Mission Herodes - Die vier Reiche (German Edition)
in das Ohr des Tieres und legte eine Hand flach auf den mächtigen Brustkorb. Ein ruhiger und tiefer Herzschlag pochte da Vertrauen und der Elf nahm, was es ihm geben konnte. Luft blähte die Lungenflügel des königlichen Tieres und dann hallte sein warnendes Röhren durch den nächtlichen Wald und die Flucht der Tiere begann. Sie mochten der heran eilenden Feuersbrunst entkommen, denn sie waren schnell, weitaus schneller als er mit dem Kind je sein könnte. Als der letzte Waldbewohner an ihm vorbei war, begann auch der Elf zu rennen, erreichte wieder den Baum, versicherte sich mit schnellem Blick des schlafenden Kindes und machte sich ans Werk, der Feuerwalze zu trotzen. Zu beiden Seiten des Baches begann er abgestorbenes Holz, ausgetrocknetes Gestrüpp und niederes Buschwerk zu entfernen, und er nutzte Schwert und Dolch und riss mit bloßen Händen daran.
Während so langsam eine Schneise nackter Erde entstand, wurde die Haut Luthiens rissig, schnitt scharfkantiges Gestein in seine ehemals schönen Hände, hakten Dornen und Zweige an seinem bloßen Fleisch. Aber Luthien hatte keine Acht dafür und nur einmal hielt er für eine kleine Weile inne, um seine zu blutigen Krallen gewordenen Finger mit etwas Stoff aus seiner Kleidung notdürftig zu umwickeln. Mit stiller Verbissenheit fuhr er fort, bis die Hitze des herannahenden Brandes ihn hinter die Linie des kleinen Gewässers drängte. Wieder ließ er den Bach über die Ufer treten, netzte den nun kahlen Boden, von dem sofort Dampf aufzusteigen begann. Erst jetzt stellte er sich merkwürdigerweise die Frage nach dem Ursprung der Feuerwand und er wusste im selben Augenblick um die Antwort, als er das Kind hinter sich sah.
Denn Luthien kämpfte nicht allein. Auch das Kind war in einem Kampf gefangen, während der Feuersturm auf die Schneise Luthiens traf.
Wieder waren es Flammen. Wieder fanden die Träume einen Weg, sich einzuschleichen. Über schöne Bilder, vertraute Bilder: Mors schürt ein kleines Feuer im Freien hinter der Erdhütte. Er raucht. Selten tut er das und er ist ungeübt darin. Gleichwohl ist er der Meinung, besondere Momente in dieser Art feiern zu müssen und ein besonderer Moment ist es wohl, denn die Beutetasche an seiner Seite ist gut gefüllt und der Riemen, der sie hält, schneidet in seinen Nacken.
Sie mag es, wenn es rhythmisch rot im winzigen Glutbecken des Pfeifenkopfes aufleuchtet, aromatische Wolken das bärtige Gesicht, den struppigen Kopf umgeben, sich im Haar verfangen. Manchmal, wenn der satte Rauch ein Auge reizt, wechselt die Pfeife den Mundwinkel, begleitet von einem kurzen, ärgerlichen Brummen. Blinzelnd sieht er dann zu ihr. Ein bisschen ertappt, aber auch belustigt über seine Ungeschicklichkeit, verlegen grienend, und das hält sie davon ab, die kleine Pfote, den rostbraunen Schweif, die da aus der Tasche lugen, bemerken zu müssen. Ihre Tiere ...
Ariane, lachend, mit Augen, in denen der Schalk blitzt. Mit kräftigen Rucken zieht sie Felle ab, legt die kleinen, nun nackten Körper der in Mors Fallen gefangenen Tiere auf Blättern nebeneinander, als würden sie frieren. Wie wenig sie sich selbst noch ähnlich sind, ohne ihr natürliches Kleid, pelzig, flauschig oder samtig und seidig glatt.
Ihre Tiere!
Derngard, die Baderin, hat Gewürze und Salz gebracht, Kostbarkeiten im Tausch gegen ein paar Felle, Innereien und natürlich einer Mahlzeit. Auch die Alte wirkt gut gelaunt. Runzliges Lachen aus einem Mund, der wie eine dunkle Höhle wirkt, in deren Inneren, dem Blick entzogen, Unvorstellbares vor sich geht. Auf Zweigen aufgespießt, brät sie die kleinen Organe, rollt die heißen Stücke mit ihrer Zunge hin und her, pustend, schmatzend.
Ihre Tiere!
Als das Feuer den Pfeifenstiel entlang kriecht, scheint Mors es nicht zu bemerken. Selbst als sein Bart stinkend verbrennt, blinzelt er ihr zu. Über den Boden laufen feine, heiße Spuren, suchend, tastend, sie finden den Saum von Arianes Gewand, und knisternd kriechen sie an der alten Derngard empor, hüllen sie ein, bis nur noch dieser Mund mit den herum rollenden Fleischstücken zu sehen ist. Zur Fackel geworden, zieht Ariane lachend Fell über Ohren, schneidet Köpfe ab, legt weiter Nacktes zu Nacktem.
Dann ist das Feuer überall. Eine Welt aus Feuer. Eine ganze Stadt brennt, größer als sie es sich je hätte vorstellen können. Kaum, dass sie die Grenzen erahnen kann. Über ihr ziehen mächtige Kreuze den Himmel entlang. Lichtfinger greifen nach ihnen. Wie ein Stein
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