Mission auf Leben und Tod
Spezialkräften gedient, aber Kampfeinsätze der Scots Guards im Irak miterlebt, außerdem wusste er besser als jeder Zivilist mit schwierigen Situationen umzugehen. Vor allem dann, wenn er eine Maschinenpistole in Händen hielt.
Er trat ins Treppenhaus und stieg die Stufen hoch. Seine Abordnung, die er zur Durchsuchung reingeschickt hatte, hielt sich noch in den oberen Stockwerken auf. Als er den fünften Stock erreichte, hielt er inne. Das musste das Stockwerk mit dem offenen Fenster sein.
Er öffnete die Tür, drückte sie auf, ging hinein und bemerkte zunächst gar nicht die schwarzgekleidete Gestalt an der Rückwand neben dem Fenster. Instinktiv eilte er zum offenen Fenster an der Frontfassade und sah hinaus. Dann drehte er sich um und entdeckte Mack. Er richtete die Maschinenpistole auf die Brust des Froschmanns.
»Keine Bewegung!«, rief er.
»Gut, Kumpel«, antwortete Mack ganz ruhig. »Du hast mich. Alles in Ordnung. Ich bin nicht bewaffnet.«
Raul Declercs Gedanken rasten. Er hatte den Attentäter, er hatte ihn ganz allein gestellt. Wenn er ihn mit vorgehaltener Waffe nach unten führte, würde ihm niemand eine hohe Belohnung für seine professionellen Dienste verweigern können. Er hatte den Mord nicht verhindert, aber er hatte getan, was keinem gelungen war: Er hatte den Täter erwischt. Das war eine Menge wert.
Er sah zu Mack Bedford auf der gegenüberliegenden Seite des Lagerraums. Etwas lag in dessen Stimme, in dessen ruhigem Timbre, seinem nordamerikanischen Akzent. Und plötzlich machte es Klick.
»Morrison?«, fragte er leise.
»Nein, ich nicht«, erwiderte Mack. »Ich bin nicht Morrison. Morrison ist dort drüben.« Mack zeigte auf die linke Wand, und dann schrie er plötzlich: »Mach ihn fertig, Billy, jetzt!«
Kein SEAL wäre jemals darauf hereingefallen. Zumindest hätte jeder SEAL zuerst Mack Bedford erschossen, bevor er sich um »Billy« gekümmert hätte. Aber Raul Declerc war kein SEAL. Erschreckt drehte er sich zur Seite und wusste nicht recht, um wen er sich als Erstes kümmern sollte, um den unbewaffneten Mann vor seinen Augen oder um Billy, der offensichtlich bewaffnet war.
Der Sekundenbruchteil, den er zögerte, verschaffte Mack genau den entscheidenden Vorteil, den Sekundenbruchteil, in dem er sich nach vorn warf, abrollte und geduckt hochkam. Der Bogen, den Rauls Waffe von der linken Seitenwand zum neuen Ziel beschrieb, war dadurch sehr viel größer geworden. Das war die entscheidende Zehntelsekunde.
Macks rechte Faust krachte wie ein Vorschlaghammer gegen Rauls linke Niere und traf ihn mit solcher Gewalt, dass er die Waffe fallen ließ. Mack tauchte nach unten, um sie aufzuheben, aber Raul, der sich nicht so schnell unterkriegen ließ, landete einen Treffer seitlich an Macks Kopf. Der Ex-SEAL-Commander steckte ihn weg, kam mit der Waffe hoch und rammte sie Raul gegen den Kopf, so heftig, dass der ehemalige Colonel der Scots Guards flach auf den Rücken krachte.
Es war der gefährlichste Gegner, dem Mack bislang begegnet war. Er wusste, es musste Raul sein. Der Leiter der Forces of Justice aus Marseille war der Einzige auf der Welt, der den Namen Morrison kannte. Raul wusste nicht nur, dass Mack soeben Foche umgebracht hatte, er kannte auch den Plan, er wusste von dem Geld. Am schlimmsten aber war: Er war der Einzige in Frankreich, der genau wusste, wie Mack aussah und wie seine Stimme klang.
Wenn von den Sicherheitsleuten jemand eliminiert werden musste, dann Raul Declerc. Er war noch bei Bewusstsein, als Mack sich über ihn beugte, ihn mit der linken Hand am Kragen der gelben Jacke und mit der rechten im Schritt der Hose packte.
Mack hob ihn an, trat einen Schritt zurück, holte Schwung und schleuderte ihn wie einen gelben Torpedo durch das offene Fenster. Er war definitiv noch bei Bewusstsein, denn Mack hörte ihn schreien, bis er mit einem dumpfen, tödlichen Schlag unten auf dem freien Platz aufprallte.
Schritte waren nun aus dem Treppenhaus zu hören, Stimmen und Schreie. Mack verriegelte die Tür, was ihm weitere wertvolle Sekunden bringen würde. Dann packte er seinen Werkzeugkasten, klemmte sich das Angriffsboard unter den Arm und stieg durch das hintere Fenster.
Er starrte auf das Wasser, das 20 Meter tief unter ihm lag. Es war hoch hier, verdammt hoch, aber nicht so hoch wie auf der Ölplattform damals im Golf. Und von der war er auch gesprungen. Zum ersten Mal hatte er Angst. Er richtete sich auf dem Fenstersims auf und nahm allen Mut zusammen. Es gab kein
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