Mister Mädchen für alles
Leute herrichten, und das mitten in der Nacht? Aber es war Alex’ einzige Chance gewesen, und, wie man es von Saff kannte, hatte sie hart geschluckt und einfach nur gesagt: «Lass mich nur machen.»
«Würden Sie bitte Bettina Gordino ausrichten, dass Alex Hill hier ist?»
Der dünne Empfangsmitarbeiter, dessen Haar so kräftig nach vorn gegelt war, als käme er aus einem Windkanal, fuhr mit dem Finger über den Computerbildschirm und suchte nach der Zimmernummer.
«Mmm. Signorina Gordino. Sind Sie Ihre Agentin?», fragte er hochmütig.
«Nein, nein. Sie wird morgen an meiner Show für einen Produkt-Launch teilnehmen. Gibt es ein Problem?»
«Nun, meine Liebe», erwiderte er seufzend, «sie ist seit einer halben Stunde hier und hat bereits fünf Mal an der Rezeption angerufen. Die Badehandtücher sind zu klein, die Kopfkissen zu weich, wie kann man hier MTV empfangen, die Klimaanlage kühlt nicht genug, oh, und ob wir ihr wohl Knickstrohhalme besorgen können? Sie hätte gern rote Gummibärchen und bat uns, die Minibar mit Diet Coke aufzufüllen. Ausschließlich in Glasflaschen.» Er lehnte sich mit verschwörerischer Miene vor. «Wir arbeiten gerade an dem Fall mit den roten Gummibärchen.»
«Danke.» Alex war atemlos. «Ich weiß es wirklich zuschätzen, wenn Sie sich auch weiterhin … um sie kümmern würden.»
«Wir tun unser Bestes. Wunder dauern allerdings manchmal ein wenig länger. Wir sind hier nicht im Claridges, verstehen Sie.»
«In der Tat.»
Er griff nach dem Hörer und rief in Bettinas Suite an. «Ist Ihnen schon einmal aufgefallen», sagte er, während er wartete und mit seinen langen, dünnen Fingern auf sein Reservierungsbuch trommelte, «dass sich die Mitglieder des Königshauses heutzutage so benehmen wollen wie wir – mit ihren Baseballkappen und den Einkäufen im Supermarkt –, während sich Prominente aufführen wie der Hochadel. Neben dieser Frau», er zeigte mit dem Finger auf das Telefon, das noch immer klingelte, «würde Marie Antoinette verblassen.»
Um halb acht war Alex bereit zuzugeben, dass die Guillotine noch zu gut für Bettina war. Nach hektischen Bettelanrufen bei einem Freizeitclub, in dem Alex einmal Mitglied gewesen war, gelang es ihr, der Diva eine Masseurin bereitzustellen und jemanden, der ihr eine Pediküre angedeihen ließ. Und dies, nachdem eine großzügige Summe Bargeld in Aussicht gestellt worden war und Bettinas Name die Schönheitspflegerinnen davon überzeugen konnte, alle anderen Termine abzusagen und sofort herzukommen. Das Hotel hatte es geschafft, die richtig gefärbten Gummibärchen aufzutreiben, doch leider erwiesen sie sich als die falsche Marke, und so wurde ein Hoteldiener losgeschickt, alle möglichen Sorten zu besorgen, bis die richtige Bettinas Anerkennung fand.
«Die Hotels in diesem Land sind einfach schrecklich», schmollte Bettina, während sie sich in die weißen Seidenkissenihrer Suite zurückfallen ließ. Sie war in einen flauschigen Morgenmantel des Hotels gehüllt und ließ sich die Zehennägel von einer Kosmetikerin lackieren. «Ihr habt keine Ahnung, wie man mit Leuten umgeht. Ganz anders ist da New York oder Los Angeles. Nichts ist dort unmöglich. Was haben Sie heute Abend für mich in petto?»
Alex schluckte und kreuzte die Finger hinter ihrem Rücken. «Was hatten Sie sich denn vorgestellt?»
«Ach, herrje, das ist Ihnen überlassen. Diese Stadt ist so jämmerlich. Was um alles in der Welt tun Sie, wenn Sie sich amüsieren wollen?» Etwas beim Inder bestellen? Meine Beine rasieren?, dachte Alex niedergeschlagen. «Ich will das echte London kennenlernen», maulte Bettina und fuhr sich mit der Hand über ihre perfekte, faltenlose Stirn. «Kommen Sie mir bloß nicht mit dem Touristenprogramm.» Sie machte eine weit ausholende Handbewegung. «So langweilig und schmutzig. Ich will London sehen, wie es sonst keiner sieht. Das», verkündete sie entschlossen, «hatte ich mir vorgestellt.»
«Gut.» Alex dachte rasch nach und verabschiedete sich von der schwachen Hoffnung, dass Bettina vielleicht müde war und früh zu Bett gehen wollte. «Möchten Sie irgendwo zu Abend essen?»
«Abendessen? Ich esse kein Abendessen vor einer Show!», kreischte sie und riss ihren Fuß aus der Hand der Kosmetikerin. «Davon wird man aufgebläht, und das verdirbt den Effekt der Kleidungsstücke. Haben meine Leute Ihnen das etwa nicht gesagt? Und wo sind die Kleider überhaupt?»
«Werden jeden Augenblick hier sein», flunkerte Alex
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