Mistelzweig und Weihnachtskuesse
Rebecca verlieben. Natürlich wusste ich, wer sie war. Sogar, dass sie sich in mich verknallt hatte. Aber ich wollte mich in nichts hineinziehen lassen. Nicht mit einer Unschuldigen wie ihr.“
Jordan dachte daran, wie unberührt auch Holly gewesen war. Sie war Jungfrau gewesen.
„Doch eines Tages stand sie triefend nass in meiner Garage“, fuhr Austin fort. „Sie wegzuschicken war unmöglich, und am Ende konnte ich ihr nicht widerstehen.“
„Hast du sonst noch was zu sagen?“, fragte Jordan.
„Ja, das habe ich.“ Austin beugte sich vor, stützte sich mit den Ellenbogen auf die Knie und verschränkte die Hände. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit. Die Einsamkeit, das Alleinsein, das kennst du schon, das verstehst du. Aber jemanden zu lieben und alles dafür zu riskieren, ist dir fremd. Niemand kann wissen, wie schmerzhaft es wird. Die Einsamkeit ist schon kaum zu ertragen, wie sollst du dann etwas noch Stärkeres aushalten? Also versuchst du es gar nicht erst.“
„Du hast nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst“, bügelte Jordan ab. Aber er bluffte. Alles, was Austin sagte, ergab Sinn.
Glücklicherweise ignorierte Austin ihn einfach. „Weil ich ein Idiot war, hätte ich Rebecca beinahe verloren. Und du machst gerade den gleichen Fehler.“ Dann erhob er sich. „Tu es nicht. Lass den Stolz und die Angst nicht deinen Weg zum Glück versperren. Hätten Rebecca und ich nur einen einzigen Tag gehabt, ich hätte es trotzdem riskiert. Mit meinem Wissen von heute bereue ich nur, dass ich mich so lange zurückgehalten habe. Ich denke nicht gern an die kostbare Zeit, die ich damit verplempert habe, mich wie ein Esel aufzuführen. Mach nicht den gleichen Fehler. Eine zweite Holly findest du nie wieder. Wenn du sie gehen lässt, wirst du den Rest deines Lebens darauf warten, dass der Schmerz aufhört. Und das wird er nie.“
Damit ging er.
Wieder einmal blieb Jordan allein in der Stille zurück. Er saß vor dem Weihnachtsbaum und versuchte herauszufinden, was er tun sollte.
Austins Worte waren zwar einleuchtend, doch kannte er nur die halbe Wahrheit. Jordan wusste, dass jemanden zu lieben mehr als ein bisschen Risikobereitschaft bedeutete: Es war das sichere Versprechen für die nächste Katastrophe. Er hatte die Folgen der Liebe für seine Familie, den Schmerz und das Leid gesehen.
Auf den Ornamenten tanzte ein dünner Lichtstrahl. Jordan erinnerte sich, wie er vor einem Jahr den Weihnachtstag bei Kyle und Sandy verbracht hatte, wie die Kinder den Baum dekorierten und das Haus voller Gelächter und Freude gewesen war.
Als er die Augen schloss, stiegen Gespräche und Begebenheiten der letzten Jahre in ihm auf. Männer und Frauen, Nichten, Neffen, Geburten, Ferien, Festlichkeiten. Hunderte unzusammenhängender Ereignisse, Tausende glücklicher Momente. Und durchgehend eine Emotion.
Liebe.
Mehr als dreißig Jahre hatte etwas die Familie zerstört. Doch es war nicht die Liebe gewesen. Bei ihren ersten Ehen hatten Travis und Craig eine schlechte Wahl getroffen. Aber sie hatten aus ihren Fehlern gelernt.
Nicht die Liebe hatte die Familie zerstört. Sondern die Liebe hatte sie wieder geheilt.
Holly hatte ihm ihr Herz zu Füßen gelegt, und er hatte sie abgewiesen. Was zum Teufel war los mit ihm?
Er raste zur Eingangstür und hielt nur an, um sich seine Lederjacke zu schnappen. Dann hastete er die Verandastufen hinab zu seinem Auto.
Eine Viertelstunde später stand er vor dem kleinen Pförtnerhäuschen, das sie gemietet hatte. Er hob die Hand, um zu klopfen, doch dann zögerte er. Was sollte er sagen? Wie konnte er sie davon überzeugen, ihm zu glauben und ihm eine zweite Chance zu geben?
Dann sagte er sich, dass ihm die Worte schon einfallen würden. Also klopfte er. Und eine Minute später stand sie vor ihm.
Das lange blonde Haar hing offen um ihr Gesicht, wie er es mochte. Die seidigen Strähnen reichten fast bis zu ihrer Hüfte. Mit großen blauen Augen starrte sie ihn an. Ihr Mund öffnete sich leicht, doch sie sagte nichts. Über den bloßen Füßen trug sie dunkle Leggins und ein rosa Sweatshirt. Sie war das schönste Wesen, das er jemals gesehen hatte. Er wollte sie wie keine andere Frau vor ihr. Er brauchte sie.
„Jordan?“ Der weiche Klang ihrer Stimme spülte über ihn hinweg, heilte ihn und schenkte ihm Mut.
Sie trat zurück und bedeutete ihm, hereinzukommen. In dem kleinen, aber hübschen Wohnzimmer schälte er sich aus der Jacke, die er auf das Sofa warf.
„Holly, ich
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