Mission Arktis
dunklen Gully zu, die Taschenlampe mit den ausgestreckten Händen umklammernd.
Dann war sie weg.
Der Schlitz hatte sie verschluckt.
Der Schwung trug sie einige Meter den Gully entlang. Im Schein der Taschenlampe wurde die niedrige Decke höher. Amanda rappelte sich auf und kam schlingernd auf die Knie.
Der abschüssige Boden führte sie in eine Höhle. Hier war die Decke hoch genug, dass sie stehen konnte, wenn sie den Kopf etwas einzog, aber sie blieb lieber sitzen und ließ das Licht der Taschenlampe umherwandern.
Es war eine Sackgasse.
Überall auf dem Höhlenboden lagen Knochen: zerbrochen, gesplittert, einige weiß gebleicht, andere vergilbt. Leere Schädel von Menschen und Tieren. Oberschenkelknochen, Rippen, Schulterblätter.
Ein Wort hallte in ihrem Kopf wider.
Nest …
In einer Ecke lag eine Gestalt, zusammengekrümmt und reglos, in einem rotweißblauen ThinsulateAnzug, umgeben von einer gefrorenen Blutlache.
Sie hatte Lacy gefunden.
10:47 Uhr
Auf dem Eis …
Matt versuchte verzweifelt, die beiden Wachen abzuschütteln, die neben ihm in der Sno-Cat saßen. »Wir müssen zurück!«, schrie er.
Ein Ellbogen traf ihn aufs Nasenbein. Er sah Sterne, der Schmerz machte ihn blind und warf ihn in den Sitz zurück. »Bleiben Sie sitzen, sonst legen wir Ihnen Handschellen an.« Lieutenant Mitchell Greer zog eine Grimasse und rieb sich den Ellbogen.
Die andere Wache, ein stiernackiger Marineobergefreiter namens Doug Pearlson, hatte seinen Revolver gezogen. Momentan richtete er ihn noch an die Decke der Sno-Cat, aber die Drohung war unmissverständlich.
»Beruhigen Sie sich, Matt«, sagte Craig vom Vordersitz.
»Wir haben unsere Befehle«, ergänzte der Fahrer, ein Petty Officer.
Eine Minute zuvor hatte Lieutenant Commander Sewell ihr Fahrzeug angefunkt und angeordnet, dass sie unverzüglich zur Eisstation weiterfahren sollten. Der Commander konnte die Station selbst nicht erreichen und sie musste dringend vor dem russischen Hinterhalt gewarnt werden.
Dann hatte eine Explosion die Kommunikation unterbrochen. Der Treffer schlug ganz in ihrer Nähe ein und das Eis bebte unter den Raupen der Sno-Cat. Alle Augen wandten sich suchend nach hinten. In der Ferne hörte man Maschinengewehrfeuer.
Aber der drohende Sturm war früher als erwartet hereingebrochen und wirbelte den Schnee blizzardartig auf. Alle Versuche, die andere Sno-Cat zu erreichen, scheiterten. Aus Angst um Jenny und ihren Vater hätte Matt gern das Fahrzeug beschlagnahmt, aber die anderen waren in der Überzahl und außerdem bewaffnet.
Noch immer keine Spur von der Sno-Cat hinter ihnen.
»Dann versuchen Sie gefälligst noch mal, mit ihnen Kontakt aufzunehmen!«, fauchte Matt, während er die Tränen wegblinzelte, die ihm wegen seiner Nase in die Augen stiegen. Er schmeckte Blut.
Kopfschüttelnd hakte der Fahrer das Funkgerät los. »Cat Two, hier ist Cat One. Bitte kommen. Over.« Er hielt den Empfänger hoch.
Keine Antwort.
»Es könnte auch nur ein lokaler blinder Fleck sein«, meinte der Fahrer. »Hier kommt es manchmal vor, dass man zwar mit jemandem auf der anderen Seite des Globus kommunizieren kann, aber nicht mit jemandem im eigenen Hinterhof.« Er zuckte die Achseln und wurde in seinem Sitz durchgerüttelt, als die Cat über eine Reihe von Eiswellen fuhr.
Matt glaubte keine Sekunde an diese Theorie. Jenny war in Schwierigkeiten, das spürte er bis in die Fußsohlen. Aber jetzt waren sie schon ein paar Meilen vor der anderen Sno-Cat. Selbst wenn es ihm gelang, aus dem Fahrzeug auszubrechen, konnte er nicht sicher sein, dass er rechtzeitig zu ihr gelangte, um einzugreifen.
»Ich bin sicher, dass sie okay ist«, sagte Craig und versuchte, Matt in die Augen zu sehen.
Matt musste sich eine unfreundliche Antwort verkneifen.
So rollte die Sno-Cat durch den Blizzard und führte Matt immer weiter weg von der Frau, die er einmal geliebt hatte. Und die er vielleicht noch immer liebte.
10:48 Uhr
Wahrscheinlich hatte sie das Bewusstsein verloren. Die Sno-Cat war umgekippt, dann drang plötzlich Eiswasser durch ihre Jeans, und sie erschrak so heftig, dass sie sofort hellwach war. So schnell sie konnte, rappelte sie sich auf und blickte sich um.
Die Cat lag auf dem Dach. In der Kabine stand Wasser. Der Motor brummte noch und das umgekippte Fahrzeug vibrierte heftig. Das Warnlicht, das auf dem Dach befestigt war, glühte im Wasser unter ihr und überzog die Szenerie mit einem unheimlichen Schimmer.
Auch ihr Vater rappelte sich auf und hielt
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