwe nickte und streckte seinen Arm in Richtung des Jungen aus. Mathae verstand die Aufforderung sofort, erhob sich von der Couch und ging mit gesenktem Kopf auf Stromberg zu. Frau Heb konnte schließlich nicht wissen, dass sie den Jungen, den sie doch so sehr mochte, in die Hände, seines vermeintlichen Mörders übergab.

    *

29.06.1994
    Friedhelm Heb dachte nach. Uwe Stromberg und der Junge mussten aus dem Weg geräumt werden, daran bestand nicht der geringste Zweifel, und zwar schnellstens. Aber war die angedachte Lösung die beste? Die Ereignisse hatten ihn eingeholt, ihm blieb nur die Chance schnell zu reagieren. Heb war klar, dass das schnelle, vielleicht sogar überhastete Handeln einige Gefahren und Risiken barg. Die Hitze kam ihm mörderisch vor. Der Doktor hatte das Gefühl auszulaufen. Das Geschehen fing eindeutig an, ihn zu überfordern. Innerhalb von Minuten spielte er das Szenario der folgenden Stunden in seinem Kopf durch. Er musste alles plausibel erklären können. Der Plan war völlig unausgereift. Mit dem Verdacht auf Uwe lenken und dessen Ableben, war es nicht getan. Die Polizei würde fragen, wer ihn umgebracht hätte. Das war alles ziemlich unglaubwürdig. Uwe musste Selbstmord begehen. Sie mussten alles so arrangieren, damit es aussah, als ob Uwe erst den Jungen umgebracht hat und sich danach selbst gerichtet hat. Das war eine Möglichkeit. Friedhelm Hebs Gedankenmaschinerie lief auf Hochtouren. In seinem Kopf zeichneten sich parallel mehrere Möglichkeiten ab, Uwe in den Tod zu schicken. Sie liefen wie Musikclips vor seinem Auge ab, blitzschnell und scharf geschnitten. Aber nichts überzeugte ihn in der Kürze der Zeit. Je öfter er einen Gedanken verwarf, umso mehr glaubte er, zu schwitzen. Er musste etwas trinken und nahm einen tiefen Schluck Wasser. Alles, was ihm einfiel, erschien unausgegoren. Er verdammte sein Talent, so ein unfähiger Mörder zu sein. Aber er hatte noch einen Joker. Nicoletta!
    Nicoletta war der Profi, sie würde eine Lösung finden. Bei dem Gedanken daran fühlte er sich wenigstens ein kleines bisschen wohler, auch wenn ihn ihre Kaltblütigkeit anwiderte und sie selbst noch ein Problem darstellte, was es zu lösen galt.

    *

29.06.1994
    Es war kurz vor halb Vier, auf dem Weg zu ihrer Wohnung überdachte Nicoletta die Situation. Es war wohl alles schief gelaufen, was schief laufen konnte. Sie hatte sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert, aber das kommt davon, wenn man sich mit Amateuren einlässt. Ihre Selbstzweifel hielten sich in Grenzen. Sie kam zu dem Schluss, dass sie ihre missliche Lage nur ihren beiden Komplizen zu verdanken hatte. Diese Anfänger! Uwe, dieser plumpe Amateur hatte es nicht anders verdient. Er kann zwar gut vögeln, aber ansonsten ist er dumm wie ein Stück Scheiße , ging es ihr durch den Kopf. Es bot sich

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