Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
»Vermutlich ist er Haitianer. Kennen Sie so jemanden hier in der Gegend?«
»Nein.«
»Kennen Sie Eddie Keats?«
»Nein. Aber wir können einen Haftbefehl auf ihn ausstellen.«
»Das hätte keinen Zweck. Ich habe sein Gesicht nicht gesehen. Ich würde ihn bei einer Gegenüberstellung nicht erkennen können.«
»Das verstehe ich nicht. Wie wollen Sie dann wissen, daß es dieser Keats gewesen ist?«
»Er hat sich gestern vor meinem Haus rumgetrieben. Rufen Sie den DEA-Agenten in Lafayette an. Er hat eine Akte über ihn. Der Typ arbeitet gelegentlich für Bubba Rocque.«
»Oh, Mann.«
»Schauen Sie, Sie können Keats jederzeit auf Verdacht hopsnehmen. Angeblich ist er ein Killer im Kleinformat. Durchsuchen Sie sein Auto, und vielleicht finden Sie was. Ein bißchen Hasch, eine versteckte Waffe, heiße Kreditkarten. Diesen Wichsern kann man doch immer was anhängen.« Ich nahm noch einen Schluck Wasser und legte den Kopf wieder aufs Kissen. Meine Hoden mit dem Eisbeutel darunter fühlten sich so groß an wie Bowlingkugeln.
»Davon versteh’ ich nichts. Das hier, das ist Lafayette Parish. Das wäre so, als würde ich in einem fremden Teich angeln.« Er sah mich dabei ruhig an, als müßte ich ihn verstehen.
»Wollen Sie, daß er zurückkommt?« fragte ich. »Denn falls Sie ihm nicht ein scharfes Telegramm schicken, tut er das ganz bestimmt.«
Er blieb eine Weile stumm, dann schrieb er etwas auf einen Block, steckte Block und Bleistift zurück in seine Hemdtasche und knöpfte sie zu.
»Na ja, ich rufe bei der Drogenfahndung und im Büro des Sheriffs von Lafayette an«, sagte er. »Sehen wir mal, was passiert.«
Dann stellte er mir noch ein paar weitere Fragen – kaum mehr als zwang- und belanglose Einfälle eines wohlmeinenden Amateurs, der sein Mitgefühl unter Beweis stellen wollte. Ich erwiderte seinen Gruß nicht, als er sich verabschiedete.
Was hatte ich denn erwartet? Ich konnte nicht sicher sein, daß es sich bei dem Weißen um Eddie Keats gehandelt hatte. New Orleans war voller Menschen italienisch-irischer Abstammung, die einen Akzent sprachen, bei dem man gewöhnlich an Brooklyn denkt. Ich hatte zugegeben, daß ich ihn bei einer Gegenüberstellung nicht identifizieren könnte, und über den Schwarzen wußte ich nichts, außer daß er Toot hieß und gelegentlich in einem Grab schlief. Was sollte ein ehemaliger Trockenreinigungsbesitzer, der sich wie ein Bratbudenwirt kleidete, damit anfangen?
Aber vielleicht war da etwas Dunkles in mir, das ich mir selbst nicht eingestehen wollte. Ich wußte noch sehr gut, wie die einheimischen Cops vor zwanzig Jahren mit einem Eddie Keats und seinesgleichen umgesprungen wären. Ein paar echt bösartige, stinksaure Zivilbullen (gewöhnlich trugen sie Anzüge von J.C. Higgins und sahen damit aus – nun, wie Enten, die sich in Schale werfen) wären in seine Bar gekommen, hätten seine gerahmte Schanklizenz ins Klo geschmissen, mit einem Schlagstock sämtliche Fenster seines Wagens zertrümmert, ihm dann einen Revolver zwischen die Augen gehalten und den Hahn auf eine leere Kammer klicken lassen.
Nein, ich habe sie damals nicht gemocht. Ich mochte sie auch jetzt nicht. Aber es war schon eine große Versuchung.
Batist kam herein, umweht vom Duft nach Wein und Fisch, und er brachte mir Blumen, die er vermutlich aus einer Vase in der Eingangshalle stibitzt und in eine Colaflasche gesteckt hatte. Als ich ihm erzählte, daß der Schwarze namens Toot möglicherweise ein tonton macoute aus Haiti sei, der schwarze Magie praktiziere, verwechselte Batist dies mit einem loup-garou, dem Gegenstück zum Lamia oder Werwolf, der angeblich im Bayou sein Unwesen trieb. Und er ließ sich nicht davon abbringen, daß wir einen traiteur aufsuchen sollten, um diesen loup-garou zu finden und ihm Mund und Nasenlöcher mit Erde vom Grab einer Hexe zu verstopfen. Er bekam mit, wie meine Augen beim Anblick der Literflasche Wein aufleuchteten, deren mit einer Papiertüte umwickelter Hals aus der hinteren Tasche seines Overalls ragte, und er setzte sich etwas verdreht auf seinen Stuhl, um mir den Blick zu versperren, doch die Flasche klirrte laut gegen die Armlehne. Seine Miene war schuldbewußt.
»He, Partner, seit wann versteckst du denn so was vor mir?« fragte ich.
»Ich soll nich’ trinken, wenn ich auf Miss Annie und das kleine Mädchen aufpassen muß.«
»Ich vertraue dir völlig, Batist.«
Er mied meinen Blick, und seine großen Hände lagen unbeholfen in seinem Schoß. Obwohl
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