Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
Brunet erklärt Ihnen mit Vergnügen, was bevorsteht.«
»Wir tanken frische Luft«, sagte Colette strahlend. »Stellen Sie sich nur vor, Mr Warkin! Wir werden die Sonne wiedersehen!«
Monturiol klatschte in die Hände. »Ja, wir tauchen auf. Unsere Sauerstofftanks sind beinahe leer. Ich fürchte, wir haben ein Leck, denn wir verbrauchen immer noch mehr Sauerstoff, als wir es meinen Berechnungen nach sollten. Wir füllen die Tanks, riechen kurz an dem verrotteten Kadaver der Alten Welt und ziehen uns dann wieder in den Schoß von Mutter Erde zurück.«
Jetzt erst dämmerte es Modo: Griff hatte den fehlenden Sauerstoff verbraucht!
»Hat sie nicht eine ungemein poetische Art, Dinge in Worte zu fassen?«, bemerkte Colette. »Sind Sie sicher, dass keine Franzosen unter ihren Vorfahren waren?«
»Ich versichere Ihnen, dass ich kein französisches Blut habe«, erwiderte Monturiol mit einem breiten Lächeln. Sie konnte sehr hübsch aussehen. »Und englisches Blut ebenso wenig.«
»Na ja, man kann nicht alles haben«, sagte Modo und war verblüfft, als ihm die Kapitänin ein noch breiteres Lächeln schenkte. Einen Augenblick lang verstand er, warum die Icarier ihr Gefolgschaft leisteten.
»Also, auf nach draußen.«
Auf ihr Zeichen hin, stieg einer der Genossen nach oben und öffnete die Luke. Reines, strahlendes, herrliches Sonnenlicht fiel in das Schiff. Modo stellte sich in den Lichtkegel und genoss die warmen Strahlen auf Kopf und Schultern. Er hatte die Sonne vermisst!
»Kommt, meine Freunde, gehen wir an Deck«, sagte die Kapitänin und kletterte die Leiter hinauf.
Modo fühlte sich wie ein Maulwurf, der sich aus der Erde wühlte. Er stieg oben durch die Luke auf das Deck der Ictíneo . Mit der Hand schirmte er seine Augen ab: Ringsherum erstreckte sich der endlose Ozean, so weit man auch schaute. Er atmete tief ein. Fast hatte er sich schon an die feuchte Luft in dem Unterseeschiff gewöhnt.
Jetzt konnte er auch die wahre, tatsächlich beeindruckende Länge der Ictíneo klar erkennen: Das gesamte Schiff maß mindestens siebzig Meter und schimmernde Kupfernieten hielten es zusammen. Die einzelnen Metallplatten waren leicht überlappend wie Fischschuppen angebracht. Über das Deck waren Strecktaue gespannt, sodass Seeleute vom Heck zum Bug gelangen konnten, ohne Gefahr zu laufen, von einer Welle über Bord gespült zu werden.
»Ist sie nicht eine Schönheit?«, sagte Kapitänin Monturiol. »Wir stehen auf dem Traum meines Vaters. Sind Ihnen die überlappenden Platten des Rumpfes aufgefallen? Das hat mein Vater der Natur abgeschaut.«
Modo hörte das mittlerweile nur allzu vertraute Husten und sah sich nach Griff um. Selbst im strahlenden Sonnenlicht blieb der Junge unsichtbar. Griff hatte davon gesprochen, die Kontrolle auf dem Schiff übernehmen zu wollen, während es über Wasser war. Sollte der Huster ein Signal sein? Doch das Unterfangen erschien hier aussichtslos, denn weit und breit war kein Land in Sicht.
Die kleine Gruppe schlenderte zum Bug der Ictíneo und Modo atmete immer noch tief ein – die Luft kam ihm süßer vor als je zuvor. »Ihr Vater muss ein beeindruckender Mann gewesen sein«, sagte er zur Kapitänin.
»Das war er, Mr Warkin. Er war ein Mann von seny i rauxa – von Verstand und Leidenschaft. Er glaubte daran, dass Männer und Frauen ebenbürtig sein sollten. Nur weil er ein Freigeist war, musste er sich vor der spanischen Polizei verstecken. Er hat meinen Schwestern und mir jeden Tag aus dem Exil in Frankreich geschrieben. Seine Liebe galt in erster Linie der Familie und an zweiter Stelle stand der Traum, ein Unterseeschiff zu bauen.«
»Ich hätte ihn gern kennengelernt«, sagte Colette mit weicher Stimme.
Spielt sie uns bloß etwas vor?, rätselte Modo. Aber ihre Worte klangen sehr aufrichtig.
»Die spanische Regierung hat ihn umgebracht.«
»Er wurde ermordet?« Modo umklammerte das Strecktau.
»Von Bürokraten! Von Schreibtischtätern und kleingeistigen, feigen Generälen in Madrid! Sie haben sein erstes Tauchboot aufs Trockene gesetzt und für nutzlos erklärt. Aus Neid auf uns Katalanen haben sie bei einer Kollision Abfallholz daraus gemacht. Dann haben sie meinen Vater ins Gefängnis gesperrt, nur weil er politische Flugblätter gedruckt hatte. Es hat ihm das Herz gebrochen, dass sein erstes Unterseeschiff zerstört wurde und er am Schluss seinen Traum nicht verwirklichen konnte. Das hat ihn letztlich umgebracht.«
Ach so, dachte Modo, er wurde gar nicht wirklich
Weitere Kostenlose Bücher