Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
es schlicht so gewesen, dass keine der Damen am Hof Thules – und waren sie auch noch so reizend, gebildet, gut gewachsen oder alles zusammen – einen Vergleich mit den Elfen bestehen konnte.
Ebenso wenig war es Wenduul möglich gewesen, nicht zu vergleichen, und so war er, abgesehen von einigen kurzweiligen Unterbrechungen, ohne eine Frau an seiner Seite alt geworden.
Meistens bedauerte er diesen Umstand nicht. Er war gerne alleine und sollte er doch einmal Gesellschaft brauchen, so standen ihm etliche Türen jederzeit offen, nicht zuletzt die des Königs und des Legaten. Manchmal jedoch, wenn auch selten, fühlte er sich einsam und das war ein ganz anderer Zustand, als alleine zu sein. In dieser Schwermütigkeit kam es dann vor, dass er in der Gestalt eines anderen durch Thule schlich, durch Fenster spähte, Familien bei Alltäglichkeiten beobachtete oder ein Liebespaar belauschte.
In jenen, Araas sei gelobt, sehr seltenen Momenten, war ein Besuch bei Thore, dem Vater des jetzigen Königs, aber auch keine Hilfe gewesen, denn der pflegte ihn dann wissend anzulächeln und das Gefühl, in seiner geheimen Qual durchschaut zu sein, traf den Magier stets bis ins Mark.
Im Hause Dornruhe aber – sofern Legat Egwynn Gelegenheit hatte, Zeit in seinem Heim zu verbringen – schlug die Harmonie einer Zweisamkeit wie eine Welle über ihm zusammen und ließ ihn noch mehr in seinen Kummer versinken.
So schlich der mächtige Magier also in übler Stimmung durch die nächtlichen Straßen Thules und das war, hätte jemand darum gewusst, durchaus eine Vorlage für eine Geschichte, geeignet, unwilligen Kindern die Suppe in den Mund zu zwingen.
Jenes dunkle Kapitel in seinem langen Leben aber, jener kurze Augenblick der mangelnden Selbstzucht, jenes egoistische Auflodern, das ihn seine Macht missbrauchen ließ, würde wohl auch deren Eltern einen Schauer über den Rücken jagen. Scham machte sich, all die Jahre danach, in ihm breit, wenn er daran dachte; und so auch jetzt.
Wieder einmal nahmen die Dämonen Besitz von ihm und geschwächt, wie er war, ergab er sich den Erinnerungen. Fast drei Jahrzehnte war es her und er sah wieder seine Hand den Henkel eines Kruges derart umklammern, dass die Knöchel weiß hervortraten. Kräftige, schlanke Finger. Noch ohne die Makel des Alters war er, obwohl sechzigjährig, in bester Verfassung, denn die Kraft der Magie hielt ihn noch jung, seinen Körper geschmeidig und seine Haltung gerade, auch wenn sie letztlich nur das Unvermeidliche verzögerte.
Heftig getrunken hatte er, denn der Wein half ihm manches Mal, wie er manches Mal noch verstärkte, was er doch lindern sollte. Sich treiben lassend, war er in eine der vielen Schenken im Handelsviertel geraten und mitten in eine Gesellschaft hinein. Ein junges Paar hatte sich einander versprochen und feierte das Gelöbnis. Da fiel ein gut gekleideter Gast nicht weiter auf; nicht wenige seiner Zeitgenossen schlugen sich, durch ungeladenen Besuch ähnlicher Veranstaltungen, ganz angenehm durchs Leben.
Schmarotzen war Wenduuls Sache aber nicht. Runde um Runde spendierte er auf das Wohl des jungen Glücks, gab sich gut gelaunt und hatte den Geldbeutel so weit geöffnet, wie er sein Herz und seine Gedanken verschlossen hielt.
Das Paar selbst war in dem Trubel für ihn nicht auszumachen, doch es verlangte ihn auch nicht danach, das Glück anderer zu teilen, sondern vielmehr danach, sein eigenes Unglück zu verdrängen. Er wähnte sich in seinem angetrunkenen Zustand sicher, scherzte mit den Gästen, war geistreich, weltgewandt und witzig – kurz, er tat alles mit Ausdauer und überzeugend, was er sonst zu verachten pflegte.
Ein solcher Gast bleibt nicht lange unbemerkt und bald erkundigte sich der Gastgeber nach diesem Füllhorn an Geschichten und Talern und stellte sich ihm als Menhin von Fenhuuk vor.
Ganz begeistert war er von Wenduuls Wissen und Erfahrung und begierig, zu hören, wie man zu diesem oder jenem in der fernen Stadt Bromdaal – denn Wenduul hatte sich als ein Mann des dortigen Herzogs ausgegeben – stand.
Wider Willen beeindruckte die Offenheit des jungen Kaufmannes auch ihn und seine geistreiche Freundlichkeit nahm ihn gefangen. So nahm er die Einladung, der Dame des Abends vorgestellt zu werden, an und als jene sich, im munteren Gespräch unterbrochen und mit erhitzten Wangen, ihm zuwandte, da war ihm, als würde etwas in ihn greifen, seine Eingeweide zusammenpressen und ihm die Luft nehmen.
Es gab sie also doch, die Frau,
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