Mister Unwiderstehlich
konnte nicht leugnen, dass er ihre kurze Begegnung neulich überraschend faszinierend gefunden hatte. Vielleicht lag es an dem Widerspruch zwischen ihrem unschuldigen Gesicht mit den großen Augen und dem, was sich vermutlich dahinter verbarg. Er nahm die Annonce, die sie geschrieben hatte, aus der Hosentasche. Wenn er ihr den Zettel nicht aus der Hand genommen hätte, wäre er nie darauf gekommen, dass sie vielschichtiger war, als er auf den ersten Blick vermutet hatte. Andererseits war er in der Beurteilung weiblicher Charakter nie besonders gut gewesen. Für einen Mann, der bis zum Grundstudium kein richtiges Date gehabt hatte, war Cameron Ryder gezwungen gewesen, sehr schnell zu lernen, so dass zwangsläufig einige Wissenslücken entstanden waren.
Seit er NightRyder gegründet hatte, hatte es eine Reihe von Frauen gegeben, aber nichts Ernstes. Er dachte an seine College-Zeit zurück, an seine Fantasien von schönen, erotischen Frauen, blond und langbeinig, gebräunt und durchtrainiert, der Traum eine s jeden Außenseiters. In den letzten fünf Jahren war er mit einigen von diesen Frauen ausgegangen und ins Bett.
Doch irgendwie hatte die Realität nie an die Fantasie herangereicht. Obwohl viele der Frauen wirklich hübsch gewesen waren, hatte hinter den tollen Körpern nichts weiter gesteckt als der Wunsch, sich einen reichen und mächtigen Mann zu angeln. Mehr und mehr fand Cameron sich in der Rolle wieder, die er für sie spielen sollte. Er benahm sich wie jemand, der er nie würde sein können, geschliffen und weltgewandt, und zugleich gefangen in einer Reihe oberflächlicher Beziehungen.
Daher hatte er vor einigen Monaten aufgehört, sich mit Frauen zu treffen und stattdessen seine ganze Energie wieder auf sein Unternehmen konzentriert. Nina Forrester war die erste Frau, die er seitdem annähernd interessant gefunden hatte.
Er atmete aus, und sein Atem bildete eine Dampfwolke vor seinem Gesicht. Dann zog er die Tür auf. Er war kaum drin, als er sie auch schon entdeckte. Sie saß an einem Tisch in der Ecke und war in einige Papiere vertieft, die sie vor sich ausgebreitet hatte. Cameron betrachtete in Ruhe ihr Profil, die hübsche Nase, die vollen Lippen, das goldblonde Haar, das ihr Gesicht sanft umrahmte.
Ohne nachzudenken, durchquerte er den Raum und blieb vor ihrem Tisch stehen. Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, was er sagen sollte. Er kam sich wie in jenem schrecklichen Moment auf der High School vor, als er das hübscheste Mädchen aus der Cheerleadertruppe um ein Date gebeten hatte und sie ihm ins Gesicht lachte.
Cameron schluckte. "Ich schulde Ihnen einen Becher Kaffee."
Sie sah auf, und er glaubte die Andeutung eines Lächelns zu erkennen. "Hallo", begrüßte sie ihn. Sie stand hastig auf, wobei sie mit der Hüfte gegen den Tisch stieß und beinah ihren Kaffeebecher umkippte. "Was tun Sie hier?"
"Ich kam zufällig vorbei und wollte es noch mal mit einem Kaffee versuchen."
"Oh, klar." Sie lächelte nervös. "Gestern haben Sie ihn ja nicht richtig probieren können."
Sie machte eine Pause. "Ich sollte Ihnen einen Kaffee ausgeben." Sie deutete auf den zweiten Stuhl an ihrem Tisch. "Setzen Sie sich doch." Ohne ein weiteres Wort verschwand sie und kam einige Sekunden später mit leicht geröteten Wangen wieder. "Wie möchten Sie Ihren Kaffee?"
"Mit einem Schuss Sahne", antwortete Cameron und zog seine Jacke aus. Er beobachtete, wie sie wieder zum Tresen ging, setzte sich und wartete. Als sie mit seinem Kaffee zurückkehrte, stand er auf und hielt ihr ihren Stuhl bereit. Doch als sie sich setzte, stieß sie mit dem Ellbogen gegen seinen Arm, so dass sich die Hälfte des Kaffees über ihre Unterlagen ergoss.
"Oh nein!" schrie sie auf.
Cameron nahm ihr den Becher aus der Hand, bevor sein Inhalt sich über seinen Ärmel ergießen konnte, und setzte sich. Er reichte ihr ein paar Servietten. "Mit einem Becher Kaffee in der Hand sind Sie eine regelrechte Gefahr", neckte er sie. "Vielleicht sollten wir lieber auf Tee umsteigen."
Nina wischte den Kaffee auf ihrer Seite des Tisches auf und schenkte Cameron eines der schönsten Lächeln, das er je bei einer Frau gesehen hatte. "Ja, vielleicht. Vielleicht ist das wie in diesem Film. Ich bin dazu verdammt, den gleichen Fehler immer noch mal zu machen, wenn wir uns begegnen."
"Tja, ich habe extra darauf geachtet, Braun zu tragen", sagte er und deutete auf seine braune Stoffhose und den braunen Pullover. "Also feuern Sie ruhig los."
Nachdem der
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