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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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seiner Gefährten versuchte… Sie hörte ihn, sie sprach zu ihm, sie ermuthigte ihn, sie unternahm die Ueberfahrt mit ihm… Doch wo war diese Schaluppe gelandet?
    Harry Felton schlug die Augen wieder auf und Zach Fren begann von neuem:
    »So hatten Capitän John, Sie und fünf Matrosen die Insel Browse also verlassen?
    – Ja.
    – Und das Boot fuhr gegen Osten, um das nächste Land zu erreichen?
    – Ja.
    – War das Australien?
    – Ja.
    – Wurde es durch einen Sturm dahin verschlagen?
    – Nein.
    – Sie konnten in einer Bucht der Küste Australiens landen?
    – Ja.
    – Ohne Zweifel in der Nähe des Cap Lévêque?
    – Vielleicht im York-Sund?
    – Ja.
    – Fielen Sie beim Landen Eingebornen in die Hände?
    – Ja.
    – Und sie schleppten Euch fort?
    – Ja.
    – Alle?
    – Nein.
    – Einige wurden bei der Landung von den Eingebornen erschlagen?
    – Ja.
    – Einer… zwei… drei… vier?
    – Ja.
    – Ihr waret also nur drei, als die Australier Euch in das Innere des Landes schleppten?
    – Ja.
    – Der Capitän, Sie und einer der Matrosen?
    – Ja.
    – Ist dieser Matrose noch bei Capitän John?
    – Nein.
    – Ist er etwa gestorben?
    – Ja.
    – Schon längst?
    – Ja.«
    So waren also John und Harry Felton die einzigen Ueberlebenden des »Franklin«, und von diesen hatte Einer auch nur noch wenige Stunden zu leben.
    Es war nicht leicht, von Harry Felton Auskunft über den Capitän John zu erhalten, die man doch möglichst genau erlangen mußte. Mehr als einmal mußte Zach Fren seine Fragen unterbrechen; wenn er sie wieder aufnahm, ließ ihn Mrs. Branican Frage um Frage stellen, um Alles zu erfahren, was sich seit den neun Jahren, d. h. von dem Tage an zugetragen hatte, wo der Capitän John und Harry Felton von den Eingebornen der Küste gefangen genommen wurden. Man erfuhr also, daß dies Nomaden waren… Die Gefangenen mußten sie auf ihren steten Zügen durch Dampierland begleiten, indem sie ein elendes Dasein fristeten… Warum hatten sie dieselben geschont?… Wollte man für sie vielleicht von den englischen Behörden ein hohes Lösegeld erpressen? Ja, und dies schien aus den Antworten Harry Felton’s hervorzugehen. Es handelte sich also nur um das Lösegeld, wenn es ihnen gelang, bis zu diesen Eingebornen vorzudringen. Einige andere Fragen ergaben, daß Capitän John und Harry Felton so gut bewacht wurden, daß sie im Verlaufe von neun Jahren keine Gelegenheit zur Flucht finden konnten.
    Endlich bot sich ihnen eine günstige Gelegenheit. Die Gefangenen kamen über einen Ort überein, wo sie sich treffen wollten, um gemeinschaftlich zu fliehen; aber aus irgend einem, Harry Felton unbekannten Grunde war John verhindert, an dem festgesetzten Ort zu erscheinen. Harry Felton wartete mehrere Tage, und da er nicht allein fliehen wollte, so sachte er den Stamm wieder auf. Dieser hatte aber seinen Platz verlassen und war weitergezogen… Er war entschlossen, seinen Capitän zu befreien, wenn es ihm gelänge, eines der Dörfer im Innern zu erreichen; er irrte herum, verbarg sich, um nicht in die Hände der Eingebornen zu fallen, litt Hunger und Durst und furchtbare Strapazen… Durch sechs Monate war er so herumgeirrt, bis er schließlich ohnmächtig an dem Ufer des Parrn niedersank. Hier wurde er, wie wir wissen, gefunden, auf Grund seiner Papiere erkannt und nach Sydney gebracht, wo er auf so wunderbare Weise so lange lebte, bis er Alles sagen konnte, was man so viele Jahre vergebens zu erfahren gesucht hatte. So war denn der Capitän John am Leben, aber der Gefangene eines Nomadenstammes, welcher die Einöden des Dampierdurchzog.
    Als nun Zach Fren verschiedene Stämme nannte, welche gewöhnlich in diesen Gegenden lebten, machte der Sterbende bei dem Namen Indas ein bejahendes Zeichen.
    Zach Fren gelang es sogar zu erfahren, daß sich dieser Stamm während des Winters gewöhnlich an den Ufern des Fitz-Roy-River aufhalte, einem Zuflusse des Golfes von Lévêque, im Nordwesten von Australien.
    »Dort müssen wir John suchen, sagte Mrs. Branican, dort werden wir ihn finden.«
    Harry Felton verstand sie, denn sein Blick belebte sich bei dem Gedanken, daß der Capitän John doch gerettet werde… gerettet werde durch sie.
    Harry Felton hatte nun Alles gesagt und er schloß die Augen. In welchen Zustand hatten diesen so muthigen und kräftigen Menschen die Strapazen, Entbehrungen und besonders der furchtbare Einfluß des australischen Klimas gebracht!… Und er mußte eben jetzt sterben, wo sein Elend gerade

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