Mission Spyflight
versuchte Niko, Maula zu überreden, schneller zu fahren, aber dieser weigerte sich und befahl Niko, endlich die Schnauze zu halten.
In dem Moment legte sich von hinten eine eiserne Faust um Aaros Hals und er spürte, wie seine Fußsohlen vom Boden abhoben.
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Der Brite hielt Aaros Kehle umschlossen, schüttelte ihn und warf ihn mit einer brutalen Bewegung neben den Laptop auf den Navigationstisch.
»Was hast du getan?«, rief er auf Englisch. »Antworte! Was hast du getan? Der Pfeil auf dem Bildschirm bewegt sich nicht mehr!«
Aaro rieb sich den Hals und versuchte, Atem zu schöpfen. Er röchelte und konnte nicht antworten. Von wo war der Mann so plötzlich aufgetaucht? Er musste in der Kabine nebenan gewesen sein, hinter der verschlossenen Tür gleich neben dem Navigationstisch.
»Was ist da los?«, rief Maula vom Cockpit aus. »Warum bewegen wir uns auf dem Bildschirm nicht mehr vorwärts?«
»Die GP S-Verbindung ist unterbrochen!«, brüllte der Brite. Die beiden Muskelprotze, die auf der Couch gelegen hatten, sprangen auf und packten Niko an den Armen.
Der dunkelhaarige Mann ging bereits die Menüs des Computers durch, schien von den finnischen Bezeichnungen aber nichts zu verstehen.
»Wo ist hier COMPORT? Und fahr langsamer, du Schwachkopf!«
|273| Maula drosselte das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit und kommandierte einen der Bodybuilder ans Steuer. Er selbst trat an den Computer und durchsuchte seinerseits zögernd die Menüs. Aaro, der noch immer röchelte und hustete, stellte zu seiner Begeisterung fest, dass auch Maula kein Supernerd zu sein schien. Jedenfalls fand auch er die Einstellungen für die Eingangssignale der GP S-An tenne nicht.
»Damit soll sich einer auskennen«, brummte Maula. »Wir fahren nach der normalen Seekarte … Augenblick mal, sechzehn, zwanzig Meter, der Kurs ist also derselbe …«
In dem Moment hörte man ein scharfes Krachen am Kiel des Bootes. Aaro blickte über Maulas Schulter hinweg auf die Seekarte. Sie befanden sich in der Flachzone nördlich der Felseninsel Reikopu. Dort war auf der Karte eine Tiefe von nur anderthalb Metern eingetragen. Außerdem war der Wasserstand im gesamten Finnischen Meerbusen derzeit auch noch ziemlich niedrig. Trotzdem stoppte das Boot nicht, sondern fuhr weiter, wenn auch in leichtem Zickzack.
»Es hat mit dem Ruder den Grund berührt«, rief der Bodybuilder am Steuer. »Und jetzt fährt es, wie es will.«
Maula stürzte ans Steuer und versuchte, es zu drehen. Das Boot fuhr im Prinzip in die ursprüngliche Richtung, machte dabei aber weite Bögen nach rechts, die man ständig ausgleichen musste. Der Brite stieß einen Fluch aus.
»Uns bleibt nichts anderes übrig, als so weiterzufahren«, rief Maula, wobei die Spucke flog. »Wir können |274| nicht mehr umkehren. Der Frachter wartet am vereinbarten Punkt auf uns! Und wir haben Geiseln … zwei Stück … falls wir nicht eine davon auf der Stelle bestrafen wollen!«
Aaro hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden mehr Drohungen gehört, als Bedarf bestand, weshalb ihn das Geschrei des Lügenkommissars nicht aus der Fassung brachte. Der Mann, der Niko am Wickel hatte, schüttelte diesen demonstrativ, aber eigentlich galt auch seine Aufmerksamkeit eher der Gesamtsituation. Nikos Gesicht war verzerrt und bläulich blass.
Die ganze Situation war Aaro unheimlich. Er schätzte die Geschwindigkeit der Sundancer auf nur noch an die drei Knoten. Aber das würde reichen, vor allem wenn das Frachtschiff, das der Mann gerade erwähnt hatte, in der Nähe war.
In der Navigationskabine rauschte der VH F-Funk . Aus dem Lautsprecher kam eine fordernde Stimme, die in deutlichem Englisch sagte:
»Sundancer auf den Koordinaten 60 Grad und 23 Minuten nördlicher Breite, 27 Grad und 34 Minuten östlicher Länge. Auf Kanal 61 gehen!«
Der Brite wechselte fluchend den Kanal. Die Küstenwache fuhr mit strengem Ton fort:
»Wo kommen Sie her und wo fahren Sie hin? Wie viele Passagiere sind an Bord? Wie lautet der Name des Schiffes?«
»Wir kommen von Virolahti und fahren nach Helsinki. Sechs Passagiere. Name Bonaventura.«
»Warum fahren Sie nicht auf geradem Kurs? Sind Sie havariert?«
|275| »Nein. Meine Frau sitzt am Steuer und übt. Ich bitte um Entschuldigung.«
Die Küstenwache unterbrach die Verbindung. Der Brite wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaltete das Funkgerät ganz aus.
Aaro rieb sich den Hals und versuchte, Sicherheit in seine Stimme zu
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