Mission Eureka

mit
dem, was sie vorhatte, war das in Washington allerdings ein Kinderspiel
gewesen.
    Zehn Minuten später klopfte sie an Swanns Tür.
Sie zitterte. Sie klopfte erneut. Nichts. Keine Antwort. Sie drückte
die Klinke herunter. Die Tür war offen. Sie schaute hinein: Der Raum
war leer. Sie ging zu seinem Schreibtisch und warf einen verstohlenen
Blick auf seinen Notizblock. Eine dreistellige Ziffer war darauf
gekritzelt, sonst nichts. Das war der Code, der die Tür zum
Versuchsraum öffnete. Sie ging hinaus, folgte einem langen Gang und
durchquerte die Halle. Dabei begegnete sie mehreren Technikern, aber
niemand hielt sie an. Sie kam an einen Gang, über dem ein großes rotes
Schild prangte mit der Aufschrift: ›Zutritt für Unbefugte streng
verboten‹. Sie wußte, daß er dort war und mit seinem kleinen schwarzen
Kasten herumexperimentierte. Sie drehte sich kurz um, um zu sehen, ob
irgend jemand sie beobachtete, und ging dann schnell den Gang hinunter.
Am Ende des Ganges war eine Tür, über der eine rote Lampe leuchtete.
Sie blieb stehen, klopfte, und sofort wurde ihr klar, daß kein Geräusch
durch den dicken Stahl dringen konnte. Sie warf einen Blick auf die
Tastatur in der Wandnische und fluchte leise. Sie tippte die Nummer
ein â€“ und das rote Licht sprang auf Grün um.
    Swann
war mit seiner Checkliste fertig. Rasch rollte er vom Schaltpult zurück
auf die andere Seite des Raumes und sprach in ein kleines Diktiergerät:
»Experiment Nummer dreiundsiebzig, Versuchsreihe B ; K -7 muß
ein feindliches Objekt identifizieren und neutralisieren.« Dann schaute
er auf. Mädler stand auf der obersten Planke eines kastenförmigen
Gerüstes, einen Stroh-Dummy zu seinen Füßen, in der Hand ein Seil.
    Â»Aus
Sicherheitsgründen«, fuhr Swann fort, »lassen wir bei diesem Versuch
das Objekt von oben herab.« Er schaltete das Diktiergerät ab, nickte
Mädler zu und sagte: »Okay, laß den Burschen runter. Langsam, ganz
langsam!«
    Mädler legte das Seil um den Dummy, knotete es fest, hievte ihn über den Rand des Gerüsts und ließ ihn hinunter.
    Â»Langsam!«
wiederholte Swann. Die Beine der Strohpuppe baumelten in der Luft.
Kleine Strohspäne lösten sich und schwebten zu Boden. Swann schaute auf
das Schaltpult. Diesmal würde es heikel werden; die Maschine würde
keine Anweisung von ihm bekommen. Der Computer mußte alle
Entscheidungen allein treffen â€“ auch die letzte, K -7
war zum ersten Mal ganz auf sich gestellt. Es war allein seine Aufgabe,
die potentielle Gefahr zu wittern und auszuschalten. Der Dummy baumelte
sanft hin und her, als er sich â€“ Zentimeter um Zentimeter â€“
langsam heruntersenkte. Swanns Blick huschte nervös zwischen ihm und
dem Schaltpult hin und her, dann hinauf zu Mädler und wieder zurück zu
dem Dummy. Seine Hände waren feucht vor gespannter Erwartung.
    Da ging die Tür auf.
    Swann
reagierte instinktiv. Mit einem gellenden ›Meike!‹ stieß er sich aus
dem Rollstuhl. Sein linker Fuß schlug mit einem harten, klatschenden
Geräusch auf den Kachelboden, wobei sich der Wadenmuskel spannte, um
sein Gewicht aufzufangen. Dann stieß Christopher Swann sich mit dem
linken Fuß vom Boden ab, machte einen taumelnden Schritt auf sie
zu â€“ und stürzte sich ihr entgegen wie ein Schwimmer, mit
ausgestreckten Armen. Er erwischte sie in der Körpermitte und riß sie
zu Boden. Noch während sie stürzten, hörte er das scharfe, schnappende
Knistern von brennendem Stroh, als die Laserfinger über seinen Kopf
hinwegzischten und den Dummy in Brand setzten. Sie lag unter ihm, er
fühlte ihren weichen, warmen Körper, aber auch einen stechenden Schmerz
in der rechten Kniescheibe, die gegen den Türrahmen gekracht war.
Zappelnd versuchte sie, sich unter ihm hervorzuwinden. Er stützte sich
auf die Ellbogen und starrte sie mit fassungslosem Blick an. »Du
verdammter Plagegeist«, sagte er. »Du hast die ganze Zeit recht gehabt.«
    Er
konnte es noch immer nicht glauben. Aber zum ersten Mal in seinem Leben
machte es ihm nichts aus, zuzugeben, daß er sich geirrt hatte. Zum
ersten Mal in seinem Leben war er glücklich über einen Irrtum. Er hatte
den ersten Schritt gemacht. Und er brauchte nicht auf seinen
wissenschaftlich geschulten Verstand zurückzugreifen, um zu dem Schluß
zu kommen, daß, wenn er den ersten Schritt machen