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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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auf das im Dunkeln liegende Haus zurannte und noch bevor ich das Stemmeisen an der Tür hörte, bevor Worte aus meiner Kehle drangen, wußte ich, daß meine nächtlichen Ängste heute Wirklichkeit würden, daß keine trügerische Morgendämmerung sie vertreiben konnte. Ich stolperte über meine Sandalen, kickte sie von den Füßen und rannte barfuß über den harten Boden, durch die Trümmer zerbrochener Bretter und rostiger Nägel vom Scheunendach, den Rohrkolben, die über die Uferböschung des Teiches wuchsen, laut schreiend: »Ich bin hier draußen. Ich bin hier draußen«, wie ein Hysteriker, der durch ein Stück Mondlandschaft stolpert.
    Doch meine Worte gingen unter im Donner, im Wind, dem Prasseln des Regens auf dem Blechdach, dem Krachen des Stemmeisens, das den Türrahmen aufsprengte, die Scharniere herausriß, den Türriegel, das Türblatt ins Wohnzimmer stürzen ließ. Dann hörte ich wieder meine Stimme, einen Laut wie den Schrei eines Tiers, gurgelnd hervorgestoßen, und ich hörte das Aufbrüllen der Schrotgewehre und sah die Mündungsblitze über die Schlafzimmerwände springen wie Wetterleuchten am Himmel. Sie feuerten Schuß auf Schuß. Nach jeder neuen Patrone rastete das Nachladeschloß mit lautem Klacken wieder ein, die flammenden Explosionen rissen die Dunkelheit auf, in der meine Frau allein unter einem Laken lag. Die Schrotkugeln spien Fensterglas und Fetzen von Vorhangstoff auf den Hof, rissen Holzstücke aus der Außenwand, prallten von den Blättern des Fensterventilators. Irgendwo hinter mir schlug ein Blitz ein, und in seinem geisterhaften Schein sah meine Haut weiß und tot aus.
    Sie hatten aufgehört zu schießen. Ich stand atemlos und barfuß in Unterwäsche im Regen, schaute durch das geborstene Fenster und die zerfetzten Vorhänge auf den Umriß eines Mannes, der zu mir zurückstarrte, bewegungslos, ein Schrotgewehr quer über der Brust. Dann hörte ich das Knacken des Nachladeschlosses, als er die nächste Patrone einlegte.
    Ich rannte zur Hausseite, drückte mich an die Zypressenplanken, bewegte mich unter den Fenstern entlang nach vorn, kroch in der Finsternis vorwärts. Ich hörte, wie einer von ihnen im Dunkeln an eine Wand oder gegen eine Tür krachte, über die Telefonschnur stolperte, den Apparat aus der Halterung riß und in den Flur warf. An meinen Füßen war Blut, an meinem Knöchel eine Rißwunde, doch ich war ohne jedes Körpergefühl. In meinem Kopf drehte es sich, als habe jemand mit einer zusammengerollten Zeitung auf ihn eingeschlagen, und ich schmeckte die Kotze, die unkontrollierbar vom Magen hochkam. Ich hatte keine Waffe, mein Nachbar war nicht zu Hause, es gab nichts, was ich tun konnte, um Annie zu helfen. Schweiß und Regentropfen rannen mir aus dem Haar wie Insekten.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als zum Telefon im Fischköderladen zu laufen. Dann hörte ich die vordere Fliegentür gegen die Wand knallen, und sie kamen beide nach draußen auf die Veranda gestürzt. Ihre Stiefel lärmten laut auf den Holzdielen. Die Schritte wandten sich erst in die eine, dann in die andere Richtung. Ich drückte mich gegen die Hauswand und wartete. Sie mußten nichts weiter tun, als über das Seitengeländer der Veranda zu springen, und schon hätten sie mich vor dem Lauf gehabt. Dann verhielten sie, und ich erkannte, daß etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Ein Pickup kam krachend den Sandweg zum Dock herunter, Regen trieb schräg im Kegel eines einzelnen Scheinwerfers, der über Baumwipfel tanzte. Ich wußte, daß es Batist sein mußte. Er wohnte nur fünfhundert Meter den Weg hinunter, schlief im Sommer draußen auf seiner überdachten Veranda und hätte sogar im Getöse des Donners die Schüsse gehört.
    »Scheiße! Bloß weg hier«, sagte einer der Männer.
    Der andere Mann sprach, doch seine Stimme verlor sich im Geprassel des Regens auf dem Blechdach und im langgezogenen Donnergrollen.
    »Du gehst gefälligst allein zurück und erledigst ihn. Das war sowieso ein lausiger Hit. Von einem Weib hast du mir nichts gesagt«, hörte ich den ersten Mann. »Verdammte Schweinerei, der Laster biegt hier ein. Ich hau’ ab. Das nächstemal kannst du deinen Dreck selber wegräumen.«
    Ich hörte, wie einer der Männer die Stufen hinuntersprang und anfing zu rennen. Der zweite Mann zögerte, seine Füße scharrten unschlüssig auf den Holzplanken. Dann hörte ich, wie sich eine Stufe unter seinem Gewicht bog, und kurze Zeit darauf konnte ich erkennen, wie beide

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