Mistelzweig und Weihnachtskuesse
Inneren etwas regte. Er schob es beiseite, genauso wie sein aufflackerndes Interesse und die Neugier. Es war lange her, seit eine Frau das letzte Mal seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
SICH AUF JEMANDEN EINZULASSEN, KOSTETE SEINEN PREIS, RIEF ER SICH INS GEDÄCHTNIS. EINEN HOHEN PEIS DAFÜR, JEMANDEN ZU MÖGEN.UND ER WAR NICHT BEREIT, NOCH EINMAL ZU ZAHLEN. ABER DAS STAND AUCH GAR NICHT ZUR DEBATTE. HOLLY LEISTETE IHM GESELLSCHAFT, MEHR NICHT. BALD WÜRDE SIE GEHEN, UND ER BRAUCHTE SIE NIE WIEDERZUSEHEN. SCHLIMM GENUG, SICH ÜBERHAUPT AUF EINE FRAU EINZULASSEN. ABER NOCH SCHLIMMER WÄRE ES, DAS HERZ EINER UNSCHULDIGEN AUFS SPIEL ZU SETZEN.
3. KAPITEL
Mit Kaffee und einem Teller voller Kekse kam Holly zurück. Die Schürze hatte sie in der Küche abgelegt. Jordan kämpfte darum, seine natürliche Reaktion auf ihre Rundungen zu verdrängen. Erstens kannten sie sich nicht. Und zweitens war er nicht in der Verfassung, irgendeiner Art von Impuls nachzugehen – so reizvoll die Idee auch sein mochte.
„Ich wusste nicht, wie Sie ihn mögen“, sagte sie, während sie das Tablett auf den Tisch bei seinem Bett stellte. „Hier sind Milch und Zucker.“ Sie deutete auf die Schalen neben den Keksen.
„Schwarz ist okay.“
Sie goss etwas Milch in ihren Becher, rührte um und nahm wieder Platz. „Wie fühlen Sie sich?“, fragte sie.
Als er darauf mit den Schultern zuckte, verzog er das Gesicht, weil sich sofort sein Rücken bemerkbar machte. „Als hätte mich jemand von einem Haus geschmissen.“
Statt zu lachen, wurde sie bitterernst. „Es tut mir so leid.“
„Es war nicht Ihre Schuld.“
„Doch, das war es.“ Sie beugte sich vor und stellte ihren Becher auf das Tischchen. „Ich hätte Sie nicht bitten dürfen, zurückzugehen und Mistletoe zu retten. Wenn ich daran denke …“ Sie schluckte. „Sie hätten sterben können.“
„Wenn es wirklich so gefährlich gewesen wäre, hätte ich es nicht getan.“
„Wirklich?“
Er nickte. „Ich mag meinen Beruf, aber ich bin nicht lebensmüde.“
„Sie ist alles, was mir von meiner Mutter geblieben ist. Mom hat mir Mistletoe am letzten Weihnachtsfest geschenkt, bevor sie starb – deshalb habe ich sie nach den Mistelzweigen benannt. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe“, schloss sie mit heiserer Stimme.
Irgendwie war ihr Stuhl durch das viele Umherräumen immer näher ans Bett gerückt. Wenn sie sich wie jetzt vorbeugte, lagen ihre Hände auf dem Rand der Matratze. Aus ihrem Zopf hatte sich eine einzelne blonde Strähne gelöst und fiel an ihrer Wange herab, aber sie schien es nicht zu bemerken. Bei dem Gedanken, sie könnte in Tränen ausbrechen, krampfte sich Jordans Magen zusammen. Ohne Umschweife gab er zu, dass er in dieser Hinsicht ein typischer Mann war. Frauentränen warfen ihn vollkommen aus der Bahn.
„Ich habe nur meinen Job gemacht“, sagte er leichthin.
Sie dankte ihm mit einem Lächeln. „Warum wollten Sie lieber so etwas tun als Polizist zu werden wie der Rest Ihrer Familie?“
Bevor er antwortete, drückte er auf die Knöpfe der Fernbedienung und senkte das Kopfende ein wenig ab, dann verschränkte er einen Arm hinter dem Kopf. „Als ich acht oder neun Jahre alt war, ging ein Haus in der Nachbarschaft in Flammen auf, und ich sah der Feuerwehr beim Löschen zu. Die Arbeit meines Vaters und meiner Onkel hatte ich nie richtig verstanden. Aus dem Fernsehen wusste ich, dass sie die Bösewichte einfangen sollten. Aber Glenwood ist nicht gerade ein Brennpunkt der Kriminalität. Das Dezernat des Sheriffs scheint die Verbrecher eher abzuschrecken. Aber was die Feuerwehrmänner taten, konnte ich genau sehen, und das hat mich beeindruckt. Ich habe es nie vergessen.“ Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee.
In Wirklichkeit war das nicht der einzige Grund. Während er heranwuchs, hatte Jordan seinen alten Herrn beobachtet. Bereits als Zwölfjähriger wusste er, dass er ihm in nichts ähneln wollte, denn Earl Haynes war als Frauenheld verrufen.
Er fluchte innerlich. Es waren nicht nur die Frauen, mit denen sein Vater protzte. Jordan hasste auch diese allumfassende Geringschätzung. Niemand war vonBedeutung, nichts spielte eine Rolle außer Earls eigenem Vergnügen. Oft schlug er seine Söhne ohne Grund und behauptete dann, es wäre die Strafe für ihren nächsten Fehler. Die Brüder hatten über den Mann hinwegsehen und die Familientradition bei der Polizei aufrechterhalten können, aber Jordan nicht.
Er spürte, wie die Wut ihn packte.
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