Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
er dann sein würde! Der perfekte Hund. Bereit, Jagd auf sehr viel größere Beute als Enten zu machen.
Jagdhunde waren nur der Anfang. Die eigentliche Bewährungsprobe würde darin bestehen, die Tinktur am Menschen zu testen.
Ein leises Beifallklatschen schreckte ihn aus seinen Gedanken.
» Bravissimo, Doktor.« Es war eine Frauenstimme mit einem ungewöhnlichen Akzent.
Hyde fuhr so schnell herum, dass er beinahe gestürzt wäre. Der Eindringling stand am hinteren Ende des Kellers in Dunkelheit gehüllt.
»Wie sind Sie hier hereingekommen?«
»Durch die Tür natürlich. Es ist eine Schande, dass einen Mann von Ihrem Format finanzielle Schwierigkeiten zwingen, seine Dienstboten zu entlassen.«
»Wer sind Sie?«
»Ich stehe im Dienst einer bedeutenden Sache. Unsere Organisation hat Sie bereits seit Jahren im Auge, Dr. Hyde.«
Er deutete mit seiner Feder in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Ich tue nichts Unrechtes. Arbeiten Sie für die Polizei?«
Sie lachte kalt. »Nein, ich zähle nicht zu den Lakaien Ihrer Regierung. Wie gesagt, ich bin die bescheidene Dienerin einer Gilde Gleichgesinnter – Menschen, die sich nicht fürchten, den Status quo infrage zu stellen. Lassen Sie es mich so formulieren: Mein Auftraggeber hat großes Interesse an Ihrer Forschungsarbeit. Sie müssen über einen erstaunlichen Geist verfügen, um Uhrwerke und Chemie in dieser Tiefe zu begreifen. Wir interessieren uns für beides, insbesondere für Ihren Trank.«
»Es ist eine Arznei. Kein Trank.«
Sie trat ins Licht und Hyde verschlug es den Atem. Sie war geschmeidig, blass und schön. Ihr glänzendes rotes Haar war zu einer komplizierten Zopffrisur geflochten. Hyde hatte sich lange Zeit für immun gegen derlei Schönheit gehalten, doch er konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden und war sprachlos. Dann bemerkte er, dass ihre linke Hand durch einen Haken ersetzt war. Das Metall schimmerte in dem dämmrigen Kellerlicht. Er rückte seine Brille zurecht und kniff die Augen zusammen.
»Ihre Hand«, begann er. »Ich hätte sie durch ein sehr viel besseres Instrument ersetzt.«
»Oh, das glaube ich gern«, erwiderte sie und verbarg den Haken hinter ihrem Rücken. »Doch letzten Endes war es nichts weiter als eine Hand. Ein Mann mit Ihren Visionen verdient ein weitaus anspruchsvolleres Betätigungsfeld. Danach verlangen Sie doch, nicht wahr, Dr. Hyde?«
Er ließ seinen Blick über den schlafenden Hundekörper schweifen, über das Aufziehmodell auf dem Tisch und die abbröckelnden Kellerwände und richtete ihn dann erneut auf die Frau. »Ja, das stimmt.«
»Nun, verehrter Doktor, dann haben wir einiges zu bereden.«
D ie große Kutsche ratterte mit einem Sammelsurium an Kuriositäten heran: Windspiele aus Katzen- und Schweineknochen hingen am Wagen, ausgebleichte Bärenschädel baumelten an Drähten und drei geschrumpfte Affenköpfe waren auf Pflöcke gesteckt. Ihre Glasaugen starrten in den nahenden Winter hinaus. Das Gebimmel der Glöckchen an den Zügeln warnte umherirrende Geister davor, sich zu nähern. Die Kutsche wurde von vier Pferden gezogen, deren Hüftknochen aus dem geschundenen Fleisch hervorstachen und auf deren Haut die Peitschenhiebe unzählige Narben hinterlassen hatten. Hinter ihnen saß, zusammengekauert und in einen dicken, abgetragenen Mantel und einen Schal gehüllt, ein altes grauhaariges Männlein.
Der hochgewachsene, schlanke Herr beobachtete, wie sich der Wagen über eine abschüssige, zerfurchte Straße im Mondlicht näherte. Ein kalter Wind stellte seinen knielangen Paletot auf den Prüfstand, doch er fröstelte nicht. Sein kurz geschnittenes Haar, weiß von Geburt an, leuchtete in dem fahlen Licht. Seine scharfen Augen wanderten suchend über das herannahende Gefährt, erfassten alle Einzelheiten, von dem frierenden Kutscher bis zu den klappernden Knochen, und blieben schließlich an den Worten MERVEILLES ET MORT hängen, die in roten Lettern auf der Seite der Kutsche prangten und im Schein der hin und her schwingenden Laterne aufblitzten: MERVEILLES ET MORT – Wunder und Tod. Er hoffte, ein Wunder in der Kutsche zu finden. Sein ganzes Leben und einen beträchtlichen Teil seines Vermögens hatte er darauf verwandt, Menschen mit außergewöhnlichen Begabungen aufzuspüren. Die Berichte über dieses fahrende Kuriositätenkabinett, das durch die französische Provence tingelte, klangen äußerst vielversprechend.
Auf einer Seite der Kutsche flatterte knatternd eine Fahne mit Totenkopf
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