Mister Medusa
allmählich den Eindruck, dass dort etwas sehr Langes im flachen Wasser lag.
So flach das Wasser auch war, er war trotzdem nicht in der Lage, es zu sehen, aber er hatte es abgetastet und machte sich seine Gedanken. Lang, schwer, nicht rechteckig, sondern mit Rundungen versehen, was konnte das sein?
Thore Hamrin ging jetzt aufs Ganze. Immer wenn er zum Angeln rausfuhr, streifte er die langen Stiefel über, die hoch bis zu seinen Oberschenkeln reichten. Es kam vor, dass er hin und wieder ins Wasser musste, um etwas zu richten. Jetzt war er froh, dass er die Stiefel noch nicht ausgezogen hatte.
Er kletterte ins Wasser und trat dabei auch gegen das auf dem Grund liegende Hindernis. Die Schilfblätter störten ihn nicht. Er hatte eine Lücke geschaffen, und mit seinen Händen verbreitete er sie zudem noch.
Das Wasser der Schären war recht klar. Eine große Umweltverschmutzung gab es hier nicht. Hier gab es noch Fische, die sehr schnell an den Haken der Angeln hingen.
An den Beinen wurde Hamrin nicht nass. Dafür an den Armen und Händen, als er sie ins Wasser tauchte. Er hatte sich gebückt, denn er wollte endlich herausfinden, was sich auf dem Grund befand. Ein Stein jedenfalls war es nicht.
Thore fluchte, weil er immer wieder von den Schilfblättern gestört wurde. Er gab nicht auf, seine Hände fuhren durch das kalte Wasser und schafften es, das Hindernis an einer Seite zu umfassen.
Es fühlte sich rund an.
Hamrin stand unbeweglich. Sein Herz schlug schneller. Er bekam eine Gänsehaut. Dieser Gegenstand, den er im Wasser gefunden hatte und jetzt von zwei Seiten umfasste, hätte gut und gern der Kopf eines Menschen sein können.
Aber gab es Menschen, die so schwer waren?
Daran glaubte er nicht. Er tastete weiter. Mit beiden Händen schaufelte er Wasser zur Seite, um einen besseren Blick zu bekommen. Dass er dabei vom Grund her Schlamm aufwühlte, das ärgerte ihn zwar, es ließ sich aber nicht vermeiden.
Mit beiden Händen umklammerte er schließlich erneut das, was er für einen Kopf hielt. Er nahm seine Kräfte zusammen, stemmte die Füße in den weichen Grund und hob das Hindernis an.
Es war schwer, verdammt schwer, aber Hamrin war alles andere als schwach.
Der Gegenstand bewegte sich. Hamrin lachte. Er machte sich selbst Mut, und Sekunden später hatte er es geschafft.
Plötzlich fühlte er sich wie im Schlamm stehend festgeklebt. Er wollte es nicht glauben, aber je länger er hinschaute, umso deutlicher trat es hervor.
Sein Blick fiel auf das Gesicht eines Menschen. Nicht nur das, er sah, dass es sich um eine Frau handelte, und er wusste sofort, dass er es nicht mit einer Figur aus irgendeinem Park zu tun hatte...
***
Der schwere Gegenstand rutschte ihm aus dem Griff und verschwand wieder im Wasser. Hamrin blieb stehen, hielt die Arme noch ausgestreckt, schaute nach vorn und schüttelte dabei den Kopf, als könnte er noch immer nicht fassen, was er dort gesehen hatte.
Über seinen Rücken schienen kalte Eisklumpen zu rinnen. Er wusste nicht, was er noch denken sollte. Die vertraute Umgebung kam ihm plötzlich so kalt vor, woran nicht das Wetter die Schuld trug, sondern etwas anderes. Es konnte eine Aura sein, die sich ausgebreitet und auch ihn erfasst hatte.
Thore Hamrin war allein. Er wünschte sich, dass jemand in der Nähe war, mit dem er reden konnte, aber da hoffte er vergebens. Er hatte die Einsamkeit gesucht, und wenn jemand zu seinem Haus kam, dann nur auf Einladung hin. Ansonsten verirrte sich so leicht niemand.
Irgendwann verließ er das Wasser und ging zu seiner Hütte. Davor stand eine Bank, die er selbst aus Birkenholz gezimmert hatte. Er nahm darauf Platz und schaute hinüber zum Steg, der wie ein Streifen in das Wasser hineinragte, auf dem sich allerdings nichts bewegte. Auch in seiner Nähe schwappte nur das Wasser heran.
Was soll ich tun?
Er wollte nicht glauben, dass neben dem Steg ein Mensch lag, und trotzdem war es der Fall.
Dort lag ein Mensch auf dem Grund, aber es war gar kein normaler Mensch mehr, sondern eine Frau, die zu Stein geworden war.
Es verging fast eine Viertelstunde, bis er sich wieder gefangen hatte und darüber nachdachte, was zu tun war. Thore wollte eine endgültige Sicherheit haben, und so ging er in seine Hütte, in der er alles Mögliche aufbewahrte, unter anderem auch ein starkes Seil, das er nach draußen und zum Steg mitnahm.
Hamrin sprang wieder ins Wasser und band eine Schlinge um den schweren Körper. Er zog sie unter den Armen hindurch,
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