Mission Clockwork

befolgen. Allerdings war seine Haut gelb geworden, weshalb Hyde zu dem Schluss kam, dass er vielleicht keine Versuche mehr an Mitarbeitern durchführen sollte. Es würde schwierig werden, einen neuen Assistenten zu finden und anzulernen, sollte der Junge sterben.
    Er positionierte die Murmeln in den Augenhöhlen und mit einem Mal wirkte der Spatz lebendig. Hyde entledigte sich der Teleskoplinse und drehte an einem Schlüssel, um das Federwerk im Inneren des Vogels aufzuziehen. Dann setzte er den Spatz auf die Tischplatte, wo er im Kreis hüpfte und dreimal zwitscherte. Das Vorhaben war gelungen!
    Plötzlich ertönte ein lautes Wumm und Hyde blickte auf. Das schien an der Hafenanlage gewesen zu sein. Sie lag ein paar hundert Meter entfernt den Hügel hinunter und von der Höhle aus war der Blick teilweise von Palmen verdeckt. Hyde schlurfte zum Höhlenausgang und sah, dass wieder einmal ein Dampfschiff angelegt hatte. Das war kein großes Ereignis, denn alle paar Tage kamen Dampfschiffe an. Vielleicht war eine neue Ladung Schießpulver eingetroffen.
    Er ließ den Blick etwas weiter über den Strand schweifen und freute sich, dass das Luftschiff Vesuvius an dem großen, schwarzen Eisenturm festgemacht hatte, eine riesige schwebende graue Wolke, die am Boden vertäut war. Er hatte einmal das Luftschiff gesehen, mit dem Henri Giffard von Paris nach Trappes geflogen war, aber die Vesuvius war fünfmal so groß. Der dampfbetriebene Propeller drehte sich langsam. Hyde war immer wieder aufs Neue beeindruckt von der Vesuvius  – sie war wie ein Blick in die Zukunft.
    Nach ein paar Minuten kehrte Dr. Hyde an seinen Tisch zurück, und während er den Spatzen streichelte, schweiften seine Gedanken zur Londoner Gesellschaft für Wissenschaft ab. Diese beschränkten Herren wären verblüfft, wenn sie wüssten, was er während der letzten Jahre vollbracht hatte. Wenn er an sie und die Parlamentarier dachte, die ihn als wissenschaftlichen Frevler gebrandmarkt hatten, kochte in ihm immer noch die Wut hoch.
    Â»Wovon träumen Sie?«
    Als er den schnurrenden Klang ihrer Stimme hörte, stellten sich ihm die Nackenhärchen auf. Er drehte sich zu der Frau um, die er nur als Ingrid kannte. Sein analytischer Geist wünschte, er könnte die Schläge seines hüpfenden Herzens messen, um anhand der Auswertung zu ermitteln, ob es Liebe war oder nicht. Ach, er verhielt sich wieder einmal wie ein Narr. Er war ja wohl zu alt für die Liebe.
    Â»Wovon ich träume?«, erwiderte er und räusperte sich. »Ach, das ist kompliziert. Weshalb ich gerade erst heute Morgen kurz vor einer großartigen Idee stand und sie doch nicht weiter vertiefte. Es ist besser, wenn ich mich auf die Tinktur konzentriere. Ich sehe so viele wunderbare Dinge vor mir, die darauf warten, erschaffen zu werden.«
    Â»Wie das hier?«, fragte sie und hob ihren Arm. Der Haken war durch eine glänzende Metallhand ersetzt worden. Die Hand, deren Fingerknöchel aus Messingscharnieren bestanden, öffnete und schloss sich leise; selbst die goldenen Fingernägel waren perfekt.
    Meine Konstruktion hat sie noch schöner gemacht, dachte Hyde. Sie war die tapferste Patientin, die ihm je begegnet war. Sie hatte ihre Augen vertrauensvoll offen gehalten, während er die Operation durchführte, und kein einziges Mal aufgeschrien, als er Klaviersaitendraht an ihren Sehnen befestigte.
    Â»Funktioniert sie noch einwandfrei?«
    Sie krümmte die Finger klickend zur Faust. »Ja, selbstverständlich, dank Ihnen.« Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. Er spürte, wie er rot wurde.
    Â»Ich stehe kurz davor, das volle Potenzial der Tinktur zu erreichen«, stotterte Hyde. Bei diesen Worten entfuhr einem der Schimpansen ein Heulen. Der Doktor blickte dem Affen in die Augen. Schimpansen waren sogar noch intelligenter, als er angenommen hatte. Vielleicht würden sie sprechen, wenn er ihre Kiefer und die Zungen verstärkte? Würde vielleicht ein neuer Kehlkopf …
    Â»Was wollten Sie gerade sagen, Doktor?«
    Â»Oh ja, natürlich. Die Tinktur ist fast für den Einsatz beim Menschen bereit. Und ich habe nach all den Jahren beschlossen, ihr einen Namen zu geben: Lykaeunium.«
    Â»Ah, ein sehr kluger Name.«
    Hyde zog eine Augenbraue hoch. »Sie wissen, warum ich diesen Namen gewählt habe?«
    Â»Ich habe die griechischen Mythen gelesen, mein