Missbraucht
darauf, bei der Vernehmung von Stromberg brisante Einzelheiten bezüglich der pornografischen Kinderfotos zu erfahren. Der Kommissar befürchtete, dass Oberstaatsanwalt Koepp diese Ermittlungen, aus politischen oder aus welchen Gründen auch immer, der Presse vorenthalten könnte. Außerdem waren diese Details seine Lebensversicherung. Wenn sich die Hinweise auf die Verstrickungen oder sogar auf pädophile Neigungen des Politikers Baumel erhärten sollten, würde es Richard Mees eine Genugtuung sein, die Öffentlichkeit über das perverse Treiben dieses überaus "ehrenwerten" Mannes zu unterrichten. Richard wollte es so geschickt darstellen, dass von der dunklen Seite Baumels genügend Schatten auf die Partei und damit auch auf Staatsanwalt Koepp fallen würden. Diese kleine, subtile Rache, würde ihn für die im Büro des Polizeidirektors vor Tagen von Koepp erlittene Demütigung mehr als entschädigen, denn sein Publikum, sprich Presse wäre ungleich größer. Mit diesem Gedanken konnte Richard sich sehr gut anfreunden und es war genau der Motivationsschub, den er für die Verhaftung von Stromberg brauchte.
"In Ordnung Chef, ich mache mich dann mal auf den Weg, aber lass mir etwas Vorsprung, bevor du den Oberstaatsanwalt informierst", sagte Mees.
"Gut, ich geb dir zwanzig Minuten."
"Mach eine halbe Stunde daraus Paul", bat Richard und verließ, ohne eine Antwort des Polizeidirektors abzuwarten, das Büro.
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29.06.1994
Sandra hatte Baumels Wohnung längst verlassen. Sie streifte auf dem Gelände des Heims umher, in der Hoffnung irgendwo etwas von Mathae zu sehen, als sie Richards Anruf erreichte.
Nach dem kurzen Gespräch dachte sie darüber nach, wie schnell sich dieser Fall gelöst hatte. In zwei, drei Stunden war er fast schon Vergangenheit für die Mordkommission, wenn Stromberg gestanden hatte. Daran zweifelte sie nach den vorliegenden Verdachtsmomenten nicht im geringsten. Die Beweislage war erdrückend und ihre Arbeit hatte einen wesentlichen Anteil dazu beigetragen. Alles war wie am Schnürchen gelaufen.
Sandra Götze ging zweimal um das Gebäude. Keine Spur, weder von Mathae und erst recht nicht von Uwe Stromberg. Auf die Idee, einen Zusammenhang daraus zu schließen, kam sie nicht. Mathae war nun erst einmal nachrangig, Stromberg war die Priorität. Sie musste herausfinden, wo er sich aufhielt und ihn bis zum Eintreffen des Kommissars nicht mehr aus den Augen verlieren. Der Rest war ein Kinderspiel. Auf dem Außengelände war weit und breit nichts zu sehen von dem Gesuchten. Vielleicht hatte er sich, um der Hitze aus dem Weg zu gehen, einer Arbeit innerhalb des Gebäudes angenommen. Zu tun gab es immer etwas in so einem großen Gebäude, dachte sie sich. Oder war er etwa schon im Feierabend? Sandra beschloss, Frau Stromberg in der Küche aufzusuchen, bevor sie sich ebenfalls in den Feierabend verabschieden würde. Es war schließlich schon fast halb fünf. Vielleicht konnte sie weiterhelfen.
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29.06.1994
Es war jetzt 16 Uhr 30. Richard Mees hatte sich gerade auf den Weg nach Montabaur aufgemacht. Sandra Götze befand sich in dem langen verglasten Flur des Jugendheims und war auf dem Weg zu Frau Stromberg. Uwe wartete währenddessen zusammen mit Mathe im Hausmeisterkeller auf Nicoletta. Die Rumänin befand sich inzwischen mit dem Beruhigungsmittel und ihrer durchgeladenen Pistole in der Handtasche auf dem Rückweg ins Heim. Staatsanwalt Koepp arbeitete an seinem Statement für die Presse und studierte die passende Gestik ein. Polizeidirektor Mertes sehnte sich nach einer Abkühlung und einem schnellen Ende dieses leidlichen Falls. Ein normaler Mord, schön und gut, aber warum musste es ausgerechnet ein Politiker sein?
Dr. Heb saß währenddessen in seinem Büro, bemitleidete sich und haderte mit der Gesamtsituation. Er hatte Angst, dass ihm die Zeit weglief. In den nächsten Stunden mussten Spuren ausgelegt werden, damit die Polizei glaubte, dass Stromberg, der Mörder von Frank Baumel und dem kleinen Mathae war. Sobald Uwe Stromberg den Jungen "entsorgt" hatte, musste Nicoletta das Problem Uwe endgültig aus der Welt schaffen.
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29.06.1994
Alles Zaudern half nichts, der Doktor musste sich aufraffen, um den unangenehmen Teil der Mission hinter sich zu bringen. Immer noch zweifelnd und zögerlich begab er sich in den Hausmeisterkeller, wo inzwischen Stromberg, mit dem Jungen und Nicoletta, schweigend auf ihn warteten. Die Anspannung stand allen ins Gesicht geschrieben. Bemerkenswerterweise
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