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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Berk
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Wolz und schlug dabei Richard neckend auf den Oberarm.
    "Trink eins für mich mit", gab ihm Richard mit auf den Weg.

    *

29.06.1994
    Mit dem Plastikbecher Kaffee in der Hand betrat der Kommissar das Büro von Polizeidirektor Mertes. Richard musste zwangsläufig schmunzeln, als er seinen Chef hinter dessen Schreibtisch erblickte. Man sah dem Polizeidirektor die Hitze des Tages förmlich an. Der Kopf von Mertes glänzte so rosarot wie der eines kleinen Ferkels. Er hatte zwar den obersten Knopf seines Hemds geöffnet, aber der Kragen wurde von der Krawatte, die er scheinbar zusätzlich gelöst hatte, gehalten. Richards Vorgesetzter wahrte auch bei dieser, für den gewöhnlichen Mitteleuropäer außergewöhnlichen Hitze, die Etikette. Sogar hier in seinem Büro, wenn er alleine war. Der Anblick, den sein Chef bot, vermittelte Richard den Eindruck, als wolle der Direktor sein Gesicht in dem kleinen Ventilator vergraben, den ihm die Sekretärin extra in der Mittagspause auf den Schreibtisch gestellt hatte.
    "Hallo, heute geht es ja mal mit dem Wetter!", sagte Richard und unterdrückte routiniert ein Lachen.
    Polizeidirektor Mertes schaute kurz hoch und legte die Stirn in Falten. Er schüttelte den Kopf, bevor er sein Gesicht wieder frontal dem Tischventilator zuwendete und dabei fluchend erwiderte: "Hör mir bloß auf, ich geh noch kaputt hier."
    "Na ja, so schlimm ist es auch nicht. Wir sollten froh sein, dass wir so einen Sommer haben." Richard verzichtete darauf, auf dem vor Mertes Schreibtisch stehenden Stuhl Platz zu nehmen. Er hatte genug gesessen für heute.
    "Willst du Stromberg verhaften?", kam Mertes ohne weitere Umschweife gleich zur Sache.
    "Ach weißt du, eigentlich hab ich keine Lust." Richard antwortete wie beiläufig, gar nicht so, als ginge es um einen Mörder. "Wir warten bis morgen, bis dahin lassen wir ihn nicht aus den Augen. Schließlich gehen wir kein Risiko ein. Stromberg ahnt nicht, dass wir ihn haben. Wenn er vorhätte, unterzutauchen, wäre er schon längst weg. Er fühlt sich sicher. Ich habe heute Nachmittag mit Sandra telefoniert, sie hatte da gerade mit ihm gesprochen. Er ist in Montabaur am Arbeiten." Richard war ganz entspannt und sah sich schon im verdienten Feierabend. Einen Augenblick herrschte bis auf das Surren des Ventilators Stille. Dann sagte Mertes: "Das könnte Ärger geben Richard." Wieder eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: "Ich habe es dem Staatsanwalt sagen müssen."
    "Koepp? Was hast du ihm sagen müssen?", fragte Richard und schaute den Polizeidirektor bedrohlich an.
    "Was sollte ich denn machen? Er war doch dabei, als du angerufen hast", versuchte Mertes die plötzlich aufgebaute Spannung zu erklären.
    "Was weiß er?", wollte der Kommissar wissen.
    "Er weiß alles, was du mir gesagt hast. Ich nehme an, dass er sich in Kürze melden wird. Du kannst dir ausmalen, wie Koepp reagiert, wenn er plötzlich erfährt, dass wir Stromberg eine weitere Nacht in Freiheit geben. Gerade weil ihr beide euch doch so gut versteht." Den ironischen Ton hätte sich Mertes sparen können, er verärgerte Richard nur noch mehr. Der Kommissar war hin und her gerissen. Richard musste sich schließlich eingestehen, das der Gedanke, Stromberg erst morgen zu verhaften absurd war. Koepp würde es sogar fertigbringen Stromberg selbst festzunehmen. Bestimmt sogar, davon war Richard überzeugt. Diesen Triumph wollte er dem Staatsanwalt auf keinen Fall überlassen. Es kotzte den Kommissar an. Er war zum Handeln gezwungen, denn die Fäden hielt Koepp in der Hand. Richard Mees war in diesem Augenblick nur die Marionette des Staatsanwaltes, der aus der Entfernung die Regie führen konnte. Ihm blieb keine Wahl, er musste nach Montabaur fahren und Uwe Stromberg festnehmen. Das damit die Chancen stiegen, das Leben eines elfjährigen rumänischen Jungen zu retten, konnte der Kommissar nicht ahnen, denn ansonsten hätte er seinen Entschluss nicht infrage gestellt.

    *

29.06.1994
    Mathae erschrak und seine Augen weiteten sich, als er Uwe im Türrahmen stehen sah. Das ansonsten pechschwarze Haar des Jungen schimmerte wegen des durch das Fenster herein fallende Sonnenlicht fast bläulich. Mathae, dieser ausgesprochen hübsche Junge, saß wie für ein Fotoshooting platziert auf der ausladend wirkenden Couch in Martina Hebs Wohnzimmer. Das Eis, das sie ihm in einem großen Glasbecher serviert hatte, wurde zur Nebensache. Mathae bekam Angst. Angst vor dem, was ihm bevorstand und Angst vor Frank Baumel. Doktor Heb

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