Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
komischer Name. Geistgreifer. Wirklich komisch.«
»Es ist der Name, der ihm von den Elfen verliehen wurde und sie tun das nur bei den Hervorragendsten, gleich welchen Volkes«, erklärte er mit lindem Vorwurf.
»Dann würde er sich sicher ärgern, wenn ich darüber lache, nicht?« Sprach es und lachte gleich darauf noch einmal auf. Luthien aber schüttelte irritiert sein Haupt. »Also, du bist wirklich ein Mensch, Kind. Das steht außer Frage.«
»Wie ist der Geistgreifer? Ist er nett?«, fragte sie übergangslos und brach erneut, als sie den Namen nannte, in ein nicht enden wollendes Gelächter aus. Luthien sah tadelnd auf das sich rollende Bündel auf seinem Schoß. Im Grunde aber freute auch der Elf sich – möge Meister Wenduul ihm vergeben – über die Heiterkeit des Kindes, denn Lachen ist womöglich die beste Medizin für eine geschundene Seele. »Der Gei ...«, setze Luthien an, besann sich dann aber anders, »... Meister Wenduul war lange als Gast bei den Elfen. Ich glaube schon, dass man dazu, unter anderem, auch nett sein muss. Aber jetzt wäre ich dir verbunden, wenn du mich aufstehen ließest. Ich bin nicht sicher, ob meine Arme und Beine noch ihren Dienst tun und ich habe Hunger.«
Eher unwillig gab sie den Fürsten frei, stellte sich vor ihn und sah an ihm hoch, während er die steifen Glieder reckte. »Ich möchte auch einen Namen. Gibst du mir einen?« »Ich denke nicht, dass das recht wäre. Nicht jetzt. Vielmehr meine ich, du solltest dir selbst einen Namen wählen. Aber wähle in Ruhe und mit Bedachtsamkeit, denn im Allgemeinen trägt man einen Namen ein Leben lang.«
Belustigt sah er, wie sich sofort wieder jene Falte auf der kindlichen Stirn bildete und tiefes Grübeln verhieß. »Mit Ruhe und Bedacht ...«, mahnte er erneut und sah erfreut, wie sich die Falte glättete.
»Ich habe auch Hunger. Was wollen wir essen?«
»Wie wäre es mit Fisch?«, fragte der Elf und sah sofort, wie sich Schatten über das Antlitz der Kleinen legten. Dann aber verstand er und mit beschwichtigender Geste sagte er hastig: »Deine Tiere! Weil du sie schützt! Wenn ich es recht bedenke, wären ein paar Nüsse und Beeren sehr appetitlich. Vielleicht schauen wir, ob wir Wildbienen finden und ob sie einverstanden sind, ihre Wintervorräte mit uns zu teilen. Erhält das deine Zustimmung?« Statt einer Antwort streckte sie die Arme aus und wieder dauerte es einen Moment, bis Luthien ihre Absicht erkannte. Dann setzte er sie auf seine Schulter, hieß sie, sich in seinem Haar festzuhalten und lief in den Wald hinein.
Etwas später, die Sonne hatte ihren höchsten Stand noch nicht erreicht, saßen die beiden am Ufer des Bachlaufs und der Elf beobachtete das Kind beim Spiel im klaren, kalten Wasser. Luthien hatte mit Kunstfertigkeit und dem Hang seines Volkes zum Schönen zwei Schiffchen aus Borke geschnitten und sogar etwas buntes Tuch seiner Schärpe geopfert, um sie mit Segeln auszustatten. Das Kind hatte seine Freude daran und es fand die Miniaturen derart hübsch, dass es sich zuerst weigerte, diese dem schnellen Fluss des Bachs zu überlassen. Luthien argumentierte erfolgreich, dass es aber schon die Bestimmung von Schiffen wäre, Wasser zu befahren und schließlich folgte es begeistert dem hüpfenden, trudelnden und schlingernden Kurs der kleinen Boote und als das erste die Position des Elfen passierte, riss es die Arme hoch, rief: »Thule hat gewonnen!«, und strahlte ihn an. »Probier es gleich noch einmal«, erwiderte er gutmütig. »Ich bin sicher, die Mannschaft des Elfenschiffes hat dazugelernt.« Begeistert nickte das Kind, fischte die Schiffchen rasch aus dem Wasser und lief zu einem großen, flachen Stein, den es als Startpunkt bestimmt hatte, zurück.
So ging das eine ganze Weile und Luthien sah es gerne. Weil er nun aber schon seit mehreren Tagen nicht geschlafen hatte, genauer gesagt, seit seinem Besuch bei Keleb Feuerbar t, gönnte er sich jenen Dämmerzustand, den auch erfahrene Jäger und geübte Soldaten jederzeit und in nahezu jeder Stellung einzuleiten in der Lage sind. Mit halbem Ohr verfolgte er dabei das Spiel des Kindes. Dann aber schien etwas nicht zu stimmen und er brauchte einen Moment, um zu erkennen, was es war und selbst dann traute er seinen Sinnen nicht. Die kleinen Schiffe fuhren nun in entgegengesetzter Richtung an ihm vorbei und – als wäre das nicht genug – floss auch der Bach bergauf. Das Kind aber saß zusammengekauert, die eigenen Knie umklammernd, da, und verfolgte
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