Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
für sie ein Leben, das in den ersten Tagen ernstlich bedroht war. Man weiß, daß diese Indas, wie alle herumziehenden Stämme des südlichen Australien, wild und blutdürstig sind. Die Gefangenen, welche sie in ihren fortwährenden Kriegen mit den anderen Stämmen machen, werden getödtet und gegessen, da bei keinem Stamm der Cannibalismus noch so eingewurzelt ist wie bei diesem.
    Warum wurden nun John und Harry Felton geschont?
    Es ist bekannt, daß seit undenklichen Zeiten ein steter Krieg zwischen den Stämmen des Innern und der Küste wüthet. Sie greifen gegenseitig die Dörfer an, zerstören sie, führen die Gefangenen fort und feiern den Sieg durch eine große Menschenfresserei.
    Diese Hinschlachtungen werden die unvermeidliche. Vernichtung der australischen Rasse herbeiführen. Dazu kommt noch die unerhörte Grausamkeit der Weißen gegen die Schwarzen, von der die Worte eines australischen Colonisten am besten zeugen: »Alle Männer, denen ich auf meinen Weideplätzen begegne, erschieße ich, weil sie das Vieh tödten; alle Frauen, weil sie solche Schwarze in die Welt setzen, alle Kinder, weil sie Männer werden.«
    Man kann daher den Haß der Schwarzen gegen ihre Henker begreifen, und es ist selten, daß ein Weißer, der ihnen in die Hände fällt, geschont wird. Warum wurden nun die Schiffbrüchigen des »Franklin« geschont?
    Sehr wahrscheinlich würde dem Matrosen, der bald nach der Gefangennahme gestorben war, dasselbe Schicksal zutheil geworden sein. Aber der Häuptling des Stammes, Namens Willy, der mit den Colonisten an den Küsten in Verbindung stand, erkannte sofort in ihnen zwei Officiere, von denen er einen doppelten Vortheil haben konnte. Im Kriege mit den feindlichen Stämmen würden sie ihm durch ihre Erfahrungen zum Siege verhelfen, und in geschäftlicher Beziehung würde er für ihre Befreiung ein hohes Lösegeld beanspruchen und auch erhalten. Sie blieben also am Leben, mußten aber mit diesen Nomaden überall herumziehen, was ihnen um so peinlicher war, als sie Tag und Nacht scharf bewacht wurden. Sie konnten sich keinen Schritt vom Lager entfernen, so daß ihre Fluchtversuche stets mißlangen.
    Zeitweilig verhalfen sie in den häufigen feindlichen Zusammenstößen mit den anderen Stämmen durch ihre Rathschläge Willy stets zum Siege, wodurch dieser Stamm einer der mächtigsten wurde, welche die verschiedenen Länder von Westaustralien durchziehen.
    Die Völkerschaften des Nordwestens gehören sicher den Mischrassen der Australier und der Eingebornen von Papuasien an. Die Judas tragen, wie ihre Mitbrüder, langes, gekraustes Haar; ihre Gesichtsfarbe ist nicht so dunkel wie die der Eingebornen der südlichen Provinzen und ihre Größe hält sich zwischen hundertzwanzig bis hundertdreißig Centimeter. Die Männer sind kräftiger gebaut als die Frauen. Die Stirn ist ein wenig zurücktretend, die Brauen sind buschig, die Augen leuchten feurig, das Haar ist braun, der Schädel groß.
    Man nennt sie Schwarze, obwohl sie nicht jene schwarze Körperfarbe haben wie die Nubier; man könnte sie »Chocoladebraun« nennen, wenn diese Bezeichnung, welche ihre eigenthümliche Farbe genau trifft, erlaubt wäre.
    Der Geruchssinn der austraulischen Neger ist außerordentlich entwickelt, so daß sie es darin mit den besten Jagdhunden aufnehmen können. Sie erkennen sofort die Spuren eines menschlichen Wesens oder eines Thieres, indem sie sich bücken und die Gräser oder das Strauchwerk beriechen. Auch ihr Gehörsinn ist außerordentlich entwickelt, so daß sie, wie es scheint, sogar die Ameisen in ihrem Baue arbeiten hören. Ihre Geschicklichkeit im Klettern ist bewunderungswerth, denn es ist kein Gummibaum zu hoch, dessen Gipfel sie nicht erreichen würden, indem sie sich dabei eines biegsamen Rotangs bedienen, den sie »Kâmin« nennen.
    Die Frau altert schnell und erreicht kaum das vierzigste Lebensjahr; die Männer werden in einem Theile von Queensland gewöhnlich fünfzig Jahre alt. Die unglücklichen Weiber haben die härtesten Arbeiten der Hauswirthschaft zu verrichten. Sie sind die Sklaven eines äußerst grausamen Herrn und müssen Bündel, Werkzeuge, Waffen tragen, eßbare Pflanzen, Eidechsen, Würmer, Schlangen suchen, welche dem Stamme zur Nahrung dienen. Aber sie pflegen in hohem Grade ihre Kinder, um die sich der Vater gar nicht kümmert, denn ein Kind fällt nur der Mutter zu. Welch grausame Sitte! Wenn gewisse Stämme, bei denen der Cannibalismus noch ganz in Blüthe steht, in Noth

Weitere Kostenlose Bücher