Mission auf Leben und Tod
durchzuschneiden. Kein Zivilist konnte so töten; das war Nahkampf, wie er im SPECWARCOM gelehrt wurde.
Mack eilte zur Tür. Das Treppenhaus war leer, der Wachposten hatte seine Meldung gerufen und war zum sechsten Stock weitergezogen. Leise schloss Mack die Tür. Nur 17 Sekunden waren vergangen, seitdem der Erste in den Raum getreten war. Jetzt sperrte er die Tür ab. Gleichzeitig hörte er das Heulen der Polizeisirenen, als Henri Foches Konvoi sich dem Werfttor näherte.
Bislang waren die drei Wachen nicht vermisst worden. Alle hatten die Bestätigung des Wachpostens für den fünften Stock gehört, alle waren noch mit der Durchsuchung der restlichen Stockwerke beschäftigt. Bis auf weiteres war Mack hinter der schweren Tür in Sicherheit.
Er stellte den Werkzeugkasten und das Angriffsboard ans rückwärtige Fenster. Dann griff er sich Prenjit Kumars Scharfschützengewehr, das österreichische SSG-69, und ging zum Sims des offenen Fensters an der Frontfassade. Am Haupteingang sah er nun deutlich die Motorradfahrer der Polizei. Sie sprachen mit den beiden Männern, die mit der Limousine eingetroffen waren.
Der Konvoi wurde durchgewinkt, der Wagen fuhr so weit vor, dass Foche und Claudette direkt vor dem Aufgang zum Podium aussteigen konnten. Genau in diesem Augenblick war niemand um ihn herum, was in sechs Sekunden ganz anders sein dürfte. Raul stand links hinter ihm. Savary wies die Polizisten ein, die an der Rückseite der Bühne einen dichten Kordon bilden sollten.
Mack ging in die Hocke, das Gewehr lag ruhig auf dem Fenstersims. Alle sahen zu Foche und seiner bezaubernden Frau. Und dann hatte Mack ihn mitten im Fadenkreuz seines Teleskopvisiers. Ein klarer, sauberer Schuss. Besser würde er ihn nicht mehr bekommen. Eine Sekunde lang setzte Macks Herz aus, dann zog er den Abzug durch.
Das Hochgeschwindigkeitsgeschoss verließ den hervorragend kalibrierten, verkürzten Lauf und traf Henri Foche etwas links versetzt auf der Stirn. Tief in seinem Gehirn explodierte es und riss ein klaffendes, zwölf Zentimeter breites Loch in den Hinterkopf, aus dem Blut und Gewebereste geschleudert wurden.
Mack zog das Gewehrschloss zurück und gab einen weiteren Schuss ab. Die Kugel traf Foche im Rückwärtsfallen, drang genau durch das scharlachrote Tuch in seiner linken Brustseite und riss ihm das Herz auseinander. Der Gaullistenführer erfuhr nie, was ihn getroffen hatte.
»Das war für dich, Charlie«, stieß Mack Bedford hervor. »Vom gottverdammten Euphrat bis hier in Saint-Nazaire, das war für dich.«
Und dann sputete er sich, zerlegte das Gewehr, passte die Einzelteile in den Werkzeugkasten und knallte den Deckel zu. Er brachte das Dräger nach vorn und schnallte es sich eng an die Brust. Gemäß seiner Überzeugung, dass eine unversperrte Tür keine Aufmerksamkeit erregte, löste er wieder den Riegel. Sollten ein oder zwei Männer die Tür probieren, und sie ließ sich öffnen, würde keiner Alarm schlagen. War sie hingegen verschlossen, würden bei einer so schweren Stahltür sofort an die dreißig gewehrschwingende Männer mit Sprengschnüren oder gar Dynamit anrücken.
Unten auf dem Platz herrschte mittlerweile ein einziges Chaos. Nur die in unmittelbarer Nähe zu Henri Foche wussten überhaupt, dass er tödlich getroffen worden war. Zu ihnen gehörte Pierre Savary. Claudette, treu bis in den Tod, hielt ihren toten Ehemann in den Armen, während Raul Declerc bereits bei den Problemen war, die er auf sich zukommen sah.
Savary rief persönlich den Krankenwagen. Die Menge drängte sich um die schreckliche Szene am Podiumaufgang. Henri Foches blutüberströmter Leichnam war nach hinten gegen den Wagen geworfen worden, und Claudette, selbst von Blutspritzern bedeckt, kniete am Boden, hielt seinen Kopf und sagte immer wieder: »Warum sind wir bloß hergekommen? Kann mir jemand sagen, warum wir hergekommen sind!«
Raul Declerc starrte zum Lagerhaus und ließ den Blick über die Fassade schweifen. Er brauchte eine ganze Minute, bis ihm das offene Fenster im fünften Stock auffiel. 99 Prozent der Versammelten hatten noch immer keine Ahnung, was überhaupt geschehen war. Raul wusste, er hatte noch Männer im Gebäude. Er schob sich durch die nach wie vor anwachsende Zuschauermenge, und um 16.45 Uhr betrat er den Seiteneingang zum Lagerhaus. Die Wachen am Vordereingang hatten anscheinend nichts gehört, denn sie rührten sich noch immer nicht.
Raul hatte in seinem früheren Leben als Reggie Fortescue nie bei den
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