Mistreß Branican
Gefährten nicht wenig entsetzten. Stand ihnen nicht dasselbe Schicksal bevor, nachdem sie durch den Verrath Len Burker’s in diesen öden Gegenden in Stich gelassen wurden, wo nicht einmal die Thiere Nahrung fanden?
Was konnte Zach Fren antworten, als Tom Marix zu ihm sagte:
»Zwei Menschen sind todt, um einen zu retten, ohne die zu rechnen, welche noch zugrunde gehen werden.«
Mrs. Branican gab sich ganz ihrem Schmerze hin, den jeder theilte; sie betete für diese zwei Opfer und steckte auf ihr Grab ein kleines Kreuz, das die glühenden Sonenstrahlen bald in Staub verwandeln würden.
Die Karawane setzte ihren Marsch fort.
Die drei Kameele, welche übrig blieben, bestiegen die Müdesten nacheinander, um nicht ihre Gefährten zurückzulassen; Mrs. Branican weigerte sich mit Entschiedenheit, eines derselben zu besteigen. Während der Raststunden suchten Godfrey und Tom Marix mit Hilfe dieser Thiere Wasser, denn man begegnete nicht einem Schwarzen, der sie hätte führen können. Sie entnahmen daraus, daß die Stämme sich gegen Nordosten Tasmaniens zurückgezogen hatten. Wenn sich das so verhielt, so mußten sie den Indas bis in das Thal des Fitz-Roy folgen, was ihren Weg um einige Meilen verlängert haben würde.
Im Anfange des Monats April bemerkte Tom Marix, daß die Conserven ausgingen, weshalb eines der drei Kameele geopfert werden mußte. Auf solche Weise hatten sie wieder für einige Tage Nahrung, während der sie doch die Ufer des Fitz-Roy erreichen mußten, von dem sie nur noch fünfzehn Tagesmärsche entfernt waren.
Da sie keine andere Rettung vor dem Hungertode kannten, so mußten sie zu diesem Mittel greifen. Er wurde nun das Thier ausgesucht, das am wenigsten im Stande schien, seinen Dienst zu verrichten. Eine Kugel machte seinem Leben ein Ende. Dann wurde es zerlegt und das Fleisch an der Sonne getrocknet; die anderen Theile, wie das Herz und die Leber, wurden sorgfältig aufbewahrt.
Zeitweilig gelang es Godfrey, mehrere Tauben zu schießen – eine geringe Nahrung für zwanzig Personen! Tom Marix bemerkte, daß die niedrigen Akazien hin und wieder zu erscheinen begannen, deren Körner, am Feuer geröstet, ihnen ebenfalls als Nahrung dienen konnten.
Ja, es war die höchste Zeit, daß sie das Thal des Fitz-Roy erreichten und jene Hilfsquellen fanden, die sie vergebens von diesem trostlosen Lande verlangten. Noch einige Tage, und die meisten dieser armen Leute hätten nicht mehr die Kraft gehabt, dahin zu gelangen.
Am 5. April hatten sie kein Fleisch mehr und mußten sich von den Akazienkörnern ernähren. Tom Marix zögerte, die beiden letzten Kameele zu opfern, da er an den Weg dachte, der ihnen noch übrig blieb. Und doch mußte er sich dazu entschließen, denn die Armen hatten seit fünfzehn Stunden nichts mehr gegessen.
Sie hielten eben still, als einer der Männer herbeilief und sagte:
»Tom Marix… Tom Marix… die zwei Kameele sind gestürzt.
– Versucht sie aufzurichten!
– Es ist unmöglich.
– So tödte man sie sofort.
– Sie tödten?… erwiderte der Mann, aber sie liegen ja im Sterben, wenn sie nicht schon todt sind!
– Todt!« rief Tom Marix aus.
»Todt!« rief Tom Marix aus. (S. 319.)
Er rang verzweifelt die Hände, denn wenn diese Thiere einmal todt sind, so ist ihr Fleisch ungenießbar.
Tom Marix, gefolgt von Mrs. Branican, Zach Fren, Godfrey und Jos Meritt, eilte zu der Stelle, wo die beiden Thiere zusammengestürzt waren.
Sie lagen auf dem Boden, zuckten mit den Gliedern, athmeten schwer; der Schaum kam ihnen zum Munde heraus. Sie starben – und nicht einmal eines natürlichen Todes.
»Was ist ihnen denn zugestoßen? fragte Dolly. Das ist doch keine Ermüdung… keine Erschöpfung?
– Nein, erwiderte Tom Marix, ich fürchte, sie haben irgend ein giftiges Gras gefressen.
– Gut!… O!… Sehr gut! Ich weiß, was es ist! erwiderte Jos Meritt. Ich habe das schon in den östlichen Provinzen gesehen… in Queensland! Diese Kameele sind vergiftet worden!
– Vergiftet? wiederholte Dolly.
– Ja, sagte Tom Marix, das ist Gift!
– Nun, hub Jos Meritt wieder an, da wir jetzt keine anderen Nahrungsquellen haben, so bleibt nichts anderes übrig… als die Cannibalen nachzuahmen… um nicht Hungers zu sterben… Was wollen Sie?…
Jedes Land hat seine Gebräuche… und das beste ist, man fügt sich in dieselben.«
Der Gentleman sprach diese Worte so ironisch, daß er mit seinen eingefallenen Augen und seiner mageren Gestalt fürchterlich aussah.
So
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