Mission Ares
aufzureißen. Die S-IC war ins Taumeln geraten. Die erste Stufe der Saturn hätte sie nicht im Stich lassen dürfen – nicht nach mehr als zehnjähriger Erfahrung, nicht nach so vielen Flügen.
Seger betrat das MOCR und beugte sich über Donnellys
Station. »Wenn Sie auch nur die geringsten Zweifel an der Zuverlässigkeit des NERVA-Triebwerks aus Marshall hegen, bringen Sie die Jungs sofort wieder runter.«
Freitag, 28. November 1980
Apollo-N; Lyndon B. Johnson-Raumfahrtzentrum, Houston
Sie stopften die Druckanzüge in Netztaschen und verstauten sie unter den Liegen. Nun trug Jim Dana nur noch eine Kombi über der Unterwäsche.
Er befand sich nun in einer Höhe von hundertsechzig
Kilometern, eintausendsechshundert Kilometer von Cape
Canaveral entfernt und flog mit einer Geschwindigkeit von acht Kilometern pro Sekunde. Auf der mittleren Liege, die Füße zu den Sternen gerichtet, sah er durchs Fenster der Kommandokapsel auf den Heimatplaneten hinunter.
Beim Anblick der sonnenbeschienenen Erde geriet er schier in Verzückung. Sie stand als leicht gekrümmte Wand aus Farbe und Licht vor ihm, die das Universum in zwei Hälften teilte; leuchtend weiße Wolken lagen wie Federn über dem Land und dem Meer.
Ben Priest, der rechts von Dana lag, grinste ihn an. »Wie fühlst du dich?«
»Als ob ich hier oben geboren wäre.«
Chuck Jones öffnete den Sicherheitsgurt, stieß sich von der linken Liege ab und schwebte zur Instrumentenkonsole hinauf.
»Wir sind im Orbit, meine Herren«, sagte er. »Willkommen im Astronauten-Korps. Nun müssen wir nur noch herausfinden, ob wir es hier aushalten.«
Priest und Jones schickten sich an, die Flugbahn des Schiffs und die geschätzte Geschwindigkeit mit den Bodenstationen und den Meßflugzeugen abzugleichen. Dana hörte, daß Jones bei der Arbeit summte. Dana hatte die Aufgabe, die Navigationsplattform auszurichten.
Er schwebte nach oben und klappte die mittlere Liege hoch.
In der Mikrogravitation wirkte die enge Kabine recht
geräumig. Dana tippte mit der Fingerspitze gegen eine
Instrumentenkonsole; das genügte, daß er an den anderen
vorbei in den Nutzlastraum unter den Liegen driftete.
Er schwebte zwischen Kühlröhren und Staufächern. Zum
erstenmal seit dem Start hatte er die Gelegenheit, sich
auszustrecken; die Füße stemmte er gegen die Luke, und der Kopf wies auf den Boden. Er spürte leichte Schmerzen in Bauch, Brust und in den Knien: Nachwirkungen des Taumelns.
Dennoch war es nicht so schmerzhaft gewesen, wie er erwartet hatte; der Druckanzug hatte ihn offensichtlich geschützt.
Dana schwebte hinunter zum Trägheits-Meßgerät. Bei der
Navigationsplattform handelte es sich um eine Metallkugel mit dem Durchmesser eines Strandballs. Innerhalb der Hülle befand sich eine Scheibe, die von drei ineinander
verschachtelten Kugeln fixiert wurde.
Das Ding glich einem Tisch in einem Boot, der kardanisch montiert war, um unabhängig vom Schaukeln des Boots in der Waagrechten zu bleiben. Mit diesem System ›bestimmte‹ das Raumschiff seine Position relativ zu einer Bezugstrajektorie.
Die Kontrolle der Ausrichtung war ein Routinevorgang und wurde bei jedem Flug auf der Prüfliste abgehakt. Doch nun bestand die Gefahr, daß das Taumeln und die Kreiselbewegungen, denen die Apollo-N während des Starts ausgesetzt gewesen war, die Plattform verstellt hatten.
Um die Plattform neu zu kalibrieren, mußte Dana sich mittels eines optischen Teleskops und eines Sextanten an ein paar Sternen orientieren. Er wählte aus einem Katalog ein paar Sterne aus und ließ sie vom Raumschiff suchen. Wenn der Stern nicht exakt im Fadenkreuz des Teleskops stand, würde Dana eine Korrektur vornehmen, und der Computer übertrug diese Korrektur dann an die Plattform, woraufhin sie sich selbst ausrichtete.
Er wählte das Sternbild Orion, mit dem markanten, aus drei Sternen bestehenden Gürtel in der Mitte. Er beschirmte die Augen vor dem Licht der Erde und der Kabinenbeleuchtung und zielte mit dem Teleskop in die Richtung, wo Orion sich befinden mußte. Schließlich machte er die drei schwachen Punkte aus, die vom hellen Sirius flankiert wurden. Sie standen genau dort, wo sie sein sollten…
Er grinste. Die Justierung stimmte also noch. Vielleicht hatten sie das Schlimmste überstanden, und der Rest des Flugs würde ohne Komplikationen ablaufen.
Das erste Ziel der Flugerprobung war bereits erreicht: die S-NB war offensichtlich imstande, sich selbst und ein bemanntes Raumschiff
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