Misterioso
Durchs Fenster beobachtete er, wie der einzelne Mann am Gartentor vorbei und weiter Richtung Grönviksvägen ging.
Kurz darauf knisterte Söderstedts funkverzerrte Stimme vor Hjelms Brust: »Er ist gerade an mir vorbeigegangen.«
Hjelm füllte das Wasser in die Kaffeemaschine, legte einen Filter ein, maß das Kaffeepulver ab und drückte den roten Knopf, alles langsam und bedächtig. Keine hektischen Bewegungen. Während er in aller Ruhe weiterrauchte, ging er durch den trichterförmigen Korridor ins Wohnzimmer. Hultin saß in Mörderposition auf dem Ledersofa vor der hinteren Wand. Der Raum war in dumpfes Dunkel getaucht.
»Ich hab Kaffee aufgesetzt.«
»Normalen?«
»Ja.«
»Gut.«
Die Minuten tröpfelten dahin. Mit der Zeit gewöhnten sich Hjelms Augen an die Dunkelheit. Trotzdem verließ er sich, wenn er sich vorwärtsbewegte, mehr auf seinen Tastsinn als auf das Sehvermögen. Er machte sich mit allen Ecken und Winkeln vertraut, um im Zweifelsfall schnell sein zu können. Im schwachen Schein der Stablampe, deren Glühbirne abgeschirmt war, um im Dunkeln nicht sofort entdeckt zu werden, suchte er alles an dicken Pullovern, Mänteln, Jacken, Handschuhen und Mützen zusammen, was er in den Garderobenschränken auftreiben konnte, und legte es auf den Küchentisch.
Nach eineinhalb Stunden und mehrmaligem blinden Alarm meldete sich Holm: »Ablösung. Ich komme jetzt rein.«
»Ich übernehme«, sagte Hjelm zu Nyberg. Der nickte.
Hjelm war fast fertig angezogen, als Kerstin Holm an die Hintertür klopfte. Sie zitterte am ganzen Leib. Nyberg hielt ihr eine Tasse Kaffee hin, die sie gierig in beide Hände nahm und an die Lippen führte. Als die Wärme sich langsam in ihrem Körper ausbreitete, sagte sie: »Nicht mehr lange, und ich war steifgefroren gewesen.«
Hjelm legte ihr eine Decke um die Schultern, schob sich den Ohrstöpsel ins Ohr und steckte den Stecker ins Funksprechgerät, setzte sich eine Pudelmütze auf und streifte ein Paar unmöglich violette Handschuhe über, bevor er sich in die stürmische Nacht hinausbegab.
Es war stockfinster. Geduckt rannte er zu dem dornigen Gestrüpp, das Holm als Versteck gewählt hatte. Man konnte genau sehen, wo sie gekauert hatte. Der Busch hatte ein perfektes Guckloch zur Straße.
Während der zwei Stunden, die er dort hockte, kamen ungefähr ein Dutzend Autos und ebenso viele Radfahrer und Fußgänger vorbei, danach merkte er, dass seine Wachsamkeit ernsthaft zu leiden begann. Nachdem er drei weitere einsame Fußgänger gemeldet hatte, die allesamt an dem Gartentor vorbeigegangen waren, bat er um Ablösung.
Kerstin Holm kam ihm entgegen. Sie sah wieder sehr viel frischer aus. Im selben Moment sah er Söderstedts Silhouette durch die andere Gartenhälfte huschen.
Nyberg und er betraten die Küche gleichzeitig. Für die nächsten Minuten waren sie mehr oder weniger außer Gefecht
gesetzt, und Hjelm verfluchte denjenigen, der die Idee gehabt hatte, beide Wachen gleichzeitig abzulösen. Die Kaffeemaschine lief. Mit steifen Fingern gössen sie sich das warme Getränk ein und schlürften es gierig. Ganz allmählich kehrte die Wärme in Finger und Zehen zurück und strahlte von dort weiter nach innen. Ist es normalerweise nicht umgekehrt, dachte Hjelm und pellte sich aus seinen sperrigen Hüllen. Er hatte keine Lust, dem Mörder wie ein entlaufenes Mitglied von Amundsens Südpolexpedition gegenübertreten.
Dann ging er ins Wohnzimmer. Hultin saß noch immer in derselben Haltung auf dem Sofa. In der Dunkelheit wechselten sie wortlose Blicke, die sagten: Wenn etwas passiert, dann bald. Hjelm ging in die Eingangshalle, stellte sich ans Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. Es war nicht mehr so windig. Davon hatte er draußen nichts gemerkt.
Er geht die einsame Straße entlang, an der links und rechts vereinzelt ein paar Villen liegen. Er hat die Hände in den Taschen. Die Kassette und die beiden losen Schlüssel in der linken Tasche schlagen aneinander. In der rechten Tasche steckt die Pistole mit dem aufgeschraubten Schalldämpfer. Er ist vollkommen ruhig.
»Ich höre was«, flüstert Kerstin Holm in ihr Funksprechgerät. »Ein einsamer Fußgänger. Männlich. Geht gleich an mir vorbei.«
Er weiß genau, wo er sich befindet. Sein Schritt ist sicher. Hier fängt der Zaun an. Er überquert die Straße. Der Wind fährt ihm ins Gesicht. Er rückt die Tasche über der Schulter zurecht und legt die Hand aufs Gartentor.
Holm meldet sich erneut: »Er ist da. Jetzt
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