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Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)

Titel: Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick R.Ullrich
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vibrierte plötzlich in seiner Stimme. »Gut. Sind sie eben darum hier«, versuchte Luthien einzulenken, der zwar merkte, dass hier etwas falsch lief, aber keine Ahnung hatte, was. »Sie sind zu mir gekommen! Freiwillig!« Besänftigend hob der Elf die Hände, aber ohne Erfolg. Aufgeregt und bleich stand das Kind da und zeigte anklagend auf ihn. »Weil ich sie schütze!«, schrie das Mädchen. »Weil ich sie schütze!«, schrie es wieder und wieder. »Sie sind meine Tiere und ich schütze sie! Meine Tiere! Meine. Und ich schütze sie! Gegen jeden. Möchtest du sehen, wie ich sie schütze? Möchtest du das? Im Dorf möchten sie es bestimmt nicht sehen, aber vielleicht ja du?«
    Abgesehen von der kindlichen Gestalt, wirkte es nicht mehr wie ein kleines Mädchen und Luthien merkte erstaunt, dass ein neues Gefühl sich in ihm ausbreitete. Drohend hatten ihre letzten Worte geklungen und er registrierte, wie Kräfte rings umher zu wirken begannen. Gras, Laub und Geäst um das Mädchen herum fingen an, zu rauchen und in Panik stoben die Tiere auseinander, und die Vögel suchten, flatternd und Warnrufe schrillend, das Weite. Wabernde Flammen, noch durchscheinend, umgaben das Kind, schienen ihm aber nichts anzuhaben und Luthien fühlte, wie die Hitze unerträglich wurde und nur das Kind selbst davon verschont blieb. Das eben noch saftig grüne Gras rollte sich verschmort zusammen und Brandgeruch füllte die Lichtung. Schon wurde aus dem rauchenden Unterholz ein Feuer, das leckend und züngelnd um sich griff, und die vom langen Sommer ausgetrockneten Stämme empor kletterte. Erst da fand Luthien zu sich selbst, riss die Arme hoch und rief mit hallender Stimme:
    »Deine Tiere! Bei Araas. Deine Tiere! Weil du sie schützt! Aber halt ein, sonst werden sie die Ersten sein, die sterben.« Seine Worte verfehlten ihren Zweck nicht, denn erst im letzten Moment hatte Luthien verstanden, um was es hier ging. Die Tiere, die das Kind so vehement für sich in Anspruch nahm, mochten es nicht trotz, sondern wegen seiner Fähigkeiten. Fast zu spät hatte er das erkannt. Der Zauber aber ließ nach und es kostete ihn alle Mühe, dafür zu sorgen, dass der Brand sich nicht verselbstständigte. Aber die Magie der Elfen, derer er durchaus mächtig war, auch wenn er den Kriegern angehörte, war die der Natur, und so ließ er den Bach über die Ufer treten, um die verbrannte Erde zu kühlen. Die angesengten Stämme löschte er mit seinem Umhang, sang flüsternd zu Gras und Blumen und sah schließlich den schlimmsten Schaden behoben. Erst dann wandte er sich dem Mädchen zu, das nun wieder nicht mehr als ein ziemlich struppiges, kleines Mädchen war und zudem völlig erschöpft. Mit schweißglänzendem Gesicht stand sie da und schaute unsicher drein.
    »Meine Tiere ...«, flüsterte sie noch einmal, trotzig und kraftlos, taumelte und sank zu Boden. Luthien war mit einem geschmeidigen Satz bei ihr und fing sie auf. Sorgsam ließ er sich mit ihr am Bach nieder, benetzte Gesicht und Arme mit Wasser und summte eine beruhigende Melodie. Als der kleine Körper sich entspannte, zeigte sich auch ein friedlicher Ausdruck im Gesicht des Kindes. Seine verletzten Gefühle zu heilen, vermochte er aber nicht. Dessen war sich Luthien wohl bewusst. Und er war sich der Gefahr bewusst, die sich darin verbarg. Allzu leicht konnte jemand, der erkannte, von welcher Art des Mädchens Schmerz war, sich dessen bedienen und es beeinflussen. Welche Macht in diesem Alter! Der Geistgreifer war so stark nicht gewesen, als er bei seinem Volk weilte und damals war er bereits ein junger Mann. Aus ihm aber war der mächtigste Magier der Welt geworden. Was also würde aus ihr werden? So dachte Luthien, Fürst der Auenmark, und er hörte die Stimme seiner Herrin im Kopf: »Wenn sich aber erweisen sollte, dass es zur falschen Seite neigt, tötet es!«
    Wie von selbst lag sein Dolch in seiner Hand und es fühlte sich vertraut an. So vertraut. Das Kind aber schlief und spürte den kalten Stahl an seiner Kehle nicht, während Luthien den schwierigsten Kampf seines Lebens, nämlich den mit sich selbst, focht. Schon ritzte die Schneide die zarte Haut des Mädchens und einzelne hellrote Bluttropfen quollen hervor. Da riss Luthien in verzweifeltem Zorn den Arm hoch und warf den Dolch mit solcher Wucht, dass er bis zum Heft ins Holz drang. Still wiegte er das Kind in seinen Armen. Zwei Tage dachte er, zwei Tage werde ich beobachten und hoffentlich auch verstehen. Dann werde ich eine

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