Mission Ares
Verletzungen?«
»Geplatzte Trommelfelle. Ein paar Verbrennungen.« Priest schien Unbehagen zu empfinden. »Natalie, was wollen Sie von mir hören? Das NRTG ist das Produkt einer anderen Zeit. Sie müssen die Dinge aus der damaligen Perspektive betrachten.«
»Sicher.« Eine andere Zeit also. Aber dieser verfluchte Ort wird noch immer genutzt. Und Mike arbeitet hier, um Gottes willen. Sie schauderte, als ob sie spürte, wie die radioaktiven Teilchen des Kalten Krieges ihren Körper perforierten.
Sie ließ den Blick schweifen. »Wie haltet ihr überhaupt die Radioaktivität zurück, nachdem die Testraketen gefeuert haben? Ich denke da an den radioaktiven Wasserstoff, der in die Luft entweicht…«
»Wie… ›zurückhalten‹?« fragte Ben.
Sie quetschten sich in Bens Corvette und rasten auf dem Interstate nach Vegas, wo sie übernachten und den Sonntag verbringen wollten. Petey schlief schon während der Fahrt ein.
Ben schaltete das Radio an. Es kamen gerade Nachrichten, und York lauschte trübsinnig den Verlustmeldungen aus Vietnam.
Es war inzwischen dunkel geworden, und gleißende Sterne erschienen am Himmel über der Wüste.
Ben beugte sich nach vorn und drehte das Radio lauter. »He, Mike, hör mal. Agnew spricht.«
… Die drei Optionen, die unsere Arbeitsgruppe definiert hat, stellen ein ausgewogenes Programm dar… eine Palette von bemannten Raumflügen, Raumsonden und Satelliten – zum Wohle der Menschheit und zum Zweck einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit im All …
Dann ertönte die sonore Stimme Wernher von Brauns, der
vor dem Senat sprach. Ich sage, wir sollten es schnell tun und den Fuß auf einen neuen Planeten setzen, solange wir noch die Gelegenheit dazu haben …
»Es ist also immer noch die Rede davon, zum Mars zu
fliegen«, sagte York.
»Sicher«, sagte Ben. »Agnews drei Optionen beziehen sich allesamt auf den Flug zum Mars. Der einzige Unterschied zwischen ihnen besteht darin, daß man um so früher dort
ankommt, je größer der Jahresetat ist. Obwohl…«
»Was?«
»Obwohl er noch eine vierte Option genannt hat: daß wir die bemannte Raumfahrt nämlich ganz einstellen.« Priest schaute auf die Straße. »Ich schätze, wir müssen einfach abwarten.«
»Agnew ist ein Arschloch«, sagte York mit milder Stimme.
»Vielleicht, aber das Arschloch hat ein Faible für
Raumschiffe und Astronauten«, sagte Mike und beugte sich nach vorn. »Das macht ihn für mich zu einem sympathischen Arschloch.«
»Ein Flug zum Mars ist eine nette Idee«, sagte York. »Aber es ist auch Science Fiction. Oder?«
Mike klopfte ihr auf die Schulter. »Du hast den XE-Prototyp gesehen. Wir sind in der Lage, diesen Vogel zu bauen. Alles, was wir brauchen, ist das Geld.«
»Wieviel Geld?«
»Es bleibt noch im Rahmen«, sagte Ben. »Die effektiven
Kosten sind wahrscheinlich niedriger als bei den Apollo-Missionen. Das Programm ist modular aufgebaut. Ein paar Basiskomponenten werden für unterschiedliche Missionen
unterschiedlich kombiniert. Mit einer Raumfähre geht man kostengünstig in den Orbit, eine nukleare Rakete befördert Lasten zum Mond, und für darüber hinausgehende Einsätze werden ›Blechdosen‹ – Raumstation-Module – unterschiedlich konfiguriert. Ein MarsRaumschiff würde man aus Stations-Modulen als Unterkünfte für die Besatzung und nuklearen Triebwerken kombinieren…«
Das reizte York zum Widerspruch. Sie wollte das Unbehagen artikulieren, das sie seit dem Anblick des Testgeländes empfand. »Wozu soll das gut sein? Noch mehr Fußabdrücke
und Flaggen, wie bei Apollo?«
»Nein«, sagte Mike schroff.
Es schwang schon Ungeduld in seiner Stimme mit, seit sie das Testgelände verlassen hatten. Sie hatte das Gefühl, daß die Antwort, die sie ihm dort gegeben hatte, nicht seinen Erwartungen entsprochen hatte.
»Hast du denn nicht zugehört, Natalie?« fragte er nun.
»Agnew hat eine großartige Vision präsentiert. Wir könnten 1982 schon auf dem Mars sein. Und 1990 werden wir hundert Menschen im Erdorbit haben, achtundvierzig auf dem Mond und achtundvierzig in einer Mars-Basis…«
»Ja, sicher«, sagte sie ironisch. »Ja, ich habe zugehört. Und ich höre auch, daß Agnew ausgebuht wird, wenn er in der Öffentlichkeit davon spricht, zum Mars zu fliegen. Die
Menschen wollen das nicht, Mike. Der Krieg strapaziert die Wirtschaft ohnehin schon über Gebühr.«
Ben reagierte bestürzt auf ihre Tiraden.
»Ich glaube sowieso nicht, daß Nixon zustimmt«, sagte
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