Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Clockwork

Mission Clockwork

Titel: Mission Clockwork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Slade
Vom Netzwerk:
wusste, dass ein Sohn von seinem Vater lernen sollte. Man hatte ihm gesagt, dass er als Kind ausgesetzt worden war und keinen Vater hatte, also sehnte er sich zumindest nach der Aufmerksamkeit seines Herrn und Gebieters. Er fragte sich, was Mr Socrates wohl tat, wenn er sich nicht auf Ravenscroft aufhielt. Manchmal vergingen Monate ohne die wöchentlichen Besuche, und wenn Mr Socrates wieder auftauchte, verband er die Erklärung für seine Abwesenheit stets mit einer Überprüfung von Modos Wissensstand, wie zum Beispiel: »Ich war in Afghanistan. Zeig mir das Land auf der Karte.«
    Auch jetzt war er schon seit über einem Monat unterwegs, aber Tharpa war pünktlich wie ein Uhrwerk zum Unterricht erschienen. »In meiner Anwesenheit musst du die Maske nicht tragen, Modo«, sagte Tharpa. »Und du wirst dich nicht immer während eines Kampfs dahinter verstecken können.«
    Modo löste die Knoten, nahm die Maske ab und legte sie auf einen Tisch. Er fühlte sich nackt. Das war kein Gesicht, das die Welt sehen sollte. Mr Socrates hatte ihm das gesagt und außerdem vor längerer Zeit darauf bestanden, dass Mrs Finchley einen Spiegel in seinem Schlafzimmer aufhängte. Modo hatte sich allerdings immer noch nicht an sein eigenes Spiegelbild gewöhnt.
    Â»Wir machen jetzt einen Trainingskampf«, forderte Tharpa und ließ seine Fingerknöchel knacken.
    Modo hob die Fäuste.
    Â»Nein, weder Boxen noch Savate.« Tharpa griff nach zwei langen Bambusschwertern. »Japanischer Schwertkampf – Kenjutsu.« Er warf Modo ein Schwert zu und griff ihn umgehend an, was Modo zwang, zu parieren. Sie bewegten sich langsam seitwärts. Das rhythmische Tick und Tack wirkte hypnotisierend auf Modo und so war er völlig überrascht, als Tharpa plötzlich gegen einen kleinen Schemel trat und ihn gegen sein Knie schleuderte.
    Â»Alles kann eine Waffe sein, Modo. Selbst dein eigener Atem.«
    Modo lachte, aber Tharpa blickte ziemlich ernst drein. Einen Moment später lächelte er.
    Â»Selbstverständlich hängt es davon ab, was du gegessen hast. Knoblauch und Zwiebeln – sehr gefährlich.«
    Diesmal brach Modo in schallendes Gelächter aus und als Tharpa im selben Augenblick mit dem Schwert in seine Richtung zustieß, parierte er mit Leichtigkeit.
    Â»Lachen entspannt die Muskeln«, erklärte Tharpa. »Deine Technik ist jetzt natürlicher. Bei Zorn verkrampfen die Muskeln.«
    Modo ging zum Gegenangriff über und Tharpa parierte.
    Â»Wie lange muss ich noch hier drinnen bleiben?«, wollte Modo wissen.
    Â»Der Sahib entscheidet darüber.«
    Â»Hat er dir gesagt, wie lange?«
    Â»Der Sahib hat mich nicht in seine Pläne eingeweiht.«
    Modo glaubte, eine Blöße entdeckt zu haben, und stieß mit dem Bambusschwert nach unten, doch Tharpa wehrte den Angriff ab. Modo betrachtete aufmerksam die ruhigen Augen seines Lehrers. »Wenn du mich ansiehst, zuckst du nicht zusammen«, stellte er fest.
    Â»Dazu besteht kein Grund«, erwiderte Tharpa.
    Modo wich eine Sekunde zu spät zur Seite aus; der Bambus traf mit einem schmerzhaften Schlag seine Schulter.
    Â»Sogar Mr Socrates schreckt bei meinem Anblick ein wenig zurück.«
    Tharpa zuckte mit den Schultern und stieß mit dem Schwert nach unten gegen Modos Bein.
    Â»Au!«
    Â»Keine Klagen«, sagte Tharpa sanft. »Der Ausdruck von Schmerz stachelt den Gegner nur an.« Dann trat er zurück, hob eine Hand und erklärte: »Das Auge sieht nur das, was der Geist es sehen lässt.«
    Â»Was meinst du?«
    Â»Ich war einst unsichtbar. Ich bin in Bombay geboren und aufgewachsen. Ich war ein Dalit, ein Unberührbarer. Mein Vater beseitigte Tierkadaver und in den Augen der Angehörigen höherer Kasten existierte er nicht. Eines Tages wurde er von einem Wagen überrollt. Niemand kam ihm zu Hilfe, als er am Boden lag. So starb er und ich war auf mich allein gestellt. Ich konnte die Arbeit mit den toten Tierkörpern nicht länger ertragen und ging deshalb zur Armee, wo ich Mr Socrates’ Offiziersbursche wurde. Er sah etwas in mir. Er sagte, ich sei von flinker Hand und wachem Geist, doch meine Vergangenheit laste zu schwer auf mir. Also gab er mir einen neuen Namen, um mich von meiner Vergangenheit zu befreien. Als Tharpa bin ich nicht länger ein unberührbarer Dalit. Aber er ließ mich auf andere Art unberührbar

Weitere Kostenlose Bücher