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Mister Perfekt

Mister Perfekt

Titel: Mister Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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ihre Augen, während ihre Schwester sich daranmachte, Pfannkuchen zuzubereiten.
    Corin saß am Telefon und spürte, wie die Enttäuschung in Wogen über ihn hinwegwusch. Auch sie hatte ihm nichts verraten. Wenigstens hatte sie ihn nicht angeschnauzt wie die anderen. Er hatte damit gerechnet, er hatte sich auf jede nur mögliche Antwort vorbereitet. Sie hatte eine wirklich lose Zunge, wie seine Mutter es ausgedrückt hätte. Er störte sich oft an ihren Bemerkungen im Büro und an ihren vielen Flüchen.
    Seine Mutter hätte sie ganz und gar nicht nett gefunden. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Die erste Schlampe umzubringen, war so... so überwältigend gewesen. Ein so wildes, heißes, schauderndes Glücksgefühl, eine solche Ekstase hatte er nicht erwartet. Erst hatte er darin geschwelgt, doch danach hatte er Angst bekommen. Was würde Mutter tun, wenn sie erführe, dass er die Tat genossen hatte? Er hatte ständig solche Angst gehabt, sie könnte seine heimliche Lust an ihren Bestrafungen bemerken.
    Aber das Töten... ach ja, das Töten. Er schloss die Augen, wiegte sich leise vor und zurück und durchlebte im Geist noch einmal jede einzelne Sekunde. Das Grauen in den Augen dieser Schlampe, kurz bevor der Hammer auftraf, das schmatzende Krachen, dann der Triumph, der in seinen Adern sang, und das Gefühl, allmächtig zu sein, zu wissen, dass sie ihn nicht aufhalten konnte, weil er zu stark für sie war - Tränen traten in seine Augen, weil er das Töten so genossen hatte und jetzt alles vorbei war.
    Nichts hatte er derart genossen, seit er damals Mutter getötet hatte.
    Nein - daran durfte er nicht denken. Sie hatten ihm befohlen, nie mehr daran zu denken. Aber sie hatten ihm auch befohlen, die Pillen zu nehmen, und auch da hatten sie sich getäuscht, oder? Die Pillen ließen ihn verschwinden. Also sollte er vielleicht an Mutter denken.
    Er ging ins Bad und blickte prüfend in den Spiegel. Ja, er war immer noch da.
    Er hatte einen Lippenstift aus dem Haus der Schlampe mitgenommen. Warum, wusste er nicht genau. Nachdem er sie getötet hatte, war er in ihrem Haus herumgewandert, um sich alles anzuschauen, und als er in ihrem Bad gewesen war, um sein Aussehen zu überprüfen, war ihm die gottlose Unmenge von Schminksachen ins Auge gefallen, die überall herumlagen und jede Abstellfläche verstopften. 
    Die Schlampe hatte größten Wert darauf gelegt, sich schön zu machen, wie? Tja, nun würde sie all das nicht mehr brauchen, hatte er gedacht und den Lippenstift in seine Tasche geschoben. Seit jener Nacht wartete der Stift in seinem Bad auf ihn.
    Er schraubte die Kappe auf und drehte den Stift hoch. Der obszön geformte karmesinrote Stab schob sich heraus wie ein Hundepenis. Er wusste genau, wie ein Hundepenis aussieht, schließlich hatte er - nein, daran durfte er nicht denken.
    Halb nach vorn gebeugt, fuhr er seine Lippen bedächtig mit knallroter Farbe nach. Er richtete sich auf und starrte sich im Spiegel an. Dann lächelte er, bis sich die roten Lippen über den Zähnen spannten, und sagte: »Hallo, Mutter.«

20

    Schon erstaunlich, dachte Jaine am nächsten Morgen, als sie in der Firma in den Aufzug trat, dass ihre Welt so vollständig aus den Fugen geraten war, während die meisten Angestellten bei Hammerstead kaum etwas von Marcis Tod mitbekommen hatten. Natürlich trauerten T.J. und Luna ebenso schmerzhaft wie sie, und die Kollegen in Marcis Abteilung waren schockiert und entsetzt, aber die meisten, denen sie in der Firma begegnet war, hatten Marci entweder gar nicht erwähnt oder eine Bemerkung gemacht wie: »Ja, ich habe davon gehört. Schrecklich, nicht wahr?«
    Die Computerfreaks registrierten natürlich überhaupt nichts, was nichts mit Gigabytes zu tun hatte. Auf dem Schild neben dem Aufzug war heute zu lesen:
NEUESTE VERLAUTBARUNG DES GESUNDHEITSMINISTERIUMS: ROTES FLEISCH SCHADET IHRER GESUNDHEIT NICHT. VERSUCHE HABEN ERGEBEN, DASS VIELMEHR PELZIGES GRÜNES FLEISCH IHRER GESUNDHEIT SCHADET.
    Da in Jaines Vorstellung pelziges grünes Fleisch bei jedem durchschnittlichen Computerfreak zur Grundausstattung des Kühlschranks gehörte, hatte diese Botschaft für die meisten von ihnen wahrscheinlich eine tiefe persönliche Bedeutung. An jedem anderen Tag hätte Jaine darüber gelacht. Heute brachte sie nicht einmal ein Lächeln zustande.
    Auch T.J. und Luna hatten tags zuvor nicht gearbeitet. Kurz nach acht Uhr morgens waren sie vor Jaines Wohnungstür auf der Matte gestanden, und ihre Augen

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