Mission Arktis
die dicke Mähne des Hundes, womit er ein kurzes Schwanzwedeln erntete. »Dann sehen wir mal, was wir uns zum Abendessen machen können.« Wenn der Tag schon vergeudet war, konnte er sich wenigstens zum Trost ein warmes Mahl zubereiten. Zwar war es noch relativ früh, doch der Himmel begann sich zuzuziehen und so weit im Norden würde die arktische Sonne bald untergehen. Womöglich bekamen sie vor Einbruch der Nacht sogar noch ein bisschen Regen oder Schnee.
Wenn er also heute Abend ein Feuer haben wollte, dann machte er sich am besten jetzt gleich ans Werk.
Er schälte sich aus seiner Jacke, einem alten Militärparka mit Flicken an den Ellbogen und schon so abgetragen, dass das Grün zu einem stumpfen Grau verblichen war, aber mit einem weichen eingeknöpften Futter aus Alpaka. Das dicke Wollhemd und die schweren Hosen hielten Matt auch ohne Jacke einigermaßen warm, vor allem nach dem langen Fußmarsch und dem Adrenalinstoß von vorhin. Er nahm einen Eimer, ging zum Bach hinunter und brach das Eis vom Rand ab. Zwar wäre es leichter gewesen, das Wasser direkt aus dem Bach zu schöpfen, aber das Eis war wesentlich sauberer. Da er ohnehin Feuer machen wollte, würde es schnell genug schmelzen.
Mit der Mühelosigkeit langer Übung machte er sich daran, sein Lager herzurichten, froh, den Wald für sich allein zu haben. Während er trockenes Holz sammelte, pfiff er leise vor sich hin. Dann, nur einen Augenblick später, senkte sich eine seltsame Stille auf ihn herab. Er brauchte einen halben Atemzug, bis ihm klar wurde, was los war. Die Hunde schwiegen. Sogar das Zwitschern der Goldregenpfeifer in den Weiden war verstummt. Sein eigenes Pfeifen wirkte sonderbar schrill.
Dann hörte auch er es.
Das Dröhnen eines Flugzeugs.
Das Geräusch war sanft, bis die einmotorige Cessna den Hügelkamm querte und über dem Tal schwebte. Matt riehtete sich auf. Noch bevor er das Flugzeug sah, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Das Motorengeräusch war kein kontinuierliches Heulen, sondern ein asthmatisches Keuchen.
Das Flugzeug kippte zur einen, dann zur anderen Seite. Mit stotterndem Motor torkelte es auf und ab, und Matt malte sich aus, dass der Pilot wahrscheinlich angestrengt nach einem Landeplatz Ausschau hielt. Wie die meisten Buschflugzeuge war es mit Schwimmern ausgestattet. Es brauchte nur einen Fluss, der breit genug war, um darauf aufzusetzen. Aber Matt wusste, dass es in der Gegend hier keinen gab. Zwar mündete der kleine Bach neben seinem Lagerplatz irgendwann in den breiteren Alatna River, der durch die Mitte des Parks verlief, aber der lag gut hundertfünfzig Kilometer entfernt.
Er sah die Cessna wie betrunken übers Tal taumeln. Mit aufheulendem Motor stieg sie weit genug empor, um die nächste Hügelkette zu überwinden. Matt zuckte zusammen, denn er hätte schwören können, dass die Schwimmer den Wipfel einer Fichte berührt hatten. Im nächsten Moment war das Flugzeug verschwunden.
Matt starrte ihm nach und lauschte mit gespitzten Ohren. Es dauerte nicht lange, da hallte wie ferner Donner ein splitterndes Krachen aus dem Nachbartal zu ihm herüber.
»Verdammt!«, brummte er leise vor sich hin.
Einen Augenblick später sah er am Horizont den verräterischen öligen Rauchschwaden in den schmutzig weißen Himmel aufsteigen.
»Und da hab ich gedacht, ich hätte einen schlechten Tag.« Er wandte sich zum Lager um. »Aufsitzen, Jungs! Das Essen muss warten.«
Er packte seinen Parka und lief kopfschüttelnd zu seiner Stute hinüber. An jedem anderen Ort der Welt war so etwas vielleicht eine Seltenheit, aber hier in Alaska erfreute sich der Buschpilotenmythos noch großer Beliebtheit. Es war immer noch eine Art MachoMutprobe, auszutesten, was man mit seinem Flugzeug alles anstellen konnte, und das führte natürlich zu allen möglichen unnötigen Risiken. Im Lauf eines Jahres stürzten rund zweihundert kleine Flugzeuge über der Wildnis von Alaska ab. Die für die Bergung der Flugzeuge angeheuerten Rettungsmannschaften waren mit ihrer Arbeit fast ein ganzes Jahr im Rückstand. Und das Geschäft boomte. Jedes Jahr gab es mehr Abstürze. »Wer muss da noch nach Gold graben?«, hatte ein Bergungshelfer einmal zu Matt gesagt. »Das Geld fällt doch vom Himmel!«
Matt sattelte seine Stute. Flugzeuge waren eins, Menschen etwas anderes. Falls es Überlebende gab, mussten sie möglichst bald gerettet werden. Alaska war nicht freundlich zu den Schwachen oder Verletzten. Gerade heute, als er dem hundertachtzig Kilo schweren
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