Mission auf Leben und Tod
Saint-Germain reichen.«
Claudette Foche war solche Gespräche gewohnt. Diesmal aber lächelte sie nur und sagte leise: »Henri, ich glaube, dir sollte klar sein, dass die Dinge mittlerweile etwas anders liegen. Wenn ich dich jetzt verlasse, wäre das ein schwerer Schlag für deine Kandidatur. Dann kann ich nämlich meine Geschichte über dein sexbesessenes, treuloses Leben für eine gewaltige Summe an all die netten kleinen Zeitschriften verkaufen.«
»Du kannst dein Leben hier nicht aufgeben – den Glamour, den Ruhm, die Bewunderung.«
»Ich kann es aufgeben. Ich bin erst 38 und bereit, wieder von vorn anzufangen. Vielleicht hast du es vergessen …« Aufreizend löste sie die obersten beiden Knöpfe ihrer Bluse, sah ihn an und fügte hinzu: »Ich kann fast jeden Mann, den ich will, rumkriegen. Ich bin immer noch schlank und sehr sexy. Und du hast mich in die französische Gesellschaft eingeführt.«
»Einmal Hure, immer Hure«, knurrte er.
»Mag schon sein«, sagte sie und warf ihre lange blonde Mähne zurück. »Aber ich war dir niemals untreu. Während deine Moralvorstellungen die eines streunenden Katers sind.«
In diesem Augenblick klingelte das Telefon an der gegenüberliegenden Zimmerseite. »Geh ran«, befahl er. »Mach schon.«
Claudette schritt mit der unaufgeregten Eleganz eines Laufsteg-Models durch den Raum, als übte sie bereits jetzt für ihr neues Leben in den teuren Bars und Hotels der französischen Hauptstadt. Foche musste sie unwillkürlich bewundern. Und ihr zustimmen – ja, sie konnte jeden Mann haben, wenn sie nur wollte.
»Hallo«, sagte sie. »Ja, Marcel. Er ist hier. Einen Moment.«
Sie blieb am Telefon stehen. »Es ist Marcel«, sagte sie.
»Na, dann bring das verdammte Ding schon rüber«, keifte er. »Und dann verschwinde!«
In aller Gemächlichkeit brachte sie ihrem Mann das Telefon. Er riss es ihr aus der Hand und wiederholte: »Verschwinde!«
Nachdem seine Frau das Zimmer verlassen hatte, brüllte Foche ins Telefon: »Ich hab gesagt, ihr sollt den Wagen verschwinden lassen – nicht in die landesweiten Schlagzeilen bringen!«
Marcel allerdings ließ sich so schnell nicht beeindrucken. »Ich kann doch verdammt noch mal nicht damit rechnen, dass dieses dämliche Reh die Scheißkarre findet? Ich hab sie selber in den Sumpf kutschiert, Raymond und ich wären dabei fast abgesoffen, irgendwie haben wir das beschissene Ding in die Luft gehen lassen, und jetzt soll ich in meiner Freizeit auch noch auf irgendwelche dummen Rehe aufpassen. Großer Gott, Monsieur, nehmen Sie Vernunft an.«
Henri Foche wusste, dass er bei Marcel vorsichtig sein musste. Marcel kannte seine Untaten noch besser als seine Frau. »Und wo ist die verdammte Leiche?«, fragte er. »Wo steckt die?«
»Im Fundament des neuen Einkaufszentrums 70 Kilometer östlich von Orléans. Unter 1000 Tonnen steinhartem Beton begraben.«
»Wie zum Teufel hast du das geschafft?«, fragte Foche.
»Ich hab Freunde«, erwiderte Marcel. »Gute Freunde.«
»Weiß sonst noch jemand davon?«
»Natürlich nicht. Ich hab ihn in den nassen Beton plumpsen lassen und den Bagger selbst gesteuert. Mein Kumpel hat drei Lasterladungen nassen Beton draufgeschüttet. Er kann sich wahrscheinlich denken, dass da eine Leiche liegt. Aber ich hab nichts davon erwähnt, und dann hab ich gewartet, bis er fertig war, und ihm seine 2000 Euro zugesteckt. Wie Sie gesagt haben.«
»Okay, okay, klingt gut. Mir wäre es nur lieber, wenn sie den Mercedes nicht gefunden hätten.«
»Die Chancen dafür standen bei einer Million zu eins, Boss. Da kann man nichts machen. Wir dürfen nur nicht die Nerven verlieren.«
»Wir sehen uns am Mittag, Marcel.«
»Kein Problem.«
»Claudette! Wo zum Teufel steckst du?«
Seine Frau erschien. »Bin schon da. Was willst du?«
»Nimm als Erstes dieses verdammte Telefon von meinem Frühstückstisch. Dann bring mir frischen Kaffee. Und einen Notizblock und einen Stift. Und ruf Mirabel an. Sag ihr, sie soll gleich nach dem Mittagessen in mein Büro kommen.«
Mirabel war Foches 56-jährige Sekretärin, eine schlanke, unscheinbare Frau und wahrscheinlich die Einzige in Foches Leben, die er bislang nicht versucht hatte auszuziehen – auch wenn Claudette darauf nicht ihre gesamten Ersparnisse hätte wetten wollen.
»Wirst du zum Mittagessen hier sein?«, fragte sie.
»Nein, ich gehe aus.«
Das junge Mädchen, das er besuchte, Anne-Marie, hatte ein kleines Appartement am Kanal, nicht weit entfernt von seinem
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