Mister Mädchen für alles
überhaupt nichts, wenn du dich so unter Stress setzt.»
«Aber das alles
ist
purer Stress. Ich habe einfach keine Zeit mehr, irgendetwas zu erledigen, ich schaffe es nicht einmal, mir eine Tüte Milch zu besorgen, Himmel nochmal. Und es ist eine Ewigkeit her, dass ich Mum besucht habe. Jetzt droht sie damit –» Alex wurde von dem Klingeln ihres Handys in ihrer Handtasche unterbrochen. «Hallo?»
«Alex? Hier spricht Letitia, meine Liebe. Ich bin die Nachbarin Ihrer Mutter.»
Alex spürte, wie Angst in ihr aufstieg.
«Es tut mir leid, dass ich Sie so spät noch störe, Liebes, aber es geht um Ihre Mutter. Ich glaube, sie ist von der Leiter gefallen. Wie auch immer, ich bin jedenfalls gerade im Krankenhaus mit ihr.»
«Ach du Schreck, geht es ihr gut?»
«Keine Sorge. Es ist nichts Schlimmes, aber sie hat sich am Arm verletzt. Die Sache ist nur, dass sie heute Nacht hierbleiben muss. Die Ärzte meinten, dass ihr Arm gerichtet werden muss. Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich gehe morgen früh auf eine Kreuzfahrt nach Norwegen, anderenfalls würde ich natürlich gern bei ihr bleiben.»
«Oh, vielen Dank, Letitia. Machen Sie sich bitte keineSorgen. Sie haben schon mehr als genug geholfen. Ich komme sofort.» Nachdem sie genau erfragt hatte, in welchem Krankenhaus ihre Mutter lag, und sich noch einmal ausdrücklich bedankt hatte, legte Alex auf und blickte in Saffrons besorgtes Gesicht.
«Ist alles in Ordnung mit ihr?», fragte Saff verhalten. «Was sagen die Ärzte?»
Alex wiederholte, was Letitia ihr berichtet hatte, und spürte, wie ihr das Herz schwer wurde, als sie sich klarmachte, was das bedeutete. «Oh, Saff! Warum in aller Welt hat sie bloß zu dieser nachtschlafenden Zeit den Efeu gestutzt? Es war vollkommen klar, dass ihr etwas passieren würde! Ich hatte ihr gesagt, dass ich mich darum kümmern würde. Ich hätte hartnäckiger sein sollen. O Gott, was mache ich jetzt bloß?» Alex rieb sich die Augen und verschmierte die restliche Wimperntusche über die Wangen. «Wer wird sich jetzt um sie kümmern? Ich kann sie nicht bei mir unterbringen. Ich meine, wie soll das funktionieren? Ich bin doch nie zu Hause …»
«Nun, es müsste ja nicht für lange Zeit sein. Vielleicht kann sie schon wieder nach Hause, wenn du nach Kanada fliegst. Wenigstens wärst du abends daheim, und sie kann fernsehen –»
Alex setzte sich kerzengerade auf. «Aber ich habe gar kein Bett für sie!»
«Wir haben ein Klappbett.» Saff bemühte sich, aufmunternd zu wirken.
Alex stand auf. «Tausend Dank. Kann ich dir später Bescheid geben? Warum hat sie nur nicht auf mich gewartet?»
Saff sah ihre Freundin an und lachte mitleidig. «Ach, komm schon, Alex, du weißt genau, wie stur sie sein kann.Sie hat immer das getan, was sie wollte. Warum isst du nicht noch etwas, bevor du aufbrichst?»
«Danke, Saff, aber ich mache mich lieber gleich auf den Weg und fahre direkt zu ihr – so gern ich dein köstliches Abendessen genossen hätte. In letzter Zeit scheine ich mich nur von Flugzeugmahlzeiten und Tütensuppen zu ernähren. Wenn das so weitergeht, werde ich schon bald nichts mehr anrühren, das mir nicht auf einem Plastiktablett serviert wird. Alles, was ich wollte, war mit dir zu reden.» Plötzlich fühlte sie sich vollkommen zerschlagen.
«Was du brauchst», erwiderte Saffron, während sie sich erhob und Alex mitfühlend über den Arm strich, «ist jemand, der dir deine Sorgen abnimmt, dir etwas Gutes zu essen kocht und sich um die langweiligen Details des Lebens kümmert.»
«Aber ich habe doch schon einen Kerl an meiner Seite», protestierte Alex. «Zumindest, wenn er im Land ist.»
«Nein, nein!», gab Saffron zurück. «Ich meine, was du brauchst, ist ein
Mädchen für alles
.»
Kapitel 2
Saffron stieg von der Leiter herab und bewunderte das Werk, das sie an diesem Morgen geschaffen hatte. Die türkisblaue Farbe war absolut die richtige Wahl gewesen. Sie betrachtete das lila-blaue Blumenstoffmuster, das über dem Stuhl lag. Es war das Ergebnis eines wundervollen, eineinhalbstündigen Aufenthalts im Inneneinrichtungsladen, bei dem sie die Stoffmusterbücher durchforstet hatte – ihre zweitliebste Beschäftigung nach dem Stöbern in Kochbüchern. Millie würde es gefallen, ganz sicher. Welches neunjährige Mädchen könnte dem schon widerstehen? Sie würde bestimmt ganz aufgeregt sein, wenn sie von der Schule nach Hause kam.
Geistesabwesend schob sich Saffron das Haar zurück, das sie an der Nasenspitze
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