Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Katastrophe zu bringen versprach, trat wieder die Dunkelheit!… Wann würde es gelingen, dieselbe zu erhellen?… Dann wäre Alles, Alles verloren!
    Dolly ließ die berühmtesten Aerzte der Stadt an das Krankenbett Harry Felton’s rufen, aber sie erklärten sich nach sorgfältigster Prüfung seines Zustandes für machtlos.
    »Sie können für diesen Unglücklichen gar nichts thun? fragte Mrs. Branican.
    – Nein, geehrte Frau, versetzte einer der Aerzte.
    – Nicht einmal eine Minute ihn zum Bewußtsein zu bringen… eine Minute der Erinnerung?«
    Für diese eine Minute hätte Mrs. Branican ihr ganzes Vermögen hingegeben. Aber was dem Menschen nicht mehr möglich ist, das kann Gott. An ihn muß sich der Mensch wenden, wenn alle menschliche Hilfe vergebens ist.
    Sobald die Aerzte das Zimmer verlassen hatten, knieten Dolly und Zach Fren nieder und beteten an dem Bette des Sterbenden.
    Plötzlich rief Zach Fren, der sich dem Kranken genähert hatte, um sich zu versichern, ob sich noch ein leiser Athem den Lippen Harry Felton’s entringe: »Mistreß!… Mistreß!«
    Dolly, welche glaubte, er habe nur noch einen Leichnam gefunden, erhob sich:
    »Todt? sagte sie leise.
    – Nein… Mistreß… Nein!… Da!… Seine Augen sind offen!… Er sieht!…«
    Und wirklich erglänzten unter den erhobenen Lidern die Augen Felton’s in ungewöhnlichem Lichte; sein Gesicht war leicht geröthet, seine Hände bewegten sich. Er schien aus jenem Starrkrampfe zu erwachen, worin er so lange gelegen hatte. Dann fiel sein Blick auf Mrs. Branican und ein leises Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Er hat mich erkannt! rief Dolly aus.
    – Ja!… erwiderte Zach Fren… Die Frau seines Capitäns steht neben ihm. Er weiß es… Er wird sprechen!…
    – Und wenn er es nicht kann, so füge es Gott, daß er sich wenigstens verständlich machen kann!«
    Sie nahm Harry Felton bei der Hand – sie fühlte einen leisen Druck der ihrigen…
    »John?… John?«… fragte sie.
    Eine Bewegung der Augen Harry Felton’s zeigte, daß er sie gehört und verstanden hatte.
    »Lebt er? fragte sie.
    – Ja!«
    So leise dieses Ja auch gesprochen wurde, sie hatte es doch gehört!
Siebzehntes Capitel.
Ja und Nein.
    Mrs. Branican ließ sofort den Arzt holen. Dieser aber erklärte trotz des veränderten Zustandes, der sich in der geistigen Kraft des Kranken bemerkbar machte, daß dies nur ein letztes Aufflackern des Lebens sei, daß der Tod herannahe. Der Sterbende schien nur Mrs. Branican zu sehen; weder Zach Fren noch dem Arzte schenkte er irgend welche Aufmerksamkeit. Alles, was von seiner geistigen Kraft noch übrig geblieben war, concentrirte sich auf die Frau seines Capitäns, auf Dolly Branican.
    »Harry Felton, fragte sie, wenn John lebt, wo haben Sie ihn zurückgelassen?… Wo ist er?…«
    Harry Felton antwortete nicht.
    »Er kann nicht sprechen, sagte der Arzt, aber vielleicht können wir durch Zeichen von ihm eine Antwort erhalten.
    – Schon seinem Blicke werde ich die Antwort ablesen können, erwiderte Mrs. Branican.
    – Warten Sie, sagte Zach Fren. Die Fragen müssen ihm auf eine bestimmte Weise vorgelegt werden, wie wir Seeleute es thun. Lassen Sie mich nur machen.
    Mrs. Branican möge Felton bei der Hand nehmen, und ihm in die Augen sehen. Ich werde ihn fragen… und er wird mit dem Blicke Ja oder Nein sagen. Das genügt uns schon!…«
    Mrs. Branican beugte sich über Harry Felton und nahm ihn bei der Hand. Wenn Zach Fren ihn zuerst gefragt hätte, wo sich der Capitän befinde, so wäre es unmöglich gewesen, eine genügende Antwort zu erhalten, weil sie Harry Felton gezwungen hätte, den Namen eines Landes, einer Provinz oder eines Fleckens auszusprechen, was ihm nicht möglich gewesen wäre. Besser war es, allmählich die ganze Geschichte des »Franklin« abzufragen, und zwar von dem Tage an, wo er zum letztenmale gesehen wurde, bis zu dem, wo Harry Felton sich von John Branican trennte.
    »Felton, sagte Zach Fren mit klarer Stimme, neben Ihnen steht Mrs. Branican, die Frau John Branican’s, des Commandanten des »Franklin«. Haben Sie sie erkannt?«
    Die Lippen Harry Felton’s bewegten sich nicht, aber eine leichte Bewegung seiner Augenlider, ein schwacher Druck seiner Hand gaben eine bejahende Antwort.
    »Der »Franklin«, hub Zach Fren an, ist nirgends signalisirt worden, seitdem er im Süden der Insel Celebes gesehen worden ist… Sie verstehen mich?… Sie hören mich, nicht wahr, Felton?«
    Der Blick gab wieder bejahende

Weitere Kostenlose Bücher