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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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gelernt. Komm, Annie, heute keine Sticheleien.«
    »Schmetterling? Schmetterling tanzt?« sagte Alafair. Sie trug eine Donald-Duck-Mütze mit einem gelben Schirm, die Quakgeräusche von sich gab, wenn man darauf drückte. Ich setzte sie auf mein Knie und entlockte der Mütze ein Quaken, glücklich, Annies forschendem Blick ausweichen zu können. Aus dem Augenwinkel sah ich Claudette Rocque mit dem Mann tanzen, den sie sich aus der Menge gegriffen hatte, den Bauch ganz eng an seine Lenden gedrückt.
    Tags darauf zog mir der Arzt die Fäden von Kopfhaut und Mund. Als ich mit der Zunge über die Innenseite meiner Lippe fuhr, fühlte sich die Haut an wie aneinandergeklebte Gummiflicken auf einem Fahrradschlauch. Am Nachmittag ging ich zu einer Versammlung der Anonymen Alkoholiker. Die Klimaanlage war ausgefallen, und im Raum war es heiß und rauchgeschwängert. Meine Gedanken schweiften ständig ab.
    Es war jetzt fast Sommer, und die Nachmittage schienen heißer, je weiter der Tag voranschritt. An dem Rotholztisch im Hinterhof, mitten im Gesumm der Zikaden und dem trockenen Gepolter fernen Donners, aßen wir unser Abendbrot. Ich versuchte, auf der Veranda Zeitung zu lesen, doch meine Konzentration reichte nur für einen Absatz. Ich ging hinunter zum Anlegesteg, um nachzusehen, wie viele Boote noch draußen waren, kehrte dann zum Haus zurück und schloß mich in dem Hinterzimmer ein, wo ich meine Scheibenhanteln und die Sammlung historischer Jazzschallplatten aufbewahrte. Ich legte eine alte 78er mit Bunk Johnson auf, und als der klare, glockenhelle Ton seiner Posaune aus dem Rauschen und Knacken aufstieg, begann ich eine Serie im Reißen mit aufgelegten 75 Pfund, und jedesmal wenn ich die Hanteln von meinen Schenkeln hob und bis ans Kinn zog, schwollen Bizeps und Brustkasten vor Anspannung und Kraftaufwand und füllten sich mit Blut.
    Binnen fünfzehn Minuten tropfte mein Schweiß auf die Holzdielen. Ich zog das Hemd aus, schlüpfte in Trainingshose und Laufschuhe und rannte fünf Kilometer auf dem Sandweg entlang dem Bayou. Das wunde Gefühl in meinen Genitalien, das ich den Tritten von Eddie Keats zu verdanken hatte, war fast vollständig verschwunden, und meine Atmung war gut und der Herzschlag regelmäßig. Ich hätte noch gut drei Kilometer zulegen können. Normalerweise hätte ich mich prächtig fühlen müssen bei all der Energie und Ausdauer im Körper eines Mannes von mittleren Jahren, doch ich kannte nur zu gut den Mechanismus, der in meinem Inneren ablief, und der hatte nichts zu tun mit Gesundheit oder der atemberaubenden Abenddämmerung/oder den Leuchtkäfern, die in den schwarzgrünen Bäumen funkelten, oder den Brassen, die am Rand der Wasserlilien mit schmatzenden Mäulern durch die Wasseroberfläche stießen. Der Sommer in Südlouisiana ist für mich stets wie die Strophe eines ewigen Liedes gewesen. Heute abend erkannte ich in dem verblassenden roten Schein der Sonne am Horizont nur das Ende des Frühlings.
    Es war eine seltsame Nacht. Die Sterne wirkten heiß am schwarzen Himmel. Es war absolut windstill, und jedes einzelne Blatt der Pecanobäume sah aus, als sei es aus Metall gestanzt. Die Fläche des Bayou war glatt und ruhig, die Weiden entlang den Uferbänken standen bewegungslos. Als der Mond aufging, sahen die Wolken am Nachthimmel aus wie silbrige Pferdeschwänze.
    Ich duschte mich kalt und legte mich in Unterwäsche im Dunkeln auf die Bettücher. Annies Finger tasteten zu meiner Schulter hoch. Ihr Kopf auf dem Kissen war mir zugewandt, und ich spürte ihren Atem auf meiner Haut.
    »Wir werden das überstehen, Dave. In jeder Ehe gibt’s ein paar böse Momente«, sagte sie. »Wir dürfen nur nicht zulassen, daß sie über uns Macht bekommen.«
    »Ja, gut.«
    »Vielleicht war ich egoistisch. Vielleicht hab’ ich zu vieles zu meinen Bedingungen haben wollen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe gewollt, daß du jemand sein solltest, der du nicht bist. Ich habe versucht, uns beiden vorzumachen, daß du mit Polizeiarbeit und jener Welt in New Orleans nichts mehr zu schaffen hast.«
    »Ich habe sie aus eigenem Willen aufgegeben. Du hast damit gar nichts zu tun gehabt.«
    »Du hast zwar deinen Abschied eingereicht, aber du hast sie nie ganz verlassen, Dave. Das wirst du auch nie.«
    Ich schaute hoch in die Dunkelheit und wartete. Das Mondlicht, das durch den sich drehenden Fensterventilator fiel, warf unruhige Muster auf unsere Körper.
    »Falls du dorthin zurück willst, sollten wir das tun«,

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