Mission Arktis
stets Ausschau haltend, ob das Pärchen sich nicht trennte. Aber die Fährten von Huf, Pfote und Fuß blieben auf einem Kurs.
Ehe er sein Motorrad stehen gelassen hatte und losmarschiert war, hatte er seinen Vorgesetzten per Funk Bericht erstattet. Der Sturm war zu heftig, um Verstärkung zu schicken, aber Stefan hatte dem Leutnant versichert, dass dies auch nicht nötig war. Noch vor Mitternacht würde er seine Beute dingfest gemacht haben. Seine Evakuierung am nächsten Morgen war bereits in die Wege geleitet.
Er ging weiter der Spur nach, beständig auf eventuelle Tricks seiner Gegner gefasst. Aber die Granate schien ihren Zweck erfüllt zu haben. Sie hatte seine Opfer blindlings in die Flucht geschlagen.
Vierhundert Meter nach der Abzweigung stieß er auf eine Stelle, an der der Schnee aufgewühlt war, als wäre das Pferd auf dem eisglatten Untergrund gestürzt. Stefan hoffte, dass dabei ein paar Knochen zu Bruch gegangen waren.
Rasch überprüfte er den Boden in der Umgebung. Nur eine einzige Fährte führte weiter, aber jetzt war die Spur viel frischer. Der Matsch in den Hufabdrücken war noch nicht wieder gefroren. Also war er höchstens noch fünf Minuten hinter ihnen. Der Amerikaner führte nach wie vor das Pferd.
Stefan richtete sich auf und bemerkte auf einmal einen durchdringenden Abfallgeruch. Wahrscheinlich war in der Nähe irgendein Tier verendet. Bevor die Nacht vorüber war, würden die Aasfresser noch mehr Futter bekommen.
Als er nahe genug zu sein glaubte, um die Infrarotfunktion des Geräts zu benutzen, griff er an die Linse und legte an ihrem Rand eine Klappe um, wodurch die Nachtsichteinstellung, die das Restlicht verstärkte, durch Infrarot ersetzt wurde, das Wärme registrierte. Die Grünschattierungen verschwanden und die Welt wurde dunkel. Stefan blickte nach vorn und suchte nach Wärmequellen. Bei gutem Wetter hatte das Gerät eine Reichweite von hundert Metern. Bei Schneefall konnte man von etwa der halben Reichweite ausgehen. Am äußersten Rand des Sichtfelds entdeckte er einen rötlichen Fleck, nicht sehr klar umrissen.
Er lächelte und schaltete zurück auf das Nachtsichtspektrum, um die Verfolgung fortsetzen zu können. Mit seinem Ziel vor Augen eilte er auf den frischen Pfad zu. In seinem Eifer übersah er den dünnen weißen Faden, der über den Weg gespannt war, aber er spürte den leichten Ruck am Hosenbein und das Reißen des Fadens.
Sofort hechtete er zur Seite in eine kleine Schneewehe, denn er erwartete, dass er eine Explosion oder eine Falle ausgelöst hatte. Als er sich umschaute, sah er jedoch nur ein grünes Aufblitzen durch das Sichtgerät. Etwas fiel von einem überhängenden Zweig herab und zerschellte auf dem Fels darunter.
Rasch bedeckte er das Gesicht, wobei er sich aus Versehen die Schutzbrille von der Nase schlug, und duckte sich.
Etwas Feuchtes spritzte auf seine Beine.
Vorsichtig blickte er nach unten. Blut … geradezu brutal hob sich der rote Fleck auf seinem weißen Schneeanzug ab. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, aber er spürte keinen Schmerz. Langsam beruhigte er sich wieder. Es war also nicht sein eigenes Blut.
Dann stieg ihm der Gestank in die Nase. Damals in Afghanistan war er durch die Rebellentunnel gekrochen und auf eine Gruppe toter Soldaten gestoßen. Allem Anschein nach hatte ihnen eine Nagelbombe den Garaus gemacht.
Blut, zerrissene Eingeweide, Fliegen, Maden und die Sommerhitze … eine Woche lang hatte alles vor sich hin gefault. Aber der Geruch hier war noch schlimmer.
Unwillkürlich musste er würgen. Er versuchte rasch wegzukriechen, aber der Gestank klebte an ihm, folgte ihm, schwoll erbarmungslos um ihn herum an. Ihm stieg die Galle in die Kehle, im nächsten Moment musste er sich übergeben.
Aber er war nicht umsonst ein abgehärteter Soldat. Entschlossen rieb er sein Hosenbein am Schnee ab und richtete sich mühsam auf. Seine Augen tränten, die Welt drehte sich in Schwarz und Weiß – Schatten und Schnee.
Er stolperte weiter die Fährte entlang. Wenn seine Gegner glaubten, sie könnten ihn mit einer Stinkbombe außer Gefecht setzen, dann würde er sie eines Besseren belehren. Schließlich hatte er im Training Angriffen mit Tränengas und noch viel Schlimmerem widerstanden. Er spuckte aus, rückte das Nachtsichtgerät zurecht und ging weiter.
Dann schaltete er wieder um und suchte mit Infrarot nach seinem Ziel. Zuerst sah er nur Finsternis. Er fluchte und noch immer stieg ihm Galle in den Mund. Gut, vielleicht hatten sie ihn
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