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Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Mississippi Delta – Blut in den Bayous (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Männer im Schutz der Bäume auf ein Auto zurannten, das unten am Bayou abgestellt war. Mit ihren Schrotgewehren in der Armbeuge sahen sie aus wie Infanteristen, die nachts durch einen Wald flüchten.
    Ich hastete durch die Vordertür ins Schlafzimmer und hieb auf den Lichtschalter, und das Herz hämmerte mir in der Brust. Die roten Papphüllen von Schrotpatronen lagen vor der Schwelle verstreut; das Untergestell aus Mahagoni und das Kopfbrett des Bettes waren von Kugeln zerfetzt und zersplittert; die Blumentapete über dem Bett war mit Löchern, groß wie schwarze Zehn-Cent-Stücke, bedeckt. Das Laken, das noch über sie gebreitet war, war von ihrem Blut getränkt, zerrissenes Tuch war in die Wunden gedrückt, die wie von Wölfen gerissen aussahen. Ihr krauser Blondschopf lag von mir abgewandt auf dem Kissen. Eine makellose weiße Hand hing über die Kante der Matratze.
    Ich berührte ihren Fuß. Ich berührte ihren blutverschmierten Knöchel. Ich legte meine Hände um ihre Finger. Ich strich mit der Hand über ihr Lockenhaar. Wie ein Kind kniete ich neben ihrem Bett und küßte ihre Augen. Ich nahm ihre Hand und steckte mir die Finger in den Mund. Dann fing das Zittern an, als würden sich in meinem Innern Sehnen und Knochen voneinander lösen, und ich preßte, das nasse Haar an ihre Stirn gelegt, mein Gesicht tief in das Kissen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so gekniet habe. Ich kann mich auch nicht erinnern, wie ich wieder hochgekommen bin. Ich weiß nur, daß meine Haut brannte, als habe sie jemand mit Säure bepinselt, daß ich nicht genügend Luft in die Lunge bekam, daß das gelbe Licht im Zimmer wie eine Flamme in meinen Augen stach, daß all meine Gelenke wie gelähmt schienen, daß meine Hände plumpe Holzklötze waren, als ich in der Kommodenschublade wühlte, die 45er fand und den schweren Ladestreifen ins Magazin schob. Ich hatte schon vor Augen, wie ich über den Hof rannte, über die Weiden meines Nachbarn, durch die im Gelände abfallenden Eichen- und Pinienwälder auf der anderen Seite, wo der Sandweg vorbeiführte, bevor er an der Zugbrücke über dem Bayou endete. Ich hörte einen jungen Schwarzen aus meinem Zug schreien. Charlie will nicht mehr mitspielen! Er verzieht sich in den Tunnel. Fetz ihnen die Scheiße raus, Lieutenant! Ich sah, wie sich unter meinem Feuerhagel Gliedmaßen von Menschen losrissen, und als die Kammer offen blieb und ich nachladen mußte, zitterten meine Hände vor fiebriger Erwartung.
    Doch die Stimme war nicht die des jungen Schwarzen aus meinem Zug, und ich war nicht der junge Lieutenant, der dafür sorgte, daß sich kleine gelbe Männer in schwarzen Pyjamas in Erdlöchern versteckten. Batist hatte seine Riesenhände auf meine beiden Arme gelegt, seine nackte Brust wie eine Stahlplatte, die braunen Augen ausdruckslos und ohne Blinzeln unverwandt in meine starrend.
    »Abgehauen die, Dave. Diese Waffe da hilft dir zu nichts, du«, sagte er.
    »Die Zugbrücke. Wir können den Weg abschneiden.«
    » C’est pas bon. Ils sont pa’tis. «
    »Wir nehmen den Pickup.«
    Er schüttelte den Kopf, ließ die gewaltige Hand meinen Arm hinuntergleiten und nahm mir die Automatik ab. Dann legte er mir den Arm um die Schultern und führte mich ins Wohnzimmer.
    »Du setzt dich hin. Für dich gibt’s nichts zu tun, du«, sagte er. Die 45er ragte aus der Gesäßtasche seiner Bluejeans. »Wo ist Alafair?«
    Ich schaute ihn blöde an. Er atmete durch den Mund und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Du bleibst hier, bewegst dich nicht vom Fleck, nein. T’comprendes, Dave?«
    »Ja.«
    Er ging in Alafairs Zimmer. Die Pecanobäume im Hof flackerten in weißlichem Licht, als ein Blitz über den Himmel geisterte, und der Wind fegte den Regen über die Veranda und durch die zertrümmerte Eingangstür. Als ich die Augen schloß, sah ich ein Licht, das in einer schwarzen Fensterhöhle tanzte wie Elektrizität in einem Faradayschen Käfig.
    Mit hölzernen Bewegungen erhob ich mich von der Couch und ging zur Schwelle von Alafairs Zimmer. Ich blieb stehen, eine Hand an den Türrahmen gestützt, fast so, als wäre ich durch die Beschäftigung mit meinem eigenen Schmerz zu einem Fremden geworden. Batist saß, Alafair auf dem Schoß, auf der Bettkante, die mächtigen Arme schützend um sie gelegt. Ihr Gesicht war weiß, zuckte unter Schluchzen an seiner schwarzen Brust.
    »Sie ist in Ordnung. Du kommst auch bald in Ordnung, Dave. Batist kümmert sich schon um euch alle. Du wirst sehen«, sagte

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