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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Wehmuth an die fernen Reize der Blumenstadt Sou-Tchëu, der angebeteten Stadt der »Himmlischen«.
    Das vierte Kameel wurde bald von Tom Marix, bald von Godfrey benutzt, denn sie mußten nun recognosciren. Der Wasservorrath, den man vom Okaover mitnahm, würde bald verbraucht sein, und dann drohten von neuem furchtbare Qualen.
    Von dem Flusse aus schlugen sie die directe Richtung gegen Norden ein, auf der nur wenig Sandhügel zu erblicken waren. Da das Gras zeitweilig dichtere Gruppen bildete und auch hin und wieder kleine Sträucher zu sehen waren, so gewährte diese Gegend keinen solchen eintönigen Anblick. Vielleicht konnten sie sogar auf Wild stoßen, denn Tom Marix, Godfrey und Zach Fren, die nie ihre Waffen ablegten, waren glücklicherweise noch im Besitze ihrer Gewehre und Waffen, von denen sie tüchtig Gebrauch machen wollten, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Freilich mußte die Munition sehr geschont werden, da sie nur noch wenig davon hatten.
    So ging es dann einige Tage weiter. Die Flußbetten, die dieses Territorium durchschnitten, enthielten nur Kieselsteine und trockenes Gras, und der Sand zeigte nicht die geringste Feuchtigkeit. Sie mußten daher auf die Entdeckung von Cisternen ausgehen, und zwar aller vierundzwanzig Stunden eine, weil sie nicht mehr Fäßchen zur Verfügung hatten.
    Godfrey ging nach links und nach rechts, wenn er glaubte, Wasser zu finden.
    »Mein Kind, sagte Mrs. Branican zu ihm… sei nicht unvorsichtig!… Setze Dich keiner Gefahr aus!
    – Mich keiner Gefahr aussetzen, wenn es sich um Sie und um das Heil des Capitän John handelt!«
    Dank seiner Hingebung und Dank einem gewissen Instinct, der ihn leitete, wurden einige Cisternen aufgefunden, indem sie sich manchmal mehrere Meilen nach Süden oder Norden wandten.
    Wenn auch der Durst sie somit nicht mehr so quälte, so erreichten doch ihre Leiden den höchsten Punkt: Es fehlte ihnen an Nahrung, denn die Conserven waren bis auf wenige aufgezehrt, Thee, Kaffee, Tabak war nicht mehr da. Nach zweistündigem Marsche stürzten die Kräftigsten erschöpft zusammen.
    Die Thiere fanden in dieser öden Gegend weder einen Halm noch ein genießbares Blatt. Keine Spur von jenen Zwergakazien, deren nahrhaftes Harz von den Eingebornen während einer Hungersnoth gesucht wird! Mit vorgestrecktem Kopfe schleppten sich die Kameele weiter, fielen auf die Knie und konnten nur mit Mühe wieder zum Aufstehen gebracht werden.
    Am 25. März gelang es Tom Marix, Godfrey und Zach Fren, sich ein wenig frische Nahrung zu verschaffen, indem einige Schaaren von Tauben daher geflogen kamen. Trotz ihrer Schnelligkeit erlegten sie einige, und wenn diese Vögel nicht gut gewesen wären – aber sie waren es wirklich – so hätten diese Halbverhungerten sie doch ungemein schmackhaft gefunden. Man röstete sie an einem Feuer aus trockenen Wurzeln, und Tom Marix konnte für zwei Tage Nahrung aufbewahren.
    Aber die Thiere hatten nichts zu fressen. Am 26. März fiel eines der Kameele, welches dem Transporte der Kranken diente, zu Boden und mußte zurückgelassen werden, denn es konnte nicht mehr aufstehen. Tom Marix schoß ihm eine Kugel in den Kopf, und da er das Fleisch, das sie durch einige Tage ernähren konnte, nicht zurücklassen wollte, so zerlegte er das magere Thier nach australischem Brauche. Er wußte ganz genau, daß alle Theile des Kameels gegessen werden können. Aus den Knochen und einem Theile der Haut, welche er in dem ihnen einzig verbliebenen Topfe auskochte, erhielt er eine Suppe, die den Hungerigen ausgezeichnet schmeckte. Das Gehirn, die Zunge und die Lenden, gehörig zubereitet, lieferten eine ganz gute Nahrung; ebenso wurde das Fleisch in ganz kleine Stücke zerschnitten, in der Sonne getrocknet und aufgehoben; die Füße aber sind am besten.
    Es war nur zu bedauern, daß sie kein Salz hatten, denn das eingesalzene Fleisch hält sich viel länger. Unter solchen Umständen machten sie täglich einige Meilen. Unglücklicherweise besserte sich aus Mangel an Heilmitteln, vielleicht auch an Pflege, der Zustand der Kranken nicht. Keiner sollte vielleicht das Ziel erreichen, welches Mrs. Branican unter solchen Qualen zu erreichen strebte, diesen Fluß Fitz-Roy, wo ihr Elend sich doch in etwas mildern mußte!
    Am 29. März fielen die zwei Kranken der ungeheuren Anstrengung zum Opfer. Beide waren aus Adelaïde, und Beide erreichte nun in dieser Wüste der Tod. Die Armen! Sie waren die ersten, welche diesem Marsche unterlagen, worüber sich ihre

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