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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und erhoben sich alle Augenblicke, um den Horizont zu betrachten. (S. 309.)
     
    Niemand hatte sie in der tiefen Dunkelheit bemerkt, die durch den Wirbelsand noch verdichtet wurde, und bevor die Sonne aufging, waren Len Burker und seine Gefährten schon einige Meilen östlich von Joanna-Spring.
    Da Jane jetzt von Dolly getrennt war, hatte ihr Gatte nicht mehr zu fürchten, daß vielleicht doch zuletzt das Geheimniß Dolly enthüllt werden würde. Uebrigens konnte er annehmen, daß Mrs. Branican und ihre Gefährten, entblößt von Lebensmitteln, in der ungeheuren Wüste zu Grunde gehen würden.
    In der That war die Karawane jetzt immer noch dreihundert Meilen von Fitz-Roy entfernt.
    Wie konnte Tom Marix auf einem so langen Wege für die Bedürfnisse von Menschen und Thieren sorgen?
    Der Okaover ist einer der wichtigsten Nebenflüsse des Grey, der in den Indischen Ocean mündet. An den Ufern desselben, den die glühende Sonne nie austrocknet, fand Tom Marix schattige Plätze und jene angenehmen Stellen wieder, die der Oberst Warburton nicht genug loben konnte.
    Welch herrlicher Anblick, nach monatelangem Zuge durch die Wüste wieder fließende Gewässer und eine grüne Natur zu sehen! Doch wenn Warburton an den Ufern dieses Flusses fast bestimmt wußte, daß er sein Ziel erreichen werde, da er nur stromabwärts bis an die Küste zu ziehen brauchte, so hatte Mrs. Branican noch den Weg durch die öden Gegenden vor sich, die den Okaover vom Fitz-Roy trennen.
     

    Alle fühlten den furchtbaren Luftstrom über sich hinweggehen. (S. 309.)
     
    Die Karawane bestand nur noch aus zweiundzwanzig Personen gegen dreiundvierzig, die sie bei dem Aufbruche von Alice-Spring zählte: Dolly und die Dienerin Harriette, Zach Fren, Tom Marix, Godfrey, Jos Meritt, Gîn-Ghi und fünfzehn Weiße der Escorte, von denen zwei ernstlich krank waren. Als Reitthiere hatten sie nur vier Kameele, da die anderen von Len Burker geraubt worden waren, darunter auch das Männchen, welches die anderen leitete und auf dessen Rücken sich die Kibitka befand. Auch das Thier Jos Meritt’s war verschwunden, so daß er wie sein Diener zu Fuß gehen mußte. Was die Lebensmittel anbelangt, so waren nur noch wenige Büchsen Conserven vorhanden, da ein Kameel eine Kiste derselben hatte fallen lassen. Kein Mehl, kein Kaffee, kein Thee, kein Zucker, kein Salz, keine alkoholischen Getränke, keine Medicamente! Wie hätte Dolly die beiden Fieberkranken pflegen können! Sie standen inmitten dieses nackten Landes aller Mittel entblößt da.
    Beim ersten Morgengrauen versammelte Mrs. Branican, die nie den Muth verlor, ihre Getreuen um sich und sprach ihnen in begeisterten Worten neuen Muth zu.
    Sie setzten ihren Marsch fort, aber unter solchen Umständen, daß der Vertrauensvollste an jedem Erfolge verzweifelt hätte. Von den vier Kameelen mußten zwei den Kranken überlassen werden, die man doch nicht in Joanna-Spring, einer jener unbewohnten Stationen, welche Warburton so oft auf seinem Marsche antraf, dem sicheren Tode preisgeben konnte. Würden diese braven Leute die Kraft haben, bis an die Ufer des Fitz-Roy auszuhalten, von wo es vielleicht möglich wäre, sie an einen Punkt der Küste zu befördern?… Es war zweifelhaft, und es preßte das Herz Mrs. Branican’s zusammen, wenn sie dachte, daß die Katastrophe des »Franklin« vielleicht noch zwei neue Opfer fordern könnte…
    Und doch gab Dolly ihren Plan nicht auf! Nein! Sie würde noch weiter suchen! Nichts sollte sie in der Erfüllung ihrer Pflicht aufhalten – auch wenn sie allein bliebe!
    Als die Karawane das rechte Ufer des Okaover verließ, dessen Bett an einer Furt ungefähr eine Meile stromaufwärts von Joanna-Spring übersetzt wurde, schlug sie eine nord-nordöstliche Richtung ein, da Tom Marix auf diese Weise hoffte, den Fitz-Roy an einer jener zahlreichen Krümmungen zu erreichen, welche dieser Fluß bildet, bevor er sich dem Königsgolfe zuwendet.
    Die Hitze war erträglicher. Es bedurfte der lebhaftesten Vorstellungen, daß Dolly bewogen wurde, eines der Kameele zu besteigen. Godfrey und Zach Fren schritten rüstig weiter, ebenso Jos Meritt mit seinen langen Beinen. Als Mrs. Branican ihm ihr Thier anbot, sagte er:
    »Gut!… O!… Sehr gut! Ein Engländer ist ein Engländer, Mistreß, aber ein Chinese ist nur ein Chinese, und ich sehe durchaus nichts Ungehöriges darin, wenn Sie diesen Antrag Gîn-Ghi machen… Ich muß ihn aber abschlagen!«
    Auch Gîn-Ghi ging zu Fuß, doch er dachte immer mit

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